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Foto: Katja Butschbach

Von Katja Butschbach

Vize-Mom soll kein Aschenputtel sein

„Stiefmütter sollen nicht ständig Aschenputtel sein“, sagt Autorin Susanne Petermann. In ihrem Stiefmutter-Blog schreibt sie seit Dezember 2014 über Herausforderungen des Lebens als Stiefmutter. Pinnwandfragen werden diskutiert, die rechtliche Seite beleuchtet. „Es ist eigentlich unglaublich, dass sich niemand diesem Thema gewidmet hat“, sagt die Ganderkeseerin. Beratungsangebote suchten Stiefmütter oft vergebens; täglich bekomme sie Nachrichten von Frauen, die sich bei der Lektüre des Blogs endlich verstanden fühlten.

Interviews mit über 500 Frauen

Mit über 500 Frauen hat sie Interviews geführt, deutlich mehr haben bereits Kontakt zu Petermann gesucht, die die Höhen und Tiefen des Stiefmutter-Daseins kennt: Sie hat einen Mann mit drei Kindern geheiratet. Beim Kennenlernen war das jüngste Kind 17 Jahre. „Es war alles prima, wir haben uns gut verstanden“, sagt die 53-Jährige. Bis plötzlich, nach drei Jahren, eine Tochter den Kontakt abbrach. Bis heute wissen sie und ihr Mann nicht, warum. Zu den anderen zwei Kindern sei die Beziehung „sehr gut und innig“.

„Vize-Mom“ oder „Steppmuddi“

Petermann, die selbst keine Kinder hat, freut sich mit denen ihres Mannes über Abitur und Uni-Abschlüsse, sieht sich als „gute Kontaktperson“ – oder einfach als „Frau von Papa“. Das Wort Stiefmutter mag sie nicht, da der emotional aufgeladene Begriff „Mutter“ darin vorkommt. „Vize-Mom“ oder „Steppmuddi“ sind ihr lieber.

„Eine Stiefmutter“, sagt sie, „setzt sich mit Kindern auseinander, die nicht ihre eigenen sind. Das ist nicht immer einfach.“ Im Hintergrund ist die leibliche Mutter, die vielleicht Angst davor hat, dass die Kinder auch die Stiefmutter lieben könnten.

Probleme von Stiefmüttern sind Tabuthema

Schon bevor sie im Internet aktiv wurde, startete Petermann 2012 mit den Recherchen für ihr im Frühjahr erschienenes Buch „Du hast mir gar nichts zu sagen! – Stiefmutter sein ist nichts für Feiglinge“. Sie sprach dafür mit über 200 Frauen. „Alle wollten anonym bleiben“, sagt sie. Probleme von Stiefmüttern seien ein Tabuthema. Totschlagargument anderer sei: „Du wusstest ja, dass er Kinder hat.“ Die Stiefmutter werde in ihren Bedürfnissen oft übergangen.

„Ich finde Gehör“

Die Situation in der Stieffamilie sei meist komplizierter als in der Ursprungsfamilie. Petermann fordert deshalb mehr Unterstützung für Stiefeltern. „Ich finde Gehör“, sagt sie. Mit der Delmenhorster Bundestagsabgeordneten Susanne Mittag (SPD) hat sie gesprochen, drei Bundestagsabgeordneten bereits ihr Anliegen vorgetragen. Sie will eine Auskunftspflicht der Schulen für beide Elternteile, damit Vater und Stiefmutter nicht von am nächsten Tag anstehenden Klassenfahrten überrascht werden. Auch kritisiert sie, dass es kaum Beratungsangebote gebe.

Bundesweit gründen sich Selbsthilfegruppen

Aktuell gründen sich auf ihre Anregung hin bundesweit zehn Selbsthilfegruppen für Stiefmütter, unter anderem in Delmenhorst. Wer selbst eine Gruppe gründen möchte, kann bei Petermann Hilfe bekommen. An einer Satzung für die Gründung des Stiefmutter-Vereins arbeite sie gerade.

Für das Zusammenleben in der Stieffamilie hat die 53-Jährige einige Tipps: „Man muss nicht die Mutter sein“, sagt sie. Sie empfiehlt auch, „nie in einen Wettbewerb mit der leiblichen Mutter einzutreten“ – und zugleich den eigenen Platz zu behaupten. „Was ich in einer Familie als ganz normal erwarten würde, gilt auch in einer Patchworkfamilie.“ Urlaube sollten also nicht zwischen Kindern und Mann abgesprochen und der Stiefmutter dann lediglich mitgeteilt werden. Stiefmutter zu sein, sagt sie mit einem Lachen, „ist kompliziert, aber nicht der blanke Horror“.

„Gerade bei kleinen Kindern ist es total schön, wenn sie sagen: ‚Ich hab dich lieb.‘“ So oder so: Die Stiefkinder „gehören zur Familie dazu“.

Familie mit allen Sinnen erleben

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