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3. Ermächtigungsgrundlage
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Ob die Behörde in der Form des Verwaltungsvertrags handeln will, steht in ihrem Ermessen, siehe § 54 S. 1 VwVfG („kann“).[198] Eine besondere gesetzliche Ermächtigungsgrundlage ist für die Handlungsform „Verwaltungsvertrag“ – im Gegensatz zu der des Verwaltungsakts mit seinen rechtsformspezifischen Belastungswirkungen für den Bürger (Rn. 123 ff.) – nicht erforderlich. Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, wonach v.a. die den Bürger belastenden Maßnahmen der Verwaltung einer gesetzlichen Grundlage bedürfen (Rn. 9 ff.), greift im Hinblick auf die Handlungsform „Verwaltungsvertrag“ nicht. Denn der Bürger hat es selbst in der Hand, seine zum Vertragsschluss zwingend notwendige Willenserklärung (Rn. 95) nicht abzugeben und damit das Entstehen einer ihn ggf. belastenden verwaltungsvertraglichen Regelung zu verhindern.[199]
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Demgegenüber ist der handlungsformunabhängig geltende Grundsatz vom Vorrang des Gesetzes (Rn. 18 ff.) seitens der Behörde ebenfalls im Fall der Regelung eines Rechtsverhältnisses durch Verwaltungsvertrag zu beachten. Auch insoweit darf die Behörde nicht gegen die Rechtsordnung verstoßen. Dies kommt nicht nur in den §§ 54 ff. VwVfG zum Ausdruck, die bestimmte formelle (Rn. 103 ff.) und materielle (Rn. 107 ff.) Anforderungen an den Verwaltungsvertrag stellen, sondern ebenfalls bereits im Hinblick auf die Handlungsform „Verwaltungsvertrag“ als solche, siehe § 54 S. 1 VwVfG a.E.: Die Behörde kann ein Rechtsverhältnis nur insoweit durch Verwaltungsvertrag regeln, als „Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen“. Ein derartiges Vertragsformverbot, das der Behörde ohne Rücksicht auf den Inhalt allein schon aufgrund der vertraglichen Handlungsform die Vornahme einer Regelung verbietet, kann sich nicht nur ausdrücklich (z.B. § 1 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 BauGB, § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG; vgl. auch § 8 Abs. 2 BeamtStG), sondern auch aus dem Sinn und Zweck einer Vorschrift ergeben.
Beispiel
Ein Rechtsgebiet, auf dem weitgehend ein Vertragsformverbot besteht, ist das Steuerrecht.[200] In Anbetracht der dort herrschenden Grundsätze der Gleichmäßigkeit und der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 S. 1 AO) ist eine vertragliche Vereinbarung über die Steuerschuld unzulässig („Klassiker“: vertragliche Verpflichtung einer Gemeinde gegenüber einem Unternehmen, diesem als Gegenleistung für dessen Ansiedlung im Gemeindegebiet die Gewerbesteuer für einen bestimmten Zeitraum zu erlassen).[201] Vielmehr werden Steuern grundsätzlich durch Steuerbescheid, d.h. Verwaltungsakt, festgesetzt, siehe § 155 Abs. 1 S. 1 AO. Verständigungen über die tatsächlichen Grundlagen der Besteuerung, die sich unmittelbar nur auf die Ebene des Sachverhalts und nicht auch auf Rechtsfragen beziehen, sind hingegen zulässig.[202]