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Ocyroe

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Inzwischen hatte der Halbmensch seine Freude an dem Zögling aus göttlichem Stamme, und er freute sich über die Würde, die mit der Bürde verbunden war. [635] Siehe, da kommt die Tochter des Centauren, rotes Haar wallt ihr auf die Schultern herab. Einst hatte die Nymphe Chariclo sie am Ufer eines reißenden Flusses geboren und Ocyroe genannt. Sie begnügte sich nicht damit, die Künste des Vaters zu erlernen; auch die Geheimnisse des Schicksals wußte sie zu verkünden. [640] Als aber ihr Geist in prophetische Verzückung geriet und sie von dem Gott erglühte, den sie in der Brust trug, sprach sie, das Kindlein anblickend: »Wachse, Knabe, und bringe der ganzen Welt Heil! Oft werden sterbliche Leiber dir ihre Rettung verdanken. Du wirst sogar Macht haben, entflohene Seelen wieder ins Leben zurückzurufen. [645] Einmal wirst du dies zum Zorn der Götter wagen und durch die Flamme des Großvaters daran gehindert werden, dieses Geschenk zum zweiten Mal zu verleihen. Und aus einem Gott wirst du zu einem Körper ohne Blut werden und aus einem Leichnam wieder zu einem Gott und zweimal ein neues Leben beginnen. Du auch, lieber Vater, jetzt unsterblich [650] und durch deine Geburt dazu bestimmt, durch alle Äonen fortzuleben, wirst dir dann sehnlichst wünschen, sterben zu können, wenn der Geifer der gräßlichen Schlange quälend deine verwundeten Glieder durchdringt. Und die Götter werden dich aus einem Unsterblichen in einen Sterblichen verwandeln, und die drei Parzen werden deinen Lebensfaden lösen.« [655] Es blieb noch etwas zu weissagen übrig. Doch da seufzt sie aus tiefster Brust, über ihre Wangen gleiten hervorquellende Tränen, und sie spricht: »Das Schicksal kommt mir zuvor, ich darf nicht weitersprechen, und es wird mir verwehrt, meine Stimme zu gebrauchen. So viel war mir die Kunst nicht wert, die den Zorn der Gottheit [660] auf mich herabbeschwor. Lieber hätte ich die Zukunft nicht gewußt! Schon scheint mir das Menschenantlitz abhanden zu kommen, schon sagt mir Gras als Nahrung zu, schon drängt es mich, weit übers Feld zu stürmen. Ich verwandle mich in eine Stute, eine mir verwandte Gestalt. Doch warum ganz? Mein Vater ist doch doppelgestaltig.« [665] Während sie solches sprach, verstand man das Ende der Klage nicht mehr so recht, wirr waren die Worte. Bald scheinen es nicht mehr Worte und noch keine Pferdestimme zu sein, sondern es war, als ahme jemand eine Stute nach. Doch nach kurzer Zeit stieß sie schon deutlich Gewieher aus und streckte die Arme ins Gras hinab. [670] Da schließen sich die Finger zusammen, und die fünf Nägel verbinden sich zu einem leichten Huf, der ganz aus Horn besteht. Es wachsen Gesicht und Hals in die Länge, der größte Teil des wallenden Gewandes wird zum Schweif. Das Haar, das ihr flatternd um den Hals spielte, hat sich zur Mähne gewandelt, die nach rechts fällt. Stimme und Gestalt sind zugleich neu geworden. [675] Das Wunder hat ihr auch den Namen gegeben.

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