Читать книгу Ein ganz böser Fehler? - Mike Scholz - Страница 13
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Montag, 10 September. Nachmittag.
Pia ist da. Allein. Vorhin waren meine Mutter und meine Schwester hier, wobei meine Mutter den Vorschlag ablehnte, mich aus dem Bett zu nehmen und in einen Stuhl zu setzen. Überhaupt kam es mir so vor, als wenn sie heute nur zur Pflichterfüllung hier gewesen wäre; lediglich meine Schwester zeigte Anteilnahme, versuchte, mein Gekritzeltes zu entziffern. Doch dem jetzigen Augenblick messe ich viel mehr Bedeutung bei: Ich habe Pia gefragt, warum ich hier bin.
"Hat dir das noch niemand gesagt?", fragt sie ungläubig.
Ich schüttle den Kopf. Zwar hatte ich mal bei den Schwestern nachgefragt, doch so richtig Auskunft geben konnten sie mir auch nicht. – Oder wollten nicht?
"Gut, dann werde ich versuchen, es dir zu erklären. Allerdings weiß ich auch nicht allzu viel davon: Also, du hast versucht, anderen, die einen Unfall hatten, zu helfen. Dabei bist du angefahren worden. Das ist alles."
Wovon spricht sie – ich wäre angefahren worden? Davon weiß ich doch gar nichts. Vor allem, ich bin doch ein vorsichtiger Typ. Wie kann mir das also passieren? Fragen über Fragen. Sie hat mir zwar eine beantwortet, dadurch sind aber wieder eine Menge neuer aufgeworfen worden.
"Wasa si äh äh abspiel?"
"Ich kann dir auch nicht mehr sagen, ich saß mit dem Rücken dazu."
Sie war also dabei, doch sie weiß auch fast nichts. Oder soll ich bloß eingelullt werden? Nee, glaube ich nicht, dass sie mit meiner Mutter unter einer Decke steckt. Weiß nicht warum, doch ich glaube es nicht. Also dürfte sie die Wahrheit gesagt haben. Doch – wie soll man das kombinieren? Schlussfolgerungen – no chance. Ich begreife es nicht. Kann es nicht begreifen. Will es nicht begreifen? ist es wirklich so irrationell? Wieder mal weiß ich es nicht, so wie ich zurzeit eigentlich nichts weiß. Nichts wissen soll? Doch, eines weiß ich: Ich werde dahinterkommen, werde die Geheimnisse lüften! Egal, ob es mir oder jemanden anderen weh tun wird. Ich werde es wissen!
*
Beim Abschiednehmen werden wir uns darüber einig, dass sie mich aller zwei Tage besuchen kommt. "Unorallm ohne mei Mutte. Ich möch mi diralleisein uni ständi ihr lände Gsich deiham." Denn plötzlich kann ich mich wieder daran erinnern, dass ich in meiner Kindheit wie das letzte Stück Dreck behandelt wurde: Ich durfte jeden Mist machen, um dann doch nur Prügel dafür zu bekommen. Gelobt – kann mich nicht erinnern, jemals gelobt worden zu sein. Meine guten Leistungen in der Schule – uninteressant. Von Bedeutung war nur meine Ordnungszensur, ständig 'genügend'. Aber ich wurde doch dazu animiert! Sie selbst war und ist eine große Schlampe! Saubere Wohnung – Fremdwort für sie. Dafür spielte sie allein immer so ein beklopptes System von Mensch-ärgere-dich-nicht. Oder machte Kreuzworträtsel.
Ich spüre, dass da noch mehr in meiner dafür reservierten Kammer auf einen Ausbruch wartet. Was wird es noch sein, was mich dann völlig von ihr abstößt?