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3.

Was geschah (2)

Die VECU schwand aus Tolot. Es war, als flösse Substanz aus ihm ab, versickerte.

Tolot fühlte Erleichterung ebenso wie Bedauern. Was die Superintelligenz in ihm hinterließ, war das Gefühl, Teil von etwas Größerem gewesen zu sein. Teil eines Geschöpfes, das so viel mehr war und einen Körper bloß als Gefäß erachtete, das es ab und zu benutzte, um sich in den Niederungen des Standarduniversums verständlich machen zu können.

Tolot schaltete alle Emotionen weg. Er orientierte sich und ignorierte mithilfe des Planhirns die Leere in seinem Körper.

Er war in seiner Kabine gefangen.

Bru Shaupaard hingegen war frei, wie er auf einem Trivid-Schirm beobachtete. Der Cairaner war durch den Paratronschirm gegangen, der rings um seinen Wohnbereich gelegt worden war. Einfach so, als wäre da kein Hindernis. Er stand Onker Dou gegenüber.

Die Bildübertragung stockte, die Aufnahmen wurden unklar, und die Stimmen waren bloß noch verzerrt zu hören. Tolot ahnte den Grund dafür.

Dou machte seine Sache gut. Er wirkte konzentriert und redete langsam, um Zeit zu gewinnen. Um Holonder in der Zentrale die Gelegenheit zu geben, Entscheidungen zu treffen und gegen die VECU vorzugehen.

Tolot wusste, worauf die Unterhaltung hinauslaufen würde. Die Superintelligenz war nicht bereit, sich auf Kompromisse einzulassen. Ihrem Selbstverständnis nach nahm sie sich, was sie benötigte.

Was aber war ihr Ziel? Wollte sie mithilfe der RAS TSCHUBAI aus Ancaisin fliehen, um der Konfrontation mit der Kandidatin Phaatom zu entgehen?

Nein, beantwortete sich Tolot die Frage selbst. Sie wird alles versuchen, um möglichst schnell zu heilen und den Kampf gegen die Kandidatin Phaatom aufzunehmen. Wobei sie vermutlich in Jahrzehnten oder noch längeren Zeiträumen denkt.

Tolot hieb kräftig gegen die Tür seiner Wohneinheit. Sie gab nach und schwang nach außen. Dahinter war ein Paratronschirm geschaltet, den er nicht überwinden konnte. TARAS oder terranische Wächter waren keine zu sehen.

Er musste warten. Geduld haben. Die VECU benötigte Zeit, um sich zu konsolidieren. Sie würde Fehler begehen, während sie zu sich kam.

Tolot wollte Kontakt mit Holonder in der Zentrale aufnehmen. Er scheiterte. Die VECU griff trotz ihrer Schwäche bereits auf Schiffsfunktionen zu. Solche, die zentral von ANANSI gesteuert wurden.

Bru Shaupaard stand entspannt da und wedelte mit den Händen, während er sich mit Onker Dou unterhielt. Die Leuchteffekte, die ihn umfächelten, waren wie ein Abbild dessen, was in diesen Augenblicken überall im Schiff geschah.

Eine Superintelligenz war nur höchst fragil im Normaluniversum verankert, weil sie auf körperliche Hüllen weitgehend verzichtete und in höherdimensionalen Bereichen agierte. Sie benötigte lediglich Ankerpunkte, aber wie die jeweils aussahen, ließ sich nicht verbindlich festlegen. Was immer die VECU also tat – es würde mit unbewehrten Augen nicht wahrnehmbar sein.

Ich gehe jede Wette ein, dass sie soeben mit ANANSI um die Herrschaft über die RAS TSCHUBAI kämpft. Sie weiß, dass sie zuallererst die Semitronik übernehmen muss. Hat sie den Rechner im Griff, ist alles weitere ein Kinderspiel.

Tolot beobachtete Bru Shaupaard. Dessen Verhalten, dessen Bewegungen. Es fielen ihm Unsicherheiten auf, die ein Terraner nicht bemerkt hätte. Da waren Gesten, die sich roboterhaft wiederholten und die nicht immer gleich gut gelangen. Atemzüge durch die flache Nase, die unregelmäßig tief waren. Ruckartige Bewegungen der ockerfarbenen Augen.

Bru Shaupaard litt. Die Belastung durch die mentale Präsenz der Superintelligenz war zu hoch für ein Wesen wie ihn.

Tolot wartete geduldig. So lange, bis er ein verstärktes Zögern bei Shaupaard bemerkte. Er und damit die VECU durchliefen eine Schwächephase, die einige Sekunden andauern würde.

»ANANSI, lass mich raus!«, forderte Tolot – und die Semitronik gehorchte. Der Paratronschirm erlosch, er schlüpfte aus der Kabine.

Keinen Augenblick zu früh, denn Bru Shaupaard – und damit die VECU – fand gleich wieder zu sich selbst zurück.

An jeder Ecke des Ganges schwebten Holos, die die Unterhaltung zwischen dem Parolgeber und Onker Dou zeigten. Die VECU legte Wert darauf, dass jedermann an Bord mitverfolgen konnte, wie sie die Macht in der RAS TSCHUBAI übernahm.

Das Gespräch fand wenige Meter von ihm entfernt statt. Links von ihm, an einem von zwei Ausgängen aus dem Kabinentrakt.

Tolot hörte die Stimmen der beiden Männer. Er brauchte sich bloß auf Shaupaard zu stürzen und ihn zu eliminieren ...

Und dann?

Die VECU würde ein anderes Bordmitglied als Parolgeber auswählen und dessen Körper übernehmen.

Superintelligenzen wie die VECU vertraten zwar die ordnenden, konstruktiven Kräfte des Universums. Aber sie waren nicht gut in dem Sinne, wie es Haluter oder Terraner verstanden. Sie arbeiteten auf größere Ziele hin, in denen Opfer und Kollateralschäden keine Rolle spielten. Was waren für eine Superintelligenz schon 35.000 Tote? Bestenfalls Rechengrößen.

Oder?

Die VECU hatte auf Zpud darauf bestanden, dass die Phersunen verschont wurden ...

Tolot durfte sich nicht in Überlegungen verlieren, bei denen ihm viele Grundlagen fehlten. Er musste einen Ort finden, an dem er vor der Verfolgung durch die VECU sicher war. Dort würde er beobachten und auf eine Chance zum Handeln warten.

Wie aber versteckte man sich auf einem Schiff, das von der Semitronik ANANSI durchdrungen wurde? Von einer Rechnereinheit, die über kurz oder lang von der VECU erobert werden würde?

Das Licht im Gang flackerte, ein Reinigungsroboter kam ihm torkelnd entgegen. ANANSI kämpfte mit der Superintelligenz und mit sich selbst.

Tolot machte sich auf den Weg. Nach rechts. Weg von Bru Shaupaard.

Mit weiten Schrittsprüngen verließ er den Hangarbereich in Richtung Schiffsmitte. Er mied den Kontakt mit anderen Besatzungsmitgliedern und nahm Gänge, die aufgrund des Alarms und der Entwicklung an Bord vorläufig leer blieben.

Es gab einige wenige Orte, die frei von Überwachung durch ANANSI waren. Er gab sich keinen Hoffnungen hin, die Semitronik könne seine Spur verlieren. Kameras verfolgten jeden seiner Schritte.

Aber noch kämpfte die Semitronik mit der VECU um die Herrschaft über die RAS TSCHUBAI, wie die Systemfehler ihm zweifelsfrei verrieten.

Die Schwerkraft setzte für Sekundenbruchteile aus. Lichter flackerten, sonderbare Geräusche ertönten, die Luftaufbereitungsanlage ächzte und stöhnte. Zwei Roboter, die mit Putzarbeiten an den Wänden beschäftigt gewesen waren, stürzten ab und drehten sich orientierungslos im Kreis.

Dies alles waren Eindrücke, die Tolot während der Flucht in sich aufnahm. Jede einzelne Information mochte ihm helfen und irgendwann ein Gesamtbild über den Zustand der VECU ergeben.

»Halt sie hin, ANANSI!«, sagte er über einen Funkkanal, der Servicespur, die einzig der direkten Kontaktaufnahme mit der Semitronik diente. »Du musst kämpfen.«

ANANSI antwortete nicht. Bloß ein Knacksen war in der Funkverbindung zu hören. Gleich darauf erschütterte eine Detonation den Boden. Tolot rutschte aus, fing sich gleich wieder und rannte weiter.

Der Kampf um die Herrschaft um die RAS TSCHUBAI wurde intensiver.

»Zeig mir ein Versteck!«, forderte Tolot von ANANSI. »Vergiss, dass ich im Schiff bin. Lösch mich aus deinen Wahrnehmungen. Wenn ich entkomme, kann ich dir womöglich helfen.«

Wiederum erhielt er keine Bestätigung. Es kam zu weiteren Ausfällen entlang seiner Fluchtroute, die ihn immer tiefer ins Schiff hineinführte. Tolot nutzte selten begangene Servicebereiche, die nur wenig überwacht waren.

»Hilf mir, damit ich dir helfen kann.«

Keine Reaktion. Nichts. Es blieb alles still.

Hinter einer Wand war ein verdächtiges Gluckern zu hören, dann ein rülpsendes Geräusch. Die Verteilung von Wasser, Kühlflüssigkeit oder einem Schmiermittel stockte. Der Kampf zwischen der VECU und ANANSI manifestierte sich nach außen in weiteren Fehlfunktionen des Schiffs.

»... achtzehn Sekunden ...«, hörte Tolot eine geisterhaft klingende Stimme, die kaum mehr Ähnlichkeit mit der ANANSIS hatte. »Du und alle anderen habt sechzehn Sekunden, um ein Versteck zu finden. Dann werde ich mich ergeben.«

Tolot hatte beschleunigt, als er die ersten Worte der Semitronik gehört hatte. Er raste im irrwitzigen Tempo durch die Gänge und Wege, überwand Decks über Nottreppen, fand mithilfe seines fotografischen Gedächtnisses den bestmöglichen Platz.

Als sein gedanklicher Countdown bei zwei Sekunden angelangt war, meldete sich ANANSIS wieder. »Sucht meinen Schatten. Den Vergessenen.«

Damit verstummte sie abrupt.

Tolot schlüpfte in sein Versteck; eine außer Dienst gestellte Expresskabine, deren technische Infrastruktur zwar weiterhin vorhanden, aber von den Sitzgelegenheiten befreit worden war. Der Innenraum war gerade so groß, dass er in Hockstellung mit dem Kopf die Decke des Zylinders streifte.

Die Kabine war eine von mehreren, die während der letzten Tage ausgetauscht worden und durch ein neueres Modell ersetzt worden waren. Die Servicehalle wurde fast ausschließlich von Spezialrobotern genutzt.

Es wurde still auf allen Funkkanälen. Von ANANSI war nichts mehr zu hören.

Nach einer Minute ertönte die Stimme Bru Shaupaards: »Ich danke allen Besatzungsmitgliedern für ihre Kooperation. Die VECU ist ab nun vollends für die RAS TSCHUBAI verantwortlich. Bleibt ruhig und gehorcht meinen Anweisungen, dann wird alles wieder gut.«

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)

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