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6.

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„Es ist wahrlich seltsam, euch zusammen anzutreffen.“

Gerda hatte ein Feuer entfacht, über dem ein großer Kessel hing. Neben Wurzeln und Gemüse schwammen auch große Fleischstücken in dem verlockend duftenden Eintopf.

Nils hätte sicher nichts dagegen gehabt.

„Bei unserer letzten Begegnung wart ihr total zerstritten. Eigentlich hatte ich erwartet, dass ihr einander umbringen würdet, so unversöhnlich, wie ihr auftratet.“

„Es ist viel geschehen seitdem. Alles begann mit dem Streit über unsere weitere Vorgehensweise und das damit verbundene Zerwürfnis unserer Gemeinschaft. Eine Zeitlang hatte es den Anschein, als wären Hilda und ihre Anhänger bereit, ihre Macht um jeden Preis zu verteidigen.“

„Ihr habt in mir immer die Böse gesehen.“

Verdrossen stocherte Hilda im Feuer herum.

„War ja auch ganz praktisch. Die Oberste des Ordens befiehlt, und die armen Schwestern müssen diese schrecklichen Befehle ausführen. Das hat euer Gewissen doch immer beruhigt, oder?“

„Ich kann deinen Zynismus verstehen, aber er hilft uns im Moment nicht weiter. Es stimmt, dass wir alle dachten, Hilda würde unseren Orden in den Untergang führen, aber am Ende war es Sonja. Die ängstliche, übervorsichtige Sonja.“

Verbitterung überzog das ohnehin schon unansehnliche Gesicht Rosas.

„Als uns klar wurde, dass du nicht zu uns zurückkehren würdest, begannen wir uns ernsthaft mit der Prophezeiung auseinanderzusetzen. Wir redeten viele Tage und stritten ebenso viele Nächte über die Bedeutung des Gesagten. Hilda vertrat die Meinung, dass wir dich und deine ungeborenen Kinder beschützen müssen, da sie es einst sein werden, die das Ende verhindern, während Sonja der Ansicht war, es sei Blasphemie, dass sich zwei Kinder den Willen der Götter widersetzen.“

„Wir versuchten Sonjas Anhänger zu überzeugen, dass die Kinder, indem sie die Prophezeiung erfüllen, lediglich dem Willen eines Gottes zuwiderhandelten, der sich gegen alle anderen Götter gestellt hatte.“

Hilda war aufgestanden. Ihre Stimme zitterte vor Zorn.

„Aber Sonja argumentierte, dass es verboten sei, sich in irgendeiner Weise in das Handeln der Götter einzumischen. Als ob wir das nicht schon immer machen würden. Unser Krieg gegen die Traumfänger war auch eine Einmischung, da wir mit ihm die alte Ordnung zerstörten.“

„Und zur Strafe nahmen uns die Götter die Macht.“

Gerda verzog verächtlich die Mundwinkel.

„Eine milde Strafe angesichts des aufrührerischen Verbrechens“

„Am Ende spaltete sich die Schwesternschaft in drei Gruppen.“

Hilda blieb stehen und starrte in das Feuer.

„Auf der einen Seite Sonja und ihre Anhänger, die den größeren Teil unserer Vereinigung bildeten. Auf der anderen Seite ich mit meinen Getreuen, leider nur eine Minderheit. Alle unentschlossenen Schwestern sammelten sich unter Rosas Führung. Sie versuchte, bis zum Schluss zu vermitteln.“

„Ich hatte wirklich geglaubt, wir wären in der Lage, durch argumentieren unsere Unstimmigkeiten beizulegen. Bis es zum offenen Bruch kam. Eines Abends erklärte Sonja, dass sie mit ihrer Gruppe am nächsten Morgen aufbrechen würde, um ein neues Leben zu beginnen. Sie wollten nichts mehr mit uns gemein haben, in der Hoffnung, der Strafe der Götter, die unweigerlich über uns hereinbrechen würde, zu entgehen.“

„ Und so kam es dann auch. Sonja verließ uns! Es gab später Gerüchte, dass ihre Gemeinschaft schon nach kurzer Zeit in viele Grüppchen zersplitterte, die alle, mehr oder weniger, selbstständig handelten und lebten. Dann hörten wir für viele Jahre nichts mehr von unseren Schwestern.“

Mit einem Seufzer setzte sich Hilda neben Baldur und Gerda an das Feuer, während Rosa den Faden der Geschichte aufnahm.

„Vor einigen Tagen erreichte uns dann eine schreckliche Nachricht von Inge. Sie hatte sich einst Sonja angeschlossen, später dann jedoch die Einsamkeit des Waldes gesucht. Du wirst dich sicher erinnern, dass sie keine angenehme oder gar mitfühlende Schwester war und dennoch, als die Gefahr heraufzog schickte sie eine Warnung an alle Schwestern, gleich welcher Seite sie sich angeschlossen hatten. Die Traumfänger sind wieder da!

„Mit ihrer Nachricht hat sie den Dämonen ihren Aufenthaltsort preisgegeben. Wir begaben uns sofort auf den Weg zu ihr, da wir wussten, dass sie allein lebt und sich somit in großer Gefahr befand. Wir kamen zu spät. Der Traumfänger hatte Inges Körper zerfleischt und ihre gepeinigte Seele war zu den Göttern geflohen. Und während wir entsetzt die Reste unserer Schwester betrachteten, wurde uns klar, dass es noch eine aus unserer Gemeinschaft gibt, die zurückgezogen lebt und die zu beschützen wir geschworen hatten. Dich! Wir kamen gerade noch rechtzeitig an, um zu sehen, wie der Traumfänger dein Pferd tötete und dich bewusstlos schlug. Gemeinsam konnten wir ihn mit unseren alten Beschwörungen verjagen. Er ist noch immer sehr schwach, nicht mehr als ein Schatten, verglichen mit seiner alten Stärke.“

Fast zärtlich strich Hilda über Baldurs Haare.

„Von deinem Sohn erfuhren wir, was geschehen war. Rosa und ich beschlossen, bei dir zu bleiben, während sich die anderen Schwestern sofort auf die Suche nach Freya begaben.“

Baldurs Zustand hatte sich mittlerweile weiter stabilisiert, nicht zuletzt dank der Bemühungen Hildas, die während Gerdas Bewusstlosigkeit alles in ihrer Macht stehende getan hatte, um dem Jungen zu helfen. Anders als bei Gerda waren bei den anderen Schwestern die alten Kräfte wieder erwacht, als die Traumfänger zurückkehrten. Gerdas Fähigkeiten waren bei der Geburt der Zwillinge auf diese übergegangen. Das war auch der Grund, warum Freya und nicht Gerda die Nachricht Inges erhalten hatte. Inwieweit Baldur sich der Kräfte der Schwesternschaft würde bedienen können, war noch unklar. Mit zitternder Stimme begann er, seiner Mutter zu berichten.

„Wir haben im Wald gespielt. Ich wollte Freya die schönsten Blumen schenken, die ich finden konnte. Aber sie hat gesagt, dass die Blumen sterben, wenn ich sie pflücke. Der schönste Strauß ist der, der noch im Wald steht und lebt hat sie gesagt. Also haben wir nur so getan, als ob ich die Blumen pflücke und Freya hat sich jedes Mal gefreut, wenn wir eine neue Blüte entdeckt haben. Und dann kam der Blitz über den Wald geflogen und traf unser Haus. Vater war hinter dem Haus auf der Wiese. Er konnte uns nicht sehen, weil das Feuer zwischen uns war. Deshalb konnte er uns auch nicht helfen, als das Ungeheuer aus dem Feuer auf uns zukam. Wir sind zurück in den Wald gerannt aber wir waren zu langsam. Es hat sich Freya geschnappt und als ich ihr helfen wollte hat es mir fast den ganzen Arm abgebissen. Ich bin hinterher gerannt und habe sie nicht einholen können. Was dann passiert ist weiß ich nicht mehr. Du hast mich gerettet, nicht wahr. Du bist eine Hexe, wie die anderen auch. Ich habe immer gewusst, dass du etwas Besonderes bist. Ich habe es gespürt. Du warst anders, genau wie Freya. Und jetzt gehen wir los und töten das Ungeheuer, nicht wahr!?“

Erwartungsvoll sah Baldur seine Mutter an.

„Ja mein Sohn, wir töten den Traumfänger und retten deine Schwester.“

Tränen begannen Gerdas Augenwinkel zu füllen.

„Aber vorher müssen wir dir noch eine Menge beibringen. Wir machen einen großen Kämpfer aus dir“

Im Bann der Traumfänger

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