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Pentheus (I)
ОглавлениеDas Ereignis wurde bekannt, und schon hatte es dem Seher überall in Achaeas Städten den verdienten Ruhm eingetragen, und der Wahrsager hatte einen sehr großen Namen. Doch als einziger von allen verschmäht ihn Echions Sohn Pentheus, der Verächter der Götter. [515] Er verspottet die prophetischen Worte des Alten und macht ihm seine Blindheit, den schmerzlichen Verlust seines Augenlichtes, zum Vorwurf. Jener aber schüttelt die grauen Schläfen und versetzt: »Wie glücklich wärest du, wenn auch dir dieses Augenlicht genommen würde, so daß du die Mysterien des Bacchus nicht sehen könntest! Denn der Tag wird kommen – und ich ahne, daß er nicht fern ist –, [520] an dem ein neuer Gott, Bacchus, Semeles Sohn, hier erscheinen wird. Wenn du ihn nicht für würdig hältst, von dir durch Tempel geehrt zu werden, wirst du, zerfleischt und verstreut, an tausend Stellen den Wald mit deinem Blut besudeln und auch deine Mutter und die Schwestern deiner Mutter. Ja, es wird geschehen; denn du wirst der Gottheit nicht die Ehre geben. [525] Beklagen wirst du noch, daß ich trotz meiner Blindheit nur allzu viel gesehen habe.« Während er solches spricht, jagt ihn Echions Sohn hinaus.
Auf die Worte folgt die Erfüllung; und was der Seher verkündet hat, spielt sich ab. Bacchus ist da, und die Felder brausen vor festlichem Frohlocken, ein Schwarm stürmt daher; unter die Männer mischen sich Mütter und Schwiegertöchter, [530] und Hoch und Niedrig eilt zu den neuartigen Mysterien. »Welch ein Wahn hat euern Sinn betört, ihr Schlangengeborenen, du Volk des Mars!« ruft Pentheus. »Kann denn Erz, das an Erz schlägt, so viel ausrichten, ein Blasinstrument mit gekrümmtem Horn und magischer Betrug? Männer, die kein Kriegsschwert, [535] keine Feldtrompete erschrecken konnte und kein Heer mit gezückten Waffen, sollen von Frauenstimmen, weinseligem Wahnsinn, zuchtlosen Horden und hohlen Tamburinen besiegt werden? Soll ich mich mehr über euch wundern, ihr Alten? Nach langer Seefahrt habt ihr hier ein neues Tyros, hier eine Flüchtlingsheimat gegründet; [540] und jetzt laßt ihr euch kampflos erobern? Oder mehr über euch, ihr jungen Männer, die ihr besser zum Krieg taugt und meinem Lebensalter näher steht? Euch ziemte es, Waffen zu tragen, keine Thyrsusstäbe, einen Helm, keinen Kranz aufzusetzen. Denkt bitte daran, woher ihr stammt, und erfüllt euch mit dem Mut der Schlange, die allein war und doch viele getötet hat. [545] Sie ist für die Quelle und den See gefallen; ihr aber, siegt um eurer Ehre willen! Sie hat Tapferen den Tod gegeben; verjagt ihr jetzt die Weichlinge und wahrt den ererbten Ruhm! Hat schon das Schicksal Theben keinen langen Bestand vergönnt – o wären es dann doch wenigstens Geschütze und Männer, [550] die unsere Mauern zerstörten! O klirrten doch Klingen und knisterten Brände! Dann wären wir unglücklich, aber ohne Tadel, man müßte unser Los beklagen, nicht verheimlichen, und wir brauchten uns unserer Tränen nicht zu schämen. Nun aber wird Theben von einem waffenlosen Knaben erobert werden, den kein Krieg, keine Speere, keine Rosse erfreuen, [555] sondern nur Haar, das von Myrrhe trieft, weichliche Kränze, Purpur und Gold, das in bunte Gewänder eingewoben ist. Ihn werde ich – haltet ihr euch nur zurück! – auf der Stelle zwingen zu gestehen, daß er sich seinen Vater selbst zugelegt und seine Mysterien erlogen hat. Soll etwa Acrisius Mut genug haben, einen falschen Gott zu verachten [560] und vor seiner Ankunft die Tore von Argos zu verschließen – den Pentheus aber und mit ihm ganz Theben soll ein Hergelaufener einschüchtern? Geht eilends«, so befiehlt er seinen Dienern, »geht und schleppt mir den Anführer gefesselt hierher. Führt meinen Befehl aus, ohne lange zu zögern.«
Ihn weisen der Großvater, ihn Athamas, ihn die übrige Schar der Seinen mit strafenden Worten zurecht. [565] Doch vergeblich mühen sie sich, ihn zurückzuhalten; heftiger noch wird seine Wut durch die Ermahnungen; was sie zügeln soll, reizt sie noch mehr; sie wächst, und das lenkende Eingreifen schadet nur. So sah ich einen Bergbach dort, wo seinem Lauf nichts im Wege stand, sanfter und mit leisem Rauschen herabströmen; [570] aber überall dort, wo Balken und im Wege liegende Felsen ihn aufhielten, floß er schäumend und brausend daher, und die Schranke steigerte nur seine Wildheit. Seht, blutbefleckt kommen die Schergen zurück. Auf die Frage ihres Herrn, wo denn Bacchus sei, sagten sie, Bacchus hätten sie nicht gesehen. »Doch diesen Anhänger und Diener seiner Mysterien haben wir gefangen.« [575] Und sie übergeben ihm einen Mann aus tyrrhenischem Stamm, der sich einst den Bacchusmysterien angeschlossen hatte; die Hände sind ihm hinter dem Rücken gefesselt.
Pentheus blickt den Gefangenen mit Augen an, die der Zorn furchterregend machte, und obwohl es ihm schwerfällt, den Augenblick der Bestrafung noch aufzuschieben, spricht er: »Todgeweihter, der du anderen durch deinen Untergang bald als warnendes Beispiel dienen wirst! [580] Nenne deinen Namen, den Namen deiner Eltern, dein Vaterland und den Grund, warum du an den neuartigen Mysterien teilnimmst!«