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2.

Perry Rhodan

Perry Rhodan saß in einem Konferenzraum der BJO BREISKOLL, die wieder mit vielfacher Überlichtgeschwindigkeit durch den Linearraum raste und bereits den Orionarm der Milchstraße erreicht hatte – es war nicht mehr weit bis zum Rheiasystem. Vor ihm wölbte sich ein großes Holo mit Datenkolonnen und Bildern aus einer fernen Vergangenheit.

»Meine Erinnerungen haben mich also nicht getrogen«, murmelte er und betrachtete die Bilder. Sie zeigten ihm einen Planeten, auf dem sich das Leben schlafen legte, mit Meeren und Kontinenten, die unter Eis verschwanden.

»Im Jahr 2436 der alten Zeitrechnung, während des Dolan-Kriegs, wollte das Solare Imperium im Rheiasystem einen großen Stützpunkt einrichten«, ertönte OXFORDS Stimme. »Es gibt dort nur einen Planeten mit einer sehr exzentrischen Umlaufbahn, die darauf hindeutet, dass er ein von Rheia eingefangener Irrläufer ist.«

»Tellus«, sagte Rhodan leise.

»So lautet die Bezeichnung in den alten Sternkarten. Für einen Sonnenumlauf benötigt Tellus 3312 Jahre. Nur vierhundert Jahre lang herrschen auf dem Planeten Bedingungen, die eine aktive Biosphäre ermöglichen. Etwa vierzig Jahre lang, während der sonnennahen Passage des Planeten, wird es so heiß, dass sich das planetare Leben zu den Polen und in die Tiefen der Meere zurückzieht.«

»Und wenn Tellus mit der Reise zum sonnenfernsten Punkt beginnt, begraben Schnee und Eis alles unter sich«, sagte Rhodan.

»Dann wird es auf dem Planeten so kalt, dass selbst die Atmosphäre gefriert«, teilte ihm OXFORD mit. »Die indigenen Lebensformen verbringen diese Zeit in der Hibernation.«

»Der große Stützpunkt, den wir damals wegen der strategischen Lage des Rheiasystems auf Tellus einrichten wollten, wurde nie gebaut, oder?«

»Nein«, bestätigte die Positronik der BJO BREISKOLL. »Vielleicht sind die Ressourcen knapp geworden. Das Solare Imperium begnügte sich mit einer kleinen Basis, deren Besatzung aus zwölf Personen bestand und nie mehr sein sollte als ein Beobachtungsposten. Man baute sie Anfang 2436, als die Vereisung des Planeten begann.« OXFORD nannte die Koordinaten. »Das Kommando bekam eine Terranerin namens Betty Anne Longfield. Der letzte Funkspruch von Tellus wurde Mitte 2437 empfangen, kurz bevor im Solsystem neuntausend Dolans erschienen, um Terra zu vernichten. Danach gab es keine Kontakte mehr.«

»Ist die Basis damals aufgegeben worden?«, fragte Rhodan.

»Unbekannt«, antwortete OXFORD. »Meine Datenbanken enthalten keine diesbezüglichen Informationen.«

Es waren schwere Zeiten gewesen, erinnerte sich Rhodan. Der Krieg gegen die Zweitkonditionierten, die Schwingungswächter, hatte das Solare Imperium an den Rand des Untergangs geführt. Nur OLD MAN und der gerade noch rechtzeitig eintreffenden Haluterflotte war es zu verdanken gewesen, dass die Erde den massiven Angriff der Zweitkonditionierten überstanden hatte.

Nach dem Ende der Dolans und dem Krieg gegen die Zeitpolizei hatte der Zerfall des Solaren Imperiums eingesetzt, und schließlich war der fünfhundert Jahre umfassende Plan zum Projekt Laurin in Angriff genommen worden.

Der kleine Tellus-Stützpunkt hatte auf der großen galaktischen Bühne des Geschehens nie eine Rolle gespielt. Die zwölf Männer und Frauen, die dort ihren Dienst für die Menschheit geleistet hatten, lebten längst nicht mehr – mehr als dreitausend Jahre waren vergangen. Wie mochte es ihnen damals ergangen sein? Waren sie zur Erde zurückgekehrt, oder hatten sie den Rest ihres Lebens woanders verbracht, auf einer der vielen von Terra besiedelten Welten?

Eine mit viel Blut und Tränen geschriebene Geschichte, dachte Perry Rhodan und blickte auf seine Hände, die das Blut und die Tränen berührt hatten. Eine Geschichte von Leid und Schmerz, von Opfern und Heldenmut. Wie konnte das alles, die Erde und ihre Vergangenheit, in Vergessenheit geraten und zu einem Mythos geworden sein?

»Wie steht es derzeit um Tellus?«, fragte er. Im Holo vor ihm wechselten die Daten.

»Der Planet kehrt auf seiner exzentrischen Umlaufbahn zur Sonne Rheia zurück«, antwortete OXFORD. »Er erwärmt sich, das Eis schmilzt.«

»›Die Wiege der Menschheit – wir haben sie entdeckt, in Schnee und Eis, von der Zeit vergessen‹«, zitierte Rhodan. »So lauteten die Worte eines Shenpadri namens Shanlud, der sich Ruinenhüter nannte. Was könnte er auf Tellus gefunden haben? Vielleicht die Reste des damaligen Stützpunkts?«

»Das bezweifle ich«, antwortete OXFORD. »Shanlud sprach von einer ›epochalen‹ Entdeckung. Das deutet auf etwas Großes hin, noch dazu mit einer direkten Verbindung zur Erde.«

Ein akustisches Signal erklang, gefolgt von einer Stimme. »Perry?«

»Ich höre dich, Farye.«

»Der Explorer NEY ELIAS hat unseren Funkspruch beantwortet. Das Rendezvousmanöver steht unmittelbar bevor.«

Rhodan stand auf. »Ich komme zur Zentrale.«

*

Die BJO BREISKOLL fiel mit dreißigtausend Kilometern pro Sekunde – zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit – durch die Ansammlung astronomischer Objekte, die das Rheiasystem – analog der Oortschen Wolke –in einem Abstand von etwa anderthalb Lichtjahren als Kugelschale umgab. Die Wolke bestand aus Myriaden von Planetesimalen, Bausteinen von Planeten und Monden aus der Entstehungszeit des Sonnensystems, die meisten von ihnen so klein, dass sie bei einer Kollision in den Schutzschirmen verglüht wären. Was die größeren Brocken betraf: Die Abstände zwischen ihnen waren so groß, dass eine ganze Flotte von Raumschiffen durch die Wolke schlüpfen konnte, ohne ihnen zu nahe zu kommen.

Muntu Ninasoma saß wieder – oder vielleicht noch immer – im Kommandosessel, als Perry Rhodan die Zentrale erreichte. Ein großes Panoramaholo zeigte die zehntausend Kilometer entfernte NEY ELIAS.

Farye hatte neben Ninasoma Platz genommen, die beiden verstanden einander gut, denn sie einte die Leidenschaft ihres Berufes und – mehr noch – das Schiff selbst, das lange »ihre« und nun »seine« BJO BREISKOLL war.

»Die offizielle Kennung im Register der Explorerflotte lautet EX-1844 NEY ELIAS«, sagte sie und deutete auf die eingeblendeten Daten. »Ein Schiff der GALILEI-Klasse, die neu zu sein scheint – OXFORD weiß nichts davon.«

Rhodan schüttelte den Kopf. »Ich auch nicht.«

»Offenbar basiert die neue GALILEI-Klasse auf den alten ENTDECKER-Schiffen.« Muntu Ninasoma sprach langsam und wirkte schläfrig wie fast immer. »Die NEY ELIAS ist mit eintausendsechshundert Metern Durchmesser etwas kleiner und kompakter.«

Rhodan trat näher zum großen Holo und betrachtete das kugelförmige Schiff. »Was hat es mit dem Objekt am unteren Pol auf sich?«

»Eine zweite Kugel mit einem Durchmesser von dreihundert Metern«, sagte Farye. »Nach dem Identifizierungssignal eine Einheit der GAUSS-Klasse. Sie kann vom Hauptschiff getrennt werden.«

»Bewaffnung?«

»Schwaches offensives und etwas stärkeres defensives Potenzial«, antwortete Farye sofort. »Keine Gefahr für uns.«

Rhodan blickte über die Schulter. »Sind wir ganz sicher?«

»Fürchtest du eine Falle? Das Rendezvousmanöver findet auf unseren Wunsch statt.«

Was nicht viel bedeutete, wusste Rhodan. Die besten Pläne suggeriertem dem Manipulierten, aus freiem, unbeeinflusstem Willen zu handeln.

»Die NEY ELIAS wiederholt ihr Rufsignal«, meldete die junge Frau an der Hyperfunkstation. »Sie wartet auf eine Antwort.«

Rhodan drehte den Kopf und bemerkte Zemina Paath erneut auf der anderen Seite der Zentrale. Ein Besatzungsmitglied der BJO BREISKOLL befand sich in ihrer Nähe, ein kräftig gebauter Mann, der vorgab, mit virtuellen Kontrollen beschäftigt zu sein – ein Aufpasser.

»Soll ich ...«, begann Muntu Ninasoma.

»Nein«, sagte Rhodan. Die Entscheidung war ganz plötzlich da. »Verbindung herstellen!«, wies er die Hyperfunkerin an.

Das Gesicht einer etwa fünfzig Jahre alten Frau erschien im großen Panoramaholo: das schwarze Haar kurz, die großen dunklen Augen wach und intelligent. Sie wirkte kompetent und argwöhnisch.

»Ich bin Amma Vargas, Kommandantin der NEY ELIAS«, stellte sie sich ohne ein Lächeln vor. »Wer seid ihr? Und was hat es mit dem Alarmsignal auf sich?«

Rhodan fiel auf, dass sie mit leicht gebrochener Stimme sprach. Ein Zeichen von Nervosität?

»Bitte verzeiht das Alarmsignal«, sagte Rhodan. »Es diente vor allem dazu, eure Aufmerksamkeit zu gewinnen und dieses Rendezvous zu ermöglichen. Wir wollten mit euch zusammentreffen, bevor ihr euer Ziel erreicht. Wie wir hörten, seid ihr nach Tellus unterwegs, wo die Shenpadri angeblich die ›Wiege der Menschheit‹ gefunden haben. Wir würden euch gerne begleiten, wenn ihr gestattet.«

»Warum?«

Weil wir Informationen brauchen, dachte Rhodan. Weil wir hoffen, von euch und mit eurer Hilfe mehr zu erfahren. Seine Antwort lautete: »Weil wir neugierig sind. Weil wir herausfinden möchten, ob sich auf Tellus wirklich die ›Wiege der Menschheit‹ befindet.«

»Wir können mit dem Identifizierungssignal eures Schiffes nichts anfangen«, sagte Amma Vargas. Sie war noch immer sehr ernst. »Bitte identifiziert euch. Wer seid ihr?«

Dies war ein kritischer Punkt, wusste Rhodan. Die rätselhaften Cairaner suchten ihn, und wenn sie einen Hinweis darauf bekamen, wo er sich aufhielt, würden sie nichts unversucht lassen, seiner habhaft zu werden. Andererseits: Amma Vargas war ganz offensichtlich Terranerin, und ihr Schiff gehörte wohl zu einer kleinen Flotte mit Basis im Ephelegonsystem, wo sich Resident Bull niedergelassen hatte. Das waren gute Voraussetzungen für eine vielversprechende Informationsquelle, die ein gewisses Risiko rechtfertigte.

»Dies ist die BJO BREISKOLL, ein MARS-Kreuzer der RAS TSCHUBAI«, sagte er. »Wir haben einen Zeitsprung von fünfhundert Jahren hinter uns. Ich bin Perry Rhodan.«

Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1)

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