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8.

Icho Tolot

Das Erwachen kam übergangslos wie immer. Eben noch hatte er von Halut geträumt und von einer Drangwäsche, die ihn quer durch eine Steinwüste der alten Heimat geführt hatte. Im nächsten Augenblick sah er sich drei Besatzungsmitgliedern der RAS TSCHUBAI gegenüber: Lerva Onteren, Yüs Ghysar und Onker Dou. Sie wirkten besorgt, aber auch erleichtert.

Er wandte sich dem stellvertretenden Chef der Inneren Sicherheit zu. Es war ganz klar, dass er das Kommando führte.

»Die RAS TSCHUBAI ist immer noch von der VECU besetzt?«, fragte er.

»Ja.«

»Ihr habt einen Weg gefunden, mich dennoch zu befreien?«

»Ja. Aber woher weißt du ...?«

Tolot wischte die Frage mit einer Bewegung seines rechten Handlungsarms beiseite. »Bring mich auf den aktuellen Stand der Dinge.«

Er wuchtete sich aus dem Suspensionsalkoven und setzte sanft auf dem Boden auf. Rings um sich entdeckte er mindestens zehn Kameras und Sensoren. Sie waren allesamt desaktiviert.

Onker Dou war schnell in seinem Denken und in seiner Entscheidungsfreudigkeit. An Tolot kam er allerdings bei Weitem nicht heran. Der Haluter wartete geduldig, bis sein Gegenüber die Fakten aufgezählt, von der stillen Zusammenarbeit mit Cascard Holonder und von Oman, dem Vergessenen, berichtet hatte.

»Wo ist Oman in diesem Moment?«

»Er hat sich zurückgezogen. Die Unterhaltung mit Holonder hat ihn Kraft gekostet. Er wird auftauchen, sobald wir ihn benötigen.«

»Wie viel Bewegungsspielraum haben wir an Bord des Schiffs?«

Dou generierte mit wenigen Handbewegungen ein Holo. Es zeigte weiß markierte Bereiche im Inneren des Kugelraumers. Sie zogen sich wie ein Gespinst durch die RAS TSCHUBAI.

Tolot konnte sich durch einen Teil der Servicegänge bewegen, sofern sie breit und groß genug für ihn waren. Darüber hinaus gab es drei unbenutzte Lagerräume, ein Labor, eine stillgelegte Essensstation, einige Nassräume, zwei Werkstätten, zwei positronische Überwachungsstationen ...

»Das ist weniger als 0,1 Prozent des Gesamtvolumens der RAS TSCHUBAI.«

»Oman behauptet, es wäre das maximal Mögliche. ANANSI überprüft sich beständig selbst und wird eher früher als später herausfinden, dass ihr die Kontrolle über einen Teil des Schiffs entzogen wurde.«

»Bedeutet das, innerhalb der nächsten Stunden?«

»Oman meint, wir hätten drei Tage Zeit. Dann müssten wir uns etwas anderes überlegen, um unsichtbar zu bleiben.«

»Gibt es andere Besatzungsmitglieder, die sich versteckt halten und Widerstand leisten?«

»Wir wissen von insgesamt sechzehn, die den Krisenfall Philippi genutzt haben und untergetaucht sind. Darüber hinaus können wir auf meine Leute der Inneren Sicherheit zählen. Und auf Cascard Holonder. Er wird einen Weg finden, mit anderen Offizieren zu reden.«

»Kann Oman ihn nochmals erreichen?«

»Sobald er sich unter die SERT-Haube setzt, sonst nicht. Wir wissen allerdings nicht, ob ihn ANANSI und die VECU nochmals ranlassen.«

»Wir müssen uns also auf unser Glück verlassen.« Tolot wischte durch die Luft, das Holo verschwand. Er hatte sich die Gänge und Wege eingeprägt, die sie nutzen durften.

»Hast du einen Plan?«, fragte Dou.

»Noch nicht. Wir müssen abwarten und beobachten, was die VECU vorhat. Je besser wir ihr Verhalten einschätzen können, desto größer ist die Chance, die Superintelligenz aus unserem Schiff zu vertreiben.«

»Drei Tage Frist sind nicht viel.«

»Umso schneller sollten wir uns auf den Weg machen. Wir kehren in eure Steuerzentrale auf Deck Achtzehn zurück und verfolgen die weiteren Geschehnisse.« Tolot zeigte seine Mahlzähne her und hoffte, dass die drei Kleinen verstanden, dass er sie anlächelte. »Außerdem würde ich mir gerne den einen oder anderen Zentner Nahrung besorgen. Die Flucht durchs Schiff war etwas anstrengend.«

*

»Der Angriff auf das Fundament des Abyssalen Triumphbogens war mit Sicherheit lediglich ein Probelauf«, behauptete Tolot. »Die VECU hat ein größeres Ziel vor Augen.«

»Sie will der Kandidatin Phaatom Nadelstiche versetzen«, vermutete Onker Dou. »Aber wozu? Warum macht sie auf sich aufmerksam, wenn sie doch geschwächt ist?«

»Vorerst hat es den Anschein, als wäre es die RAS TSCHUBAI, die diesen Angriff geflogen hat«, piepste Ghysar. »Vielleicht will die VECU von sich selbst ablenken, das Schiff irgendwann einmal verlassen und uns als Bauernopfer präsentieren?«

Tolot überlegte. Sein Planhirn lieferte Analysen und Wahrscheinlichkeitsrechnungen. »Nein«, sagte er. »Das widerspräche ihren bisherigen Verhaltensmustern.«

»Mein Gefühl sagt mir etwas anderes.« Onteren schüttelte energisch den Kopf. »Die VECU schmeichelt sich bei uns ein und gibt vor, ein guter Freund zu sein. Um uns letztlich fallen zu lassen. Das entspräche all dem, was wir von Superintelligenzen wissen.«

Die Arkonidin sprach das aus, was viele Wesen in der Milchstraße dachten. Die Superintelligenz ES hatte lange Zeit als bester Verbündeter der Terraner, Arkoniden und Vertreter anderer Völker gegolten. Bis man akzeptiert hatte, dass ihr Verhalten nicht mit dem herkömmlicher Lebewesen verglichen werden konnte. ES hatte undurchschaubare Pläne. Warum sollte es bei der VECU anders sein?

»Die VECU will niemanden töten«, sagte Tolot. »Sie verschont selbst ihre ärgsten Feinde, die Phersunen.«

»Derzeit«, sagte Onteren energisch.

»Ich habe die wenigen Fakten, die wir haben, berücksichtigt. Die VECU hätte mich ohne Weiteres umbringen können.«

»Sie braucht dich«, behauptete die Arkonidin. »Sie will dich als ihren Kämpfer nutzen.«

Onterens Worte klangen aggressiv. Der Druck des Gejagtwerdens und der Aussichtslosigkeit machte sich bei ihr am deutlichsten bemerkbar.

Ghysar hingegen blieb ruhig. Dou gab sich beherrscht, war es aber nicht.

Tolot hörte ein Signal. Er schaltete eine Bildübertragung aus der Zentrale zu. Bru Shaupaard war zu sehen, neben ihm Kommandant Holonder.

»Die RAS TSCHUBAI hat sich im Kampf bewährt«, sagte der Parolgeber der VECU mit schleppender Stimme. »Aber unser gemeinsamer Weg ist noch lange nicht zu Ende. Es gibt weitere Ziele, die ich übermittelt bekommen habe. Bereitet euch auf einen weiteren Einsatz vor. Und fürchtet euch nicht. Die VECU wird alles unternehmen, um Unheil von euch fernzuhalten.«

»Was sind das für Ziele?«, fragte Holonder und überraschte damit ganz offensichtlich den Cairaner.

»Sonnensysteme, die früher zum Kerngebiet der VECU gehörten«, antwortete Shaupaard zögernd. »Wir werden sie besuchen und die Hilfskräfte der Kandidatin Phaatom vertreiben.«

Die Übertragung endete so abrupt, wie sie begonnen hatte.

»Holonder macht das schlau«, sagte Tolot. »Er gibt der Bordbesatzung zu verstehen, dass er mit den Plänen des Parolgebers nicht einverstanden ist, ohne ihn in irgendeiner Form anzugreifen.«

»Er ist ein alter Fuchs.« Onker Dou nickte. »Was hältst du von dieser Ankündigung?«

»Parolen, sonst nichts. Bru Shaupaard wollte nur zeigen, wer an Bord das Kommando hat.«

»Will die VECU wirklich ein Sonnensystem nach dem anderen abklappern? Wie lange wird sie dieses Muster beibehalten? Bis sie auf stärkeren Widerstand stößt?«

»Das glaube ich nicht. Die Superintelligenz handelt aus Kalkül. Sie hat einen Plan hinter dem Plan. Wetten wir?«

»Ich wette nicht mit einem Haluter. Da könnte ich ja gleich meine gesamten Besitztümer in den Konverter werfen.«

*

Die Sonnensysteme waren in den Karten als Radygh und Firmentaa vermerkt – und es gab sie nicht mehr. Dort, wo vor dem Ende der Vecuia acht und zwölf Planeten um gelbe Sonnen gekreist waren, fanden sie nichts. Gar nichts.

Die Gestirne und ihre Welten waren in Vektormaterie umgewandelt worden. Nichts deutete mehr darauf hin, dass dort im All Sternenvölker den Schritt ins All gewagt und die Welten ihres Systems besiedelt hatten. Die Kandidatin Phaatom hatte sie erbarmungslos töten und ihre Heimatplaneten zerstören lassen, um sich zu kräftigen. Um ihren Hunger ein wenig zu stillen und noch mächtiger zu werden. Um den evolutionären Schritt zu tun, der vor ihr lag.

Tolot unterdrückte die Wut seines Ordinärhirns. Das Planhirn ließ ihn die Vorgangsweise der Kandidatin Phaatom nüchtern und ruhig analysieren. Die angehende Chaotarchin war, was sie war: ein Geschöpf, das man kaum begriff und das nach chaotarchischen Gesichtspunkten agierte.

»Die VECU legt eine falsche Spur«, gab Tolot das Ergebnis seiner Schlussfolgerungen an die anderen weiter. »Sie zeigt sich offen her. Sie möchte, dass die Kandidatin Phaatom einen bestimmten Schluss zieht. Sie will den Anschein erwecken, als hätte sie es auf deren Einrichtungen abgesehen und wollte die Welten ihres früheren Einflussbereichs schützen.«

»Und das will sie nicht?«

»Das wäre zu einfach. Was wir sehen und erleben, ist bloß ein Teil dessen, was die VECU vorhat. Es liegen Schichten über Schichten über Schichten in ihren Überlegungen. Sie täuscht und tarnt und vernichtet und überprüft und reist umher – und verfolgt damit gleichzeitig Pläne, die auf etwas ganz anderes abzielen.«

»Und welche Pläne sind das?«

»Noch weiß ich es nicht. Aber wir sollten weniger darauf achten, was die VECU unternimmt, sondern darauf, was sie nicht macht.«

»Wie meinst du das?«

»Wäre es nicht logisch, dass sie nach Verbündeten Ausschau hielte? Dass sie die Kräfte ihrer verbliebenen Hilfskräfte zu bündeln versuchte?«

Onker Dou nickte zögernd. »Klingt nicht unplausibel. Sie will von versprengten Cairanern oder den Angehörigen anderer Hilfsvölker ablenken. Die VECU möchte verhindern, dass die Kandidatin mit verstärkter Wut nach ihnen sucht. Gleichzeitig bereitet sie ihrer Gegnerin Sorgen. Die Kandidatin Phaatom soll sich nirgendwo mehr sicher fühlen. Sie soll sich in ihren Positionen einigeln, ihre wichtigsten Bastionen schützen.«

»Richtig. Aber selbst das ist nicht alles, behaupte ich. Auch dies ist bloß der Teil eines groß angelegten Täuschungsmanövers.«

»Das geht mir zu weit, Icho.«

»Wie ich bereits sagte: Es ist ein Plan, der eine Schicht über einer Schicht über einer Schicht besitzt. Wir dürfen allerdings nicht vergessen, dass die VECU geschwächt ist und über einen Parolgeber mit uns spricht, der nicht mehr lange durchhalten wird. Du hast gesehen, wie kraftlos Bru Shaupaard wirkt.«

»Wir sollten uns also vorbereiten«, sagte Onker Dou. »Aber worauf? Und, vor allem: wie?«

»Wir werden es bald wissen.«

Icho Tolot ließ sich auf dem Boden nieder. Er zauberte einige Holos vorbei, die die Sternregion der Umgebung abbildeten. Er versuchte eine Extrapolation zum neuen Ziel der VECU, obwohl er wusste, dass er scheitern würde.

Immerhin hatte er in den letzten Stunden den Ansatz eines Plans entwickelt. Er war gewagt und würde den Einsatz all ihrer bescheidenen Mittel verlangen.

Doch es gab eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie Erfolg haben würden.

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)

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