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7.

Bündnisse und Feindschaften

Ein Strahlerschuss schlug einen zwei Meter tiefen Krater vor ihr. Als sich der erste Rauch verzog, rutschte Gestein hinab. Ein Baumstamm explodierte nicht weit von Giuna. Splitter spritzten meterweit. Die Krone mit den kahlen Ästen neigte sich.

Mehr sah sie nicht: Ihr Schutzschirm flammte unter einem Treffer auf.

Der SERUN dunkelte die Sichtscheibe des Helms automatisch ab, damit nicht die volle Helligkeit durchschlug. Über den Baumwipfeln verging ein cairanischer Roboter im Beschuss ihrer Begleiter. Das Feuer leuchtete so grell, dass es das Irrlichtern des Schirms überstrahlte.

»Du bringst mit Doktor Spand die Medokapsel in Sicherheit«, hörte sie Cyprians Stimme aus dem Funkempfänger. »Kondayk und ich kümmern uns mit den Kampfrobotern um das hier.«

»Aber ...«

»Giuna!«

Sie schwieg und akzeptierte. Das Letzte, das sie gerade brauchten, waren Diskussionen – zumal die Befehlslage ohnehin feststand. Das Sagen hatten Cyprian und Kondayk-A1, die als NDE-Agenten diese Mission anführten.

Doktor Spand nahm die Medokapsel in Parallelsteuerung und signalisierte Giuna, ihm zu folgen.

Zu zweit – oder zu dritt, wenn man den komatösen Lanko mitzählte – rasten sie in den Wald, zwischen kahlen, geisterhaft grauen Stämmen hindurch. Je tiefer sie eindrangen, umso mehr schwand das Licht. Unter den ineinander verschlungenen Baumkronen blieb es düster.

Der Kampflärm verstummte fast völlig. Ein Bersten zeigte allerdings, dass eine der cairanischen Kampfmaschinen ihnen folgte. Giuna hielt die Umgebung mithilfe des Orterholos im Auge. Etwa hundert Meter hinter ihr brach der Kampfroboter durch die Äste.

Doktor Spand machte sie gleichzeitig darauf aufmerksam.

»Ich erledige das!« Sie stoppte den Flug, drehte sich um und feuerte.

Der erste Strahlerschuss jagte in einen Baum. Das ausgetrocknete Holz fing sofort Feuer. Flammen loderten hoch, und eine schwarze Wolke wallte in die Höhe – geflügelte Insekten in einer solchen Zahl, dass sie die Sicht verdunkelten.

Doch Giuna standen andere Möglichkeiten zur Verfügung als nur ihre Augen. Das schematische Orterbild zeigte ihr den exakten Standpunkt des gegnerischen Roboters. Die Tentakelarme vor der Kugel richteten sich neu aus, und ein Schuss jagte heran.

Wieder flirrte Giunas Schutzschirm.

Sie wich nicht zurück, sondern gab Vollschub genau auf den Gegner zu. Dabei feuerte sie unablässig. Ein Baum zerbarst. Die Krone schmetterte auf den Schirm des Roboters. Blitze zuckten, die Äste verdampften. Giuna traf drei-, vier-, fünfmal, und drang durch. Der Kampfroboter explodierte.

Sie drehte ab, doch sie stand so nah, dass die Druckwelle sie noch erwischte und zur Seite schleuderte. Sie krachte durch das Geäst, bis es der Steuerung des SERUNS gelang, den Flug zu stabilisieren.

Endlich kam sie zur Ruhe.

»Wir haben ein Problem«, sagte Doktor Spand.

Giuna landete. »Sag bloß.«

Erst als sie sich umdrehte, bemerkte sie, wie dicht der Waldrand lag.

Der Ara stand neben der Medokapsel jenseits der Baumreihen. Nicht weit entfernt hielten sich drei Gefangene auf – nein, vier. Ein Echsenartiger lag auf einer Trage, die von den anderen offenbar mitgeschleppt wurde. Zwei schienen Terraner zu sein, der dritte gehörte einem Volk an, dem Giuna schon bei ihrem ersten Aufenthalt in der Ausweglosen Straße begegnet war. Sie erinnerte sich an diese Geschöpfe mit dem schwarzen Körperpanzer und dem leuchtend roten Augenkranz. Ein Aankhpanali, wie sie inzwischen wusste.

Einer der Terraner kam auf sie zu, mit leicht erhobenen, ausgestreckten, leeren Händen. »Wer immer ihr seid, wir werden euch helfen, wenn ihr uns helft«, sagte er.

*

Um den Vital-Suppressor ausfindig zu machen, standen Perry Rhodan zwei äußerst vage Möglichkeiten zur Verfügung. Beide basierten darauf, dass dieses Gerät ihm Vitalenergie entzog. Wie immer das genau funktionieren mochte – er kannte keine Technologie, die dazu in der Lage wäre, konnte also nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen.

Aber es gab eine Maschine, und sie sendete wohl eine Strahlung auf einer höherdimensionalen Ebene aus. Er versuchte, diese anzumessen und so den Vital-Suppressor anzupeilen. Er analysierte mit dem Orter des SERUNS seine Umgebung. Darauf basierte der wissenschaftliche Weg – und der endete in einer Sackgasse, denn eine erste Statusmeldung brachte exakt gar kein Ergebnis.

Damit hatte Rhodan gerechnet.

Seine Hoffnungen setzte er eher auf die zweite Möglichkeit: Was fühlte er? Und wie arbeitete der Zellaktivator dagegen an? Wie veränderte sich diese Wahrnehmung, wenn er sich fortbewegte? Gab es eine Richtung, in der sich der Vitalentzug verschlimmerte, eine andere, in der es sich besserte?

Theoretisch könnte sich der Vital-Suppressor überall befinden – sei es tief im Boden verborgen oder hoch oben in einem Antigravfeld, unerreichbar für jeden Gefangenen.

Rhodan flog los. Er blieb dicht über dem Boden. Später wollte er einen Versuch starten und zum Mittelpunkt des Rings der Ausweglosen Straße fliegen – zum Test, ob sich die Wirkung verstärkte oder abschwächte.

Die beiden TARAS hielten sich stets unsichtbar in seiner Nähe, bereit, ihn zu verteidigen. Jedoch griff niemand an.

Die akustischen Sensoren des SERUNS fingen Schreie auf, noch ehe Rhodan sie auf normalem Weg hören konnte.

Er zoomte die Szenerie heran. Zwei Fremdwesen schlugen mit den Armen um sich, als kämpften sie gegen einen unsichtbaren Gegner. Es waren ... Aankhpanali.

Er hatte von diesem Volk bereits gehört – der Siganese Sholotow Affatenga hatte ihm berichtet, dass er, Farye und Solemani beim Einsatz auf dem Planeten der Olubfaner auf einen Aankhpanali getroffen waren, den er als Augenkränzler bezeichnet hatte.

Aber was spielte sich dort ab?

Er flog näher und erkannte, dass sie bis zum Ansatz des Körperpanzers im Boden versanken, der sie wie Treibsand immer tiefer hinabzog. Außerdem stach hin und wieder ein Tentakelarm ins Freie und peitschte auf die beiden in doppelter Hinsicht Gefangenen zu – deshalb die panischen Abwehrbewegungen.

Offenbar steckten die Augenkränzler in der Falle eines Raubtieres, das unterirdisch lauerte wie eine Spinne im Netz. Sie würden nicht überleben.

Aber Rhodan durfte nicht eingreifen, wenn er seinen Vorteil nicht verlieren wollte – noch wusste niemand von seinem Eindringen. Und diese Szene, so schrecklich sie sein mochte, gehörte zum Alltag in dieser Strafanstalt. Der Terraner konnte ohnehin nicht an allen Enden helfen, sondern musste versuchen, die Situation grundlegend zu ändern.

So gut diese Argumente klangen, er ging ihnen keinen Augenblick lang nach.

Es war nicht die Art, wie er dachte.

Er war Perry Rhodan. Und er handelte.

Er steuerte den SERUN zu den Gefangenen, löste sich aus dem Schutz der Unsichtbarkeit und machte mit einem lauten Ruf auf sich aufmerksam. Einer der beiden Aankhpanali sah ihn mit dem tiefroten Augenkranz an. Weitete er sich tatsächlich, als würden die Augen nach außen wandern, den Kranz vergrößern?

Der Terraner hörte Worte in einer Sprache, die er nicht verstand – wohl die Heimatsprache dieses Volkes. Ohne zu landen, packte er im Vorbeiflug den ersten Aankhpanali, und wie erhofft, konnte er ihn aus dem Treibsand heben.

Der Befreite gab erstaunte Laute von sich, und Rhodan setzte ihn ab, ehe er sich umwandte, um den zweiten Gefangenen zu befreien.

Diesmal schoben sich aber nicht nur ein oder zwei Tentakel aus dem Boden, sondern eine gewaltige Bestie, halb Spinne, halb Krake, wühlte sich ins Freie. Sie mochte vier, fünf Meter groß sein – ihm blieb nicht die Zeit, das Tier genauer zu betrachten. Es sah sich offenbar um seine sicher geglaubte Beute betrogen und ging zum Angriff über.

Der Verstand des Untiers reichte nicht aus, um in Rhodan einen gefährlichen Gegner zu erkennen. Es spannte die Tentakelarme an und stieß sich ab, sprang dem Terraner entgegen ...

... der sich in seinem SERUN sicher fühlte. Er aktivierte den Schutzschirm. Die Bestie prallte dagegen und wurde zurückgeschleudert. Energien irrlichterten auf, Funken sprühten. Das Raubtier kreischte, die Arme wimmelten, es schlug auf, wälzte sich am Boden. Der Kontakt mit dem Schirm hatte einen Teil des Körpers verbrannt.

Der Terraner zog einen Strahler und erlöste das Tier von seinen Qualen. Er befreite den zweiten Aankhpanali aus dem Treibsand.

Der Augenkränzler starrte ihn an. »Wer bist du?« Er sprach nun Interkosmo.

»Das tut nichts zur Sache.«

Ungeachtet von Rhodans Verschwiegenheit stellten sich die beiden als Rantsanamaso und Orusdaginta vor – Namen, die er sich kaum merken konnte, weshalb er sie für sich Rantsa und Orus nannte.

»Du hast uns das Leben gerettet«, sagte Rantsa. »Und du bist kein Gefangener. Dein Raumanzug. Die Waffe.« In jedem der Worte lag Fassungslosigkeit.

»Ich brauche Hilfe«, sagte Rhodan.

Der zischende Laut stellte wohl ein Lachen dar. »Du? Von uns?«

»Wisst ihr, wo ich den Vital-Suppressor finden kann?«

»Welchen?«, fragte Orus.

Diese Antwort wiederum verblüffte den Terraner. »Es gibt mehrere?«

»Einer genügt nicht, um die Ausweglose Straße komplett mit dem Sextadim-Selektfeld abzudecken.«

»Wie viele gibt es?«

»Manche reden von dreien, andere behaupten, vier oder fünf. Ich weiß es nicht.«

»Habt ihr je eines dieser Geräte gesehen?«

»Es ist unmöglich, dorthin vorzudringen.« Orus stockte. »Zumindest für uns. Für dich vielleicht nicht.«

»Könnt ihr mir eine Richtung nennen, in der ich suchen soll?«

Die Aankhpanali verneinten. »Wir haben nie danach gesucht.« Rantsa ging zum Kadaver der Bestie, die ihnen fast zum Verhängnis geworden wäre. »Keiner tut das. Wieso auch?«

»Du hast die Bezeichnung Sextadim-Selektfeld für den Wirkungsbereich des Vital-Suppressors benutzt«, sagte Rhodan.

»Die Cairaner nennen es so.«

»Woher wisst ihr das?«

Der Augenkränzler zögerte.

»Sag es!«, forderte Orus.

»Ich bin Telepath«, sagte Rantsa. »Ich lese ihre Gedanken, obwohl meine Gabe in der Ausweglosen Straße kaum zum Tragen kommt. Der Suppressor unterdrückt sie. Du zum Beispiel bleibst mir völlig verschlossen«

»Das liegt an mir«, erklärte Rhodan.

»Du bist mentalstabilisiert?«

Der Terraner bestätigte.

»Ich weiß, dass die Vital-Suppressoren hinter Deflektorfeldern liegen. Wenn jemand zufällig in die Nähe kommt, wird er von robotischen Wächtern ermordet.«

Orus wechselte das Thema. »Zurück zu dir! Du bist eingebrochen, aber die Cairaner verfolgen dich nicht. Stimmen die Gerüchte? Warst du schon einmal hier und hast einen von uns befreit?«

»Davon weiß ich nichts. Wann soll das passiert sein?«

»Vor einigen Wochen. Angeblich wurde ein Eindringling gesichtet, dem anschließend die Flucht gelungen sein soll.«

»Man spricht aber von einer Frau«, sagte Rantsa.

Orus kam einen Schritt auf Rhodan zu. »Bist du nicht weiblich? Ich kann euch Terraner nicht einschätzen.«

Rhodan verkniff sich ein Grinsen. »Nein.« Er sah an dem Aankhpanali vorbei zu dem toten Raubtier. Sein Schuss hatte den Kopf aufgerissen, und in der Wunde blitzte es auf. Er sah es sich genauer an und zog mit spitzen Fingern eine etwa fünf Zentimeter durchmessende flache Metallscheibe hervor. Im Unterschied zum Gewebe rundum war sie unzerstört geblieben. »Wisst ihr, was das ist?«

Die beiden Augenkränzler versicherten, einen solchen Gegenstand nie zuvor gesehen zu haben.

Rhodan entdeckte nicht zum ersten Mal eine Art künstliches Implantat oder Zusatzorgan im Umfeld der Cairaner. Vielleicht diente es dazu, die Wirkung des Vital-Suppressors zumindest teilweise zu dämpfen, sodass das Raubtier genügend Energie fand, die Gefangenen anzugreifen. Eine Art Motivator, der das Tier aktiver hielt, als es im Sextadim-Selektfeld sein sollte.

Und konnte es Zufall sein, dass die Cairaner ausgerechnet einen Telepathen in die Ausweglose Straße geschickt hatten? Sahen sie in der Paragabe eine Gefahr, die sie aus dem Verkehr ziehen wollten? Rhodan sprach die beiden darauf an.

Nicht Rantsa antwortete, sondern Orus. »Psi-Fähigkeiten sind bei uns weit verbreitet. Wir glauben, dass unsere Vitalenergie deshalb besonders ist. Die Cairaner nehmen viele von uns gefangen.«

»Bist du ebenfalls ein Mutant?«

»Ich spüre Schwerkraftveränderungen. Eine Gabe, die mir nie etwas genützt hat – bis ich hier in der Strafanstalt angekommen bin. So kann ich Feldern mit erhöhter Schwerkraft ausweichen, die durch die Ausweglose Straße vagabundieren. Leider gelingt es nicht immer. Oft bin ich zu schwach.«

Die beiden Aankhpanali wussten nicht mehr über die Vital-Suppressoren. Rhodan musste sich von ihnen verabschieden. Ihm blieben acht Stunden, bis Andra Erran wie abgesprochen zurückkehren würde.

*

»Wie kommt ihr darauf, dass wir Hilfe brauchen?«, fragte Giuna.

»Gegen die Kampfroboter?«, fragte der Terraner zurück.

»Wir haben sie erledigt.«

»Wer seid ihr?«

Sie ignorierte die Frage. »Wenn ihr uns helfen wollt, sagt uns, wie wir zu dem Vital-Suppressor kommen. Ihr wisst, wovon ich rede?«

»Selbstverständlich.«

Die Fremden kamen näher – zuerst der Sprecher, dann der zweite Terraner, der gemeinsam mit dem Aankhpanali die Trage zog, auf der der Echsenartige lag.

»Ihr seid keine Gefangenen«, stellte der Terraner fest. »Wir helfen euch bei eurer Suche. Dafür bringt ihr uns hier raus.«

»Fort von der Ausweglosen Straße?«

Doktor Spand verhielt sich nach wie vor still. Giuna sah im Augenwinkel, dass er sich über die Autonome Medokapsel beugte.

»Was sonst?«, fragte der Terraner. »Ich bin Desach. Das sind Lirach, Rantsa und Tsaras.«

Die Aufzählung rauschte an ihr vorbei. Sie konnte sich nicht gut Namen merken, und momentan stand ihr sowieso nicht der Sinn danach. »Ihr wollt uns also zu dem Suppressor bringen?«

»Zu einem davon, ja. Es gibt mehrere.« Desach sah ihr bei diesen Worten ins Gesicht. »Das wusstest du nicht, richtig? Ihr habt Glück, dass ihr an uns geraten seid.«

»Oder du machst leere Versprechungen, weil du dir Hilfe erhoffst.«

»So misstrauisch?«

»Wärst du das nicht?«

Der Aankhpanali streckte einen der langen Arme aus. »Du hast recht. Wir wissen nicht viel. Aber das wenige kann euch nützlich sein. Nur ... helft uns. Bitte!«

Der flehentliche Tonfall schnürte Giuna die Kehle zusammen. Sie dachte an Lanko und wie es sein und ihr Leben zerstört hatte, als die Cairaner ihn abführten. Auch hinter diesen vier Gefangenen steckten Geschichten – sie waren Individuen, sie lebten, sie kannten Hoffnungen und Ängste.

Doch diese Mission diente nicht dazu, andere Gefangene zu retten. Und vor allem lag es nicht in Giunas Befugnis. Kondayk-A1 und Cyprian Okri befehligten diesen Einsatz, und mit einem Mal fand Giuna diesen Gedanken tröstlich, weil sie nicht entscheiden musste.

»Wir werden tun, was in unserer Macht steht«, sagte sie.

»Das klingt wie eine Ausrede.«

Sie hob die Schultern. »Also, was weißt du über die Vital-Suppressoren? Wir müssen einen davon finden.«

»Warum?«

Sie zögerte, doch sie sah keinen Grund, es zu verheimlichen. Im Gegenteil – die Wahrheit verband sie mit diesen Fremden. Sie deutete auf die Medokapsel. »Darin liegt mein Mann. Er war genau wie ihr hier gefangen. Ich habe ihn befreit, und ...«

»Du?«, fiel Lirach ihr ins Wort. »Du warst das?«

»Du weißt davon?«

»Gerüchte. Ich ... du bist ...« Der Terraner schüttelte sichtlich außer Fassung den Kopf.

»Wir müssen zu dem Vital-Suppressor!« Giuna unterdrückte ein Zittern der Hände. »Was wisst ihr?«

»Nichts«, gab der Aankhpanali zu. »Aber ich habe telekinetische Kräfte. Nehmt uns mit, und ich kann helfen.«

»Euch mitnehmen?«, fragte Giuna. »Du bittest nicht nur für dich?«

Das Fremdwesen deutete auf seine Begleiter. »Sie sind meine Gefährten. Wir alle – oder keiner.«

»Dann keiner«, hörte sie eine dumpf-grollende Stimme, und als sie sich umdrehte, stampfte die massige Gestalt des Barniters Kondayk-A1 zwischen den Bäumen hervor.

*

Perry Rhodan flog in langsamem Tempo in etwa zehn Metern Höhe über die Ausweglose Straße, und das seit zwei Stunden. Die Zeit lief ihm davon, aber wenn er etwas erspüren wollte, durfte er nicht zu schnell vorwärtskommen.

Die beiden TARAS hatte er auf eine Ortermission geschickt – natürlich unsichtbar und mit dem Befehl, um jeden Preis unentdeckt zu bleiben. Die Maschinen umrundeten die Innenseite des Rings, ständig auf der Suche nach auffallenden energetischen Spitzen, die auf besondere Technologie hinwiesen. Etwa auf die schwer feststellbaren versteckten Emissionen von Deflektoren oder auf eine Ansammlung von cairanischen Robotern, die die Vital-Suppressoren bewachten.

Bislang war diese Suche ergebnislos verlaufen.

Der Terraner konzentrierte sich auf die Schwäche, die von außen auf ihn zugriff und gegen die der Zellaktivator arbeitete. Er fühlte eine gewisse Veränderung, aber noch konnte er es nicht einschätzen. War es vielleicht nur ein Gewöhnungseffekt? Wann nahm die Erschöpfung zu? Gab es Zeiten, in denen sich die belebenden Impulse des Zellaktivators verstärkten?

Er versuchte abzuschalten, um nichts von seiner Umgebung mitzubekommen. Sobald jemand ihn entdeckte und angriff, reagierte der SERUNS selbsttätig.

Rhodan fühlte Müdigkeit, Schwäche und ein sinnverwirrendes Gefühlschaos. Hin und wieder glaubte er, jede Kraft zu verlieren, dann spannten sich unwillkürlich seine Muskeln an. Manchmal holte er mühsam Luft, als wäre er am Ersticken.

Doch je intensiver er sich auf diese physischen Auswirkungen konzentrierte, umso mehr nahmen sie ab, weil sich sein Körper darauf einstellte. Der Zellaktivator tat sein Übriges.

Mit einem Mal fühlte sich das Gerät wärmer an. Die kräftigenden Impulse flossen wie warmes Wasser durch seine Adern.

Rhodan stoppte den Flug.

Das Empfinden blieb, und eine dunkle Wolke legte sich über seine Gedanken. Ein Dunst aus Mutlosigkeit und Trauer wollte ihn überschwemmen.

Er flog zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Die Wirkung schwächte sich ab.

Es ist gut, dachte er.

Ein trügerischer Impuls. Denn einerseits war es keineswegs gut, höchstens ein wenig besser ... und andererseits musste er genau dorthin, wo sich die Symptome verschlimmerten.

Er schwebte mit minimalem Antrieb des Flugaggregats zurück. Rhodan suchte nach verräterischen Energien, die darauf hinwiesen, dass ein Deflektor etwas in dem Gebiet vor und unter sich verbarg.

Dennoch wurde er nicht fündig. Noch nicht. Eine sorgfältige Suche kostete Zeit.

Er nahm Funkkontakt zu den TARAS auf, fragte mögliche Ergebnisse ab. Doch die Maschinen konnten keine Erfolge melden. Rhodan beorderte sie zurück – sollte er am Ziel seiner Suche sein, brauchte er jede Unterstützung. Sobald er auf den Vital-Suppressor zugriff, rief es die Cairaner auf den Plan.

*

»Dieses Gespräch ist beendet«, sagte Kondayk-A1. »Wir gehen.«

»Wartet!«, rief Desach. »Zu wem gehört ihr? Zum Residenten? Hat Reginald Bull euch geschickt?«

Der Barniter schwieg.

»Du glaubst, dass es ihn gibt?«, fragte Giuna. Sie selbst war stets im Zweifel gewesen, hatte nie geglaubt, dass Terra jemals existiert hatte. Wie könnte es da einen Residenten der Liga Freier Galaktiker geben, die eindeutig aus der Liga Freier Terraner hervorgegangen ist?

»Ich halte an der Hoffnung fest«, sagte Desach. »Immer noch. Zerstört sie nicht, indem ihr einfach verschwindet!«

»Wir werden zurückkehren.« Giuna fragte sich, ob sie log.

Cyprian Okri sprach sie via Helmfunk an – die anderen konnten ihn nicht hören. »Geh mit Kondayk ... sofort! Kein Wort mehr zu den Gefangenen! Wir müssen weiter.«

Aber wohin?, dachte sie.

Als hätte er ihren Gedanken gehört, sagte der NDE-Agent: »Doktor Spand misst eine Veränderung bei Lankos Gehirnströmen. Der Aufenthalt in der Ausweglosen Straße wirkt sich auf ihn aus. Er erwacht.«

Die schlichten Worte überwältigten Giuna mit einem solchen Strom von Emotionen, dass sie auflachte.

»Geht nicht!«, rief Desach ihr hinterher.

Sie fragte sich, was er wohl dachte, wenn das Letzte, das er von ihr hörte, ein Lachen war. Sie schaltete genau wie Doktor Spand und Kondayk-A1 ihren Deflektor ein und stieg in die Höhe.

Sie trafen sich über den Wipfeln der versteinerten Bäume. Zu viert schwebten sie rund um die Medokapsel. Nach wie vor konnten sie sich gegenseitig sehen, während sie für alle anderen unsichtbar blieben.

»Ist er wach?« Giunas Lippen zitterten, und sie wusste nicht, ob sie die Worte flüsterte oder schrie. Den Kampf gegen die Roboter hatte sie leichter weggesteckt.

»Noch nicht«, sagte Doktor Spand. »Sein Gehirn zeigt jedoch Aktivitäten. Stell es dir so vor, als würden einzelne Neuronen zünden. Damit ist die Spand'sche Krankheit keine Theorie mehr, sondern bewiesen. Übrigens bin ich mir nach Auswertung der ersten Daten sicher, dass die wenigsten Lebewesen auf eine Befreiung vom Einfluss des Vital-Suppressors mit derart heftigen Symptomen reagieren werden. Dass Lanko mit einem Sturz ins Koma reagierte, war ... nun, du wirst es nicht gerne hören, aber er hatte einfach Pech.«

Sie machte eine wegwischende Handbewegung. »Wann wird er aufwachen?«

»In Minuten oder Stunden, es lässt sich nicht sagen. Aber es gibt einen interessanten Nebeneffekt. Die Art der Veränderung erlaubt Rückschlüsse darauf, wie weit der Vital-Suppressor entfernt ist.«

»Und weiter?«, fragte Giuna verwirrt.

Cyprian erkannte in diesen Worten des Aras offenbar eine Botschaft, die ihr nicht auffiel. »Soll das etwa heißen, wir ...«

»Wir können Lanko gewissermaßen wie einen Kompass nutzen, der uns den Weg zum nächsten Vital-Suppressor weist. Das heißt, eigentlich trifft dieses Bild nicht genau zu, aber es verdeutlich die Lage hinreichend, denke ich.«

»An die Arbeit!«, forderte Kondayk-A1. »Wie gehen wir vor?«

»Wir steuern einige Hundert Meter in eine beliebige Richtung«, schlug Doktor Spand vor. »Ich beobachte die Werte meines Patienten. An den Reaktionen werde ich ablesen, ob wir uns dem Suppressor nähern oder uns entfernen.«

*

Die Welt passte nicht.

Es wäre Rhodan nie aufgefallen, wenn er nicht exakt nach einem solchen Phänomen gesucht hätte – und dass er es bemerkte, lag nur daran, dass er im wahrsten Sinn des Wortes über den Dingen schwebte.

Sein SERUN hielt ihn in zwanzig Metern Höhe, und dorthin könnte ein Gefangener niemals geraten. Wahrscheinlich arbeitete der cairanische Deflektor deshalb aus diesem Blickwinkel nicht absolut präzise.

Rhodan sah nach unten, und an einer Stelle der Geröllwüste kippte die Wirklichkeit um einige Zentimeter. Manche Steine sahen aus, als wären sie in einer geometrisch exakt geraden Linie abgebrochen. Andere lagen völlig normal nebeneinander, wenn man davon absah, dass sie einander glichen wie perfekte Kopien.

Ein wenig erinnerte es daran, auf eine Wasseroberfläche zu blicken und alles, was darunterlag, leicht verschoben zu sehen.

Rhodan zweifelte nicht, dass dieses optische Phänomen darauf zurückging, dass ein Holoschirm dem Betrachter ein anderes Bild vorgaukelte.

Auch mit diesem Wissen nahmen die Systeme des SERUNS keine Streustrahlung wahr. Menschliche Beobachtungsgabe konnte eben doch jede Technologie übertreffen.

Ein Gebiet von etwa achtzig Metern Durchmesser verbarg sich so vor allen Blicken.

Rhodan wartete, bis die beiden TARAS eintrafen. Er flog näher an den verborgenen Bereich heran. Er gab sich keinen Illusionen hin. Er würde nicht lange unentdeckt bleiben. Die Verteidigungssysteme mussten ...

Ein kugelförmiger, von einem spiegelnden Wulst umgebener Roboter raste aus dem Unsichtbarkeitsfeld und feuerte sofort.

*

Wie geplant, legte sie einige Hundert Meter zurück.

Doktor Spand betonte, die Messwerte der Medokapsel eine Zeit lang im Auge behalten zu müssen. »Es ist ein sehr sensibler Vorgang.«

»Beeil dich!«, forderte Kondayk-A1.

Der Ara schaute auf. »Paragraph 41: In medizinischen Belangen ist Geduld zu wahren.«

»Pah«, machte der Barniter. »Dieser Zusatz hat mir nie gefallen.«

»Er ist sinnvoll.«

»Aber nicht schön.«

»Wie ein Stethoskop?«, fragte Spand ätzend.

Giuna bekam es nur am Rand mit. Durch die gläserne Abdeckung der linsenförmigen Kapsel sah sie Lankos Gesicht – zwar trug er ebenfalls einen SERUN, für den Moment, wenn er erwachen würde, doch der Helm lag eingefaltet im Nacken. Die Augenlider flatterten leicht. Eine flüchtige, kaum wahrnehmbare Bewegung.

»Im Gehirn zeigt sich stärkere Aktivität«, sagte Spand. »Ich muss Art und Intensität genauer bestimmen.«

Etwa fünf Minuten später verkündete er, dass sie sich dem Vital-Suppressor genähert hatten. Zwar nicht auf direktem Weg, aber der Ara wies eine Richtung, in der er den nächsten Versuch starten wollte.

Dort begann das Spiel von Neuem; die Messungen, die Beobachtung, die Analyse. Spand schickte sie weiter ... und weiter.

Giuna blieb stets dicht bei der Kapsel und sah ein leichtes Zucken der Mundwinkel in Lankos Gesicht. Und bewegte sich nicht eines der Augen unter den geschlossenen Lidern, ganz wenig nur, als ob Lanko träumte?

»Ich gehe rein«, sagte sie und öffnete den Einstieg. Seitlich schwang ein Bereich der gläsernen Abdeckung nach oben.

»Das ist medizinisch nicht ...«

»Ich pfeife auf die Medizin«, fiel sie dem Ara in Wort.

Die Kapsel bot genug Platz für zwei oder drei Verletzte.

Giuna legte sich neben ihren Mann, nahm seine Hand, verschränkte die Finger in seine. Beide trugen sie die Handschuhe des SERUNS, doch der berührungssensitive Stoff übertrug das Gefühl der Berührung. »Wach auf. Ich bin hier.«

»Du kannst seinen Zustand nicht ändern«, merkte Doktor Spand an, »nur indem du ...«

Er brach ab, als sein Patient die Augen öffnete.

»Lanko«, sagte sie.

Seine Augen fielen wieder zu. Aber er lächelte, kaum merklich.

»Bleib hier!«, bat Giuna.

Er reagierte nicht mehr.

»Es geht ihm besser«, erklärte Doktor Spand. »Sein Zustand ähnelt eher einem tiefen Schlaf als einem Koma. Wir müssen ihm Zeit geben.«

»Und den Vital-Suppressor finden«, sagte Kondayk-A1.

»Er wird auch hier erwachen.«

»Aber er ist nicht der einzige Grund, warum wir in Ausweglose Straße vorgedrungen sind. Bring uns zu dem Suppressor!«

Giuna verließ die Medokapsel, und sie manövrierten weiter.

Nach etwa einer Stunde gab der Ara erstmals eine genauere Vermutung ab, wo sich der Standort des Vital-Suppressors befand – mitten in einer Steinwüste, so nahe, dass sie ihn eigentlich schon sehen müssten. Wahrscheinlich schützte ihn ein Deflektor.

Und mit einem Mal schälte sich gut hundert Meter entfernt ein cairanischer Kampfroboter aus dem Nichts und eröffnete das Feuer.

Im nächsten Moment tauchten weitere Maschinen auf – zwei, vier, zehn – und die Hölle brach los.

*

Rhodans Schutzschirm flammte auf.

Der Kampfroboter hatte nicht exakt auf ihn gefeuert, sondern eine breit gestreute Salve abgegeben – offenbar hatten die Sensoren nur registriert, dass sich etwas näherte, aber seinen genauen Standort dank des Deflektors nicht erkannt. Nun jedoch war seine Position verraten.

Er schoss zurück, und die beiden TARAS ebenso.

Der feindliche Roboter hielt dem konzentrierten Punktbeschuss nicht stand. Die Maschine explodierte, und Trümmerteile regneten zu Boden. Doch da tauchten bereits weitere Gegner auf, Kampfroboter desselben Modells. An sechs ... nein, acht, zehn Stellen lösten sie sich aus dem Deflektorbereich und gingen sofort zum Angriff über.

Der Terraner schoss. Einer der TARAS raste mitten in den gegnerischen Pulk, der zweite schützte Rhodan, ohne dessen Schussfeld einzuschränken.

Energiestrahlen jagten heran. Noch hielt Rhodans Schirm. Die TARAS erwiesen sich den cairanischen Modellen als überlegen. Zwei Kugelroboter vergingen in einer Detonation. Brennende Teile zogen schwarze Rauchschwaden hinter sich her. Ein Metallstück trudelte hinab und verschwand von einem Augenblick zum nächsten, als es in den Deflektorbereich fiel.

Rhodan stand unter Beschuss, aber er wich aus und feuerte seinerseits auf die Gegner. Dabei näherte er sich dem Boden, ohne zu landen. Gestein vor ihm explodierte plötzlich, ein Hagel aus Geröll prasselte auf ihn und verdampfte im Schutzschirm.

Mitten im größten Chaos bemerkte der Terraner, dass die Angreifer nicht nur ihn attackierten.

Einige der Maschinen rasten über ihm vorbei, und im energetischen Gewitter glühten die Schirme weiterer Gegner auf. Zwei Kampfroboter in Form von Doppelwürfeln warfen sich ins Geschehen. Einer rammte ein cairanisches Modell – beide detonierten, und Trümmer zischten davon.

Es gab eine dritte Partei im Kampf?

Wo kam sie her? Zu wem gehörte sie? Offenbar nicht zu den Cairanern ...

Rhodan blieb keine Sekunde, die Situation zu reflektieren. Er lag ständig unter Beschuss, sein Schutzschirm kassierte zu viele Treffer. Der SERUN gab eine Überlastungsmeldung.

Der Terraner suchte Deckung hinter einem mannsgroßen Felsbrocken und versuchte sich einen Überblick zu verschaffen. Die Orter fingen ein Gewirr aus Impulsen auf, die sie zum einen den kugelförmigen Kampfrobotern zuordneten, zum anderen einigen unbekannten Quellen.

Es gab noch einen weiteren Doppelwürfel-Roboter, außerdem einige autark agierende Personen. Und ein weiteres Robotermodell – eine linsenförmige Kapsel, vielleicht ein winziges Fluggefährt, in das sich zwei, drei Passagiere quetschen könnten.

Der Kampf verlagerte sich, und die Fremden gerieten ins Zentrum. Rhodan kam es vor, als wären sie kampferprobt. Sie feuerten auf die cairanischen Modelle, aber auch auf die TARAS, die den Kampfrobotern hinterherjagten.

Ein gezielter Angriff? Oder schlicht Verwirrung, weil niemand mehr die Fronten durchschaute?

Der Terraner setzte einen Breitbandfunkspruch ab, in der Hoffnung, dass er aufgefangen werden konnte.

Gleichzeitig feuerte einer der TARAS, und der Energiestrahl traf die linsenförmige Kapsel, deren Schutzschirm kollabierte. Die Kapsel glühte auf und explodierte.

Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1)

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