Читать книгу Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1) - Perry Rhodan - Страница 87
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GAMARAM HONAMS HEROLD
Narben aus Metall, geschlagen von unzähligen kleinen und kleinsten kosmischen Trümmern, deren Wege sich irgendwann einmal mit dem Kugelraumer gekreuzt hatten, zogen sich über die Hülle der GAMARAM HONAMS HEROLD und wurden von den Scheinwerfern des Shifts aus der Dunkelheit des Raums gerissen.
Das panzerförmige Gefährt, das Terraner bereits seit dem Aufbruch ins Weltall benutzten und immer wieder äußerlich modifiziert durch aktuelle Technologien aufgewertet hatten, glitt über die Wölbung des Schiffsleibs auf den unteren Pol des Raumschiffs zu. Dort befand sich eine leicht begehbare Bordschleuse.
»Das ist jetzt aber wirklich mal ein alter Kasten«, sagte Solemani, der am Steuer saß.
»Er sieht aus wie jeder andere Kugelraumer«, meinte der »halbe Solemani« Winston Duke, wie Tenga den schmalen, weißhaarigen Mann in Anspielung auf Solemanis Stattlichkeit gerne nannte.
Tenga seufzte. »Das würdest du nicht sagen, wenn du einfach mal deine Aufmerksamkeit auf die Anzeigen und nicht auf deine dauernde Herumkramerei richten würdest.«
Duke warf ihm einen tadelnden Blick zu. »Das ist keine Herumkramerei, das nennt sich Ordnung.«
»Komm schon! Du sortierst die Energie-Paks links unten in der Außentasche ein, dann holst du sie wieder raus und steckst sie nach rechts oben ...«
»Nein, ich habe sie zurück in die Tasche links oben gesteckt. Die ursprüngliche Idee war am besten. Wenn ich quer über die Brust mit der Rechten zugreife, bin ich einige Zehntelsekunden schneller, als wenn ich es mit der Linken mache.«
Tengas normalerweise lindgrünes Gesicht verfärbte sich eine Spur dunkler. »Wenn du nicht mein Freund wärst, würde ich sagen, dass du spinnst. Deine rastlose Suche nach optimalen Lösungen, die Experimente und vor allem deine Basteleien nerven. Irgendwann einmal wirst du uns alle in die Luft jagen, weil du aus den unverbrannten Rückständen eines Müllkonverters einen funktionstüchtigen Funksender machen willst.«
»Diese Unterhaltung habt ihr schon geschätzte dreißigtausend Mal geführt«, mischte sich Solemanis dumpfe Stimme ein. »Ihr nervt. Wir haben einen Auftrag.«
Duke summte eine Melodie, wie immer, wenn er in Ruhe gelassen werden wollte.
Solemani unternahm einen weiteren Versuch, die HEROLD anzufunken, das Schiff ignorierte ihn. Nichts deutete darauf hin, dass die Schiffspositronik funktionstüchtig war oder sich Besatzungsmitglieder an Bord befanden.
»Zwei Minuten bis zum Kontakt«, sagte Solemani. »Duke, hast du die TARAS kontrolliert?«
»Alpha bis Delta. Längst erledigt.«
Vier Kampfroboter des Typs TARA-IX-INSIDE waren seitlich am Shift angedockt. Die kegelstumpfförmigen Maschinen galten als beste Wahl, wenn es um den Kampf in geschlossenen Räumen ging. Ihre Feuerkraft, ihre Flinkheit und die Kapazität ihrer Rechner übertrafen die aller früheren Baureihen bei Weitem.
Der Shift setzte erschütterungsfrei auf der Schiffshülle auf. Das Material wirkte schrundig, Tenga bemerkte die Schrammen und Kratzer in der Ynkelonium-Terkonit-Hülle deutlicher als beim Überfliegen. Ganz offenkundig war der Raumer seit längerer Zeit nicht gewartet worden.
»Weiterhin kein Kontakt«, meldete Duke an die BREISKOLL. »Die HEROLD ist und bleibt stumm. Wir steigen aus.«
»Seid vorsichtig!«, hörte Tenga Perry Rhodan sagen. »Geht streng nach Vorschrift vor. Donn ist in Bereitschaft. Er kann euch jederzeit unterstützen.«
Donn Yaradua wies eine besondere parapsychische Begabung auf; er war ein Metabolist, der die biologischen und biochemischen Abläufe jedes Wesens manipulieren konnte.
Solemani brummte unwillig. »Das hier ist unsere Party«, murmelte er.
»Genau«, pflichtete Duke ihm bei.
Tenga wusste, wie sie das meinten: Die Aufklärungsmission entsprach haargenau ihren Kompetenzen – Solemani als Xenotechnik-Analyst und Duke als Hyperphysiker sowie Ortungstechniker.
»Regt euch ab!«, drang Yaraduas Stimme durch den Funk. »Ich trinke euch nichts weg. Nur das, was ihr übrig lasst.«
Humor hat er wenigstens.
Solemani öffnete das Schott.
»Viel Glück!«, rief Tenga ihm hinterher.
*
Osmund, Osmund, worauf hast du dich da nur eingelassen?, dachte Oberleutnant Osmund Solemani, während er ins All hinausschwebte. Etwa dreißig Meter von der HEROLD entfernt verharrte er und versuchte sich zu orientieren.
Der Kugelleib wölbte sich über ihm empor. Solemani hatte für einige Augenblicke das Gefühl, die Last des Schiffs auf den Schultern zu spüren. Dann hatte sich seine Wahrnehmung an die Weltraumverhältnisse angepasst.
Wenn ich mich nicht täusche, muss ich nach rechts. Er aktivierte sein Gravopak und glitt durch die luftleere, gravitationslose Schwärze ein gutes Dutzend Meter weiter. Ja: Dort erkannte er das mannshohe Schott, das er gesucht hatte.
Er markierte die Stelle durch ein holografisches Leuchtsymbol, einen violett leuchtenden Ball.
»Ihr könnt kommen«, sendete er an den Shift, und gleich darauf sah er, wie sich die TARAS mit Duke vorneweg auf das Schott zubewegten.
Solemani blieb zunächst an seiner Position und ließ Blick und Ortungsgeräte Eindrücke sammeln. Tat sich da etwas, irgendwo an oder in der HEROLD? Nichts deutete darauf hin.
Duke war mittlerweile am Schott angekommen und widmete sich dem farbig markierten Eingabefeld in Hüfthöhe. Er öffnete die Abdeckung, legte ein kastenförmiges Gerät auf das Eingabefeld an, summte eine Melodie und sagte nach nicht einmal zehn Sekunden: »Wir können rein.«
»Einer der TARAS geht rein und sichert das Schott von innen. Der Rest hält seine Position, bis ich bei euch bin!« rief Solemani und schwebte zu seinem Partner.
Einer der TARAS glitt ins Innere. Der hatte die übliche komplizierte Kennung, trug aber der Einfachheit halber die Einsatzbezeichnung Delta, die anderen hießen ganz klassisch entsprechend Alpha, Beta und Gamma.
»Gab es Schwierigkeiten?«, fragte Solemani seinen Partner.
»Sah es so aus?«
Nach einer knappen Minute meldete Delta, die Schleuse und der Raum dahinter seien gesichert.
*
»Wir sind drin«, sagte Solemani an die BJO BREISKOLL gerichtet. Minisonden übertrugen Bilder, ebenso die Außenkameras ihrer SERUN-Schutzanzüge. »Wir stehen in einem leeren Hangar. Es gibt eine für Menschen atembare Atmosphäre. Sie ist dünn, die Temperatur liegt knapp über dem Gefrierpunkt. Aber annäherungsgesteuerte Beleuchtung und künstliche Schwerkraft funktionieren.«
»Wie sieht es mit den anderen Schiffsfunktionen aus?«, hakte Rhodan nach. »Roboter? Die Hauptpositronik?«
»Bisher: negativ.«
Solemani schickte weitere Sonden aus. Sie verteilten sich in rasendem Tempo im Schiff und würden bald Bilder aus allen möglichen Bereichen der HEROLD liefern.
Beta und Gamma schwebten ebenfalls davon, nachdem Duke ihnen den Auftrag gegeben hatte, den Raumer auf Gefahrenpunkte zu untersuchen.
»Ich öffne den Helm«, sagte Solemani und ließ den Falthelm nach hinten fahren. Er verschwand im Nackenwulst seines SERUNS.
Er hatte gewusst, was ihn erwartete. Dennoch raubte ihm die plötzliche Kälte den Atem, sein Herz schlug schneller.
»Alles in Ordnung?«, fragte Farye Sepheroa über Funk. »Deine Gesundheitswerte haben sich abrupt verschlechtert.«
»Ich bin bloß erschrocken«, gab Solemani zur Antwort. Der Atem gefror vor seinem Mund, eine dünne Wolke bildete sich. »Ich rieche etwas Sonderbares. Ich kann es nicht richtig einschätzen. Könnte Schwefel sein.«
»Was zeigen die Messgeräte?«, fragte Rhodan
»Gar nichts«, antwortete Duke an seiner Stelle. »Wobei ich Osmund korrigieren muss. Ich rieche etwas Fruchtiges. Ananas vielleicht.«
»Was denn nun? Schwefel oder Ananas?«
Solemani sah Duke an. Er atmete nochmals tief durch die Nase ein, es änderte sich nichts an seiner Wahrnehmung: fauliger Schwefelgeruch.
»Schwefel«, sagte er.
»Ananas«, sagte Duke im gleichen Moment.
»Es scheint etwas zu geben, das unterschiedlich auf euch wirkt«, sagte Rhodan langsam. »Von den angezeigten Messwerten her gibt es aber nichts, das euch gefährlich werden kann. Keine verdampften Drogensubstanzen, keine Viren, keine Kampfstoffe.«
»Meinst du, sonst hätten wir die Helme geöffnet?«, fragte Solemani, ehe ihm bewusst wurde, mit wem er da so grantig redete. »Tschuldigung.«
Er hörte Rhodans Lachen. »Ich bin ja selbst schuld.«
Solemani unternahm zur Sicherheit eine weitere Überprüfung der Atemluft und ging dabei noch weiter in die Tiefe. Gab es etwas, das biochemische Prozesse in ihnen auslöste? Etwas, das ihre Instinkte ansprach?
Nein. Es war alles in Ordnung.
Solemani nahm es achselzuckend zur Kenntnis. Er winkte Duke, ihm zu folgen. Sie verließen den leeren Hangar, begleitet von Alpha und Delta.
Unmittelbar hinter dem Hangar erstreckte sich ein Ringkorridor, und keine fünf Meter entfernt befand sich der Zugang zu einem Antigravschacht, einer der zentralen Verbindungsachsen der HEROLD.
»Gehen wir hoch?«, fragte Duke.
Solemani nickte. Direkt hinter Alpha betrat er den Schacht, der immer noch funktionierte, wie er sich vorher vergewissert hatte. Nacheinander schwebten sie nach oben, von Hauptdeck Drei zu Hauptdeck Zwölf, in dem sich die Zentrale des Schiffs befand. Duke und Delta folgten ihnen.
»Die Spionsonden sammeln eifrig Daten«, meldete Sepheroa. »Vierzig Prozent des Schiffs sind abgefilmt. Nirgendwo ist ein Mensch zu sehen. Allerdings gibt es geschätzte zwanzig Prozent, die versperrt sind. Die werdet ihr persönlich öffnen müssen.«
»Oder mithilfe der Hauptpositronik«, sagte Solemani. »Sofern wir uns mit ihr verständigen können.«
Solemani erreichte Deck Zwölf und verließ den Antigravschacht. Der Zentralbereich der HEROLD begann in nur wenigen Schritten Entfernung und war durch eine abweichende Bodenfarbe optisch markiert, wie es in einigen älteren Schiffsbaureihen üblich gewesen war. Die farbliche Abgrenzung gab jedem das Gefühl, einen ganz bestimmten Bereich des Raumers zu betreten.
Nach etwas mehr als zwei Metern begann dann die eigentliche Zentrale, eine besonders gesicherte Metallkugel mit mehreren Zugängen. In dem farblich markierten Bodenbereich hatten früher Sicherheitskräfte oder Roboter Aufstellung genommen, er war aber auch für informelle Gespräche genutzt worden – und für kleine Pausen während des Mehrschichtbetriebs.
»Hier wurden Geräte aus Verankerungen gerissen«, sagte Duke, der mit raschen, trippelnden Schritten umhereilte. »Es ist, als hätte jemand in großer Eile Teile der HEROLD entfernt.«
»Würden Piraten so etwas tun?«, kam Rhodans Frage über Funk. »Die Ladhonen etwa?«
»Ich wüsste nicht, was sie damit anfangen sollten«, antwortete Duke.
Er kümmerte sich um den Zugang zur eigentlichen Zentralkugel und benötigte diesmal fast eine halbe Minute, bis er die passenden Codes eingespeist hatte. Das Haupttor glitt beiseite, sie traten ein.
Gedämpftes Licht und ein leises, kaum hörbares Summen empfingen sie.
Eine schlafende Zentrale, dachte Solemani.
»Ich sehe mir mal die Positronik an.« Duke ging schnurstracks auf ein Pult im hinteren Zentralebereich zu, an dem in den meisten Raumschiffen dieser Klasse jemand saß, der nichts anderes tat, als die positronischen Abläufe zu überwachen; ein zumeist eher ruhiger Job, dem aber in Krisenfällen besondere Bedeutung zukam. Sollte die Bordpositronik Ausfallerscheinungen oder Anzeichen für eine Manipulation zeigen, war höchste Gefahr für die gesamte Besatzung im Verzug. Der Interne.
Solemani blieb im Eingang stehen und sicherte nach allen Seiten, obwohl er wusste, dass Alpha und Delta das viel besser erledigten. Aber ihm war, als würde er von irgendjemandem beobachtet werden. Von jemandem, der sein Verhalten abschätzte und abwartete, ehe er Kontakt aufnahm.
Sollte er jemandem von seinem Gefühl erzählen? Duke würde es einfach abtun, Tenga würde ihn hingegen verstehen, aber der Siganese war an Bord des Shifts geblieben, als Einsatzreserve. Und Rhodan? Nein. Er würde sich die Körpermesswerte zeigen lassen, die der SERUN weitermeldete und lediglich bemerken, dass Solemani einer erhöhten Stressbelastung unterlag. In einem solchen Fall begannen viele Gefahren dort zu sehen, wo keine waren.
»Stellung halten!«, befahl er Delta und winkte Alpha, ihm zu folgen. Langsam ging er von einem Bedienpult der Zentrale zum nächsten. Der Platz des Kommandanten war nackt und aufgeräumt, wirkte aber, wie die meisten, abgenutzt. Jemand hatte mit nervösen Fingern an der Plastikabdeckung herumgekratzt und dabei Spuren im Material hinterlassen.
Solemani fuhr sachte mit einem Handschuh darüber. Die Mento-Rezeptoren seines SERUNS ließen ihn die Rauheit des Materials spüren, als würde er sie mit nackten Fingern berühren.
»Unsere Spionsonden haben etwas entdeckt«, meldete Duke. »Auf Deck Acht gibt es einen Transmitter unbekannter Herkunft und Bauweise.«
Auf Deck Acht befand sich vorwiegend die Schiffstechnik.
»Ich sehe ihn mir an«, sagte Solemani. »Komm, Delta.«
*
Solemani betrat den Antigravschacht und ließ sich nach unten tragen.
Der Schacht entließ ihn in eine offene Halle, in der fünf Meter durchmessende Kugeln dicht an dicht lagen. Energiespeicher.
Dahinter konnte Solemani quer liegende Antriebsteile erkennen, weitaus weniger verkapselt als in der BREISKOLL.
Wo steckt dieser Transmitter bloß?, fragte er sich und ließ sich das Ortungsbild zeigen.
»Delta, geh voran.«
Der TARA schwebte los und lotste Solemani durch die verwirrende Ansammlung an Schiffstechnologie. Etwas zerknirscht musste sich der Oberleutnant eingestehen, dass ihm dank seiner Tätigkeit mittlerweile fremde Technologie auf Anhieb vertrauter vorkam als terranische. Er brauchte jedes Mal ein paar Sekunden, um sich an sein Studium zu erinnern, dann erkannte er, womit er es zu tun hatte. Jedenfalls ungefähr.
Das Gefühl, beobachtet zu werden, verstärkte sich.
Mehrmals meinte Solemani, einen Lufthauch zu spüren, eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahrzunehmen, ein Geräusch zu hören.
Der SERUN versicherte ihm, dass dies alles nicht stimmte. Die Halle war verlassen und leer, so wie jeder Raum, den sie im Inneren der HEROLD bislang erforscht hatten.
Schließlich erreichten Solemani und der TARA einen Platz zwischen den Energiespeichern, an dem sich ein Objekt befand, das vage an einen terranischen Torbogentransmitter älterer Bauweise erinnerte.
Aber er ist definitiv kein Gerät der Liga, erkannte Solemani sofort. Er ließ dem SERUN Zeit, die Umgebung nach Störelementen abzusuchen. Irgendwie kam ihm das Gebilde wie ein Honigtopf vor, der den Bären in eine Falle locken sollte.
Delta schwebte bewegungslos neben ihm. Der TARA empfing offenbar keine Sensordaten, die auf eine Gefährdung hindeuteten. Auch der SERUN meldete nichts, das für Gefahr sorgen mochte.
Solemani ging einige zögernde Schritte auf den Transmitter zu. Das Geräusch seiner Tritte war metallen und hart.
»Ein Hybrid aus Käfig- und Torbogentransmitter, Durchmesser sechs Meter«, schilderte Solemani seine Eindrücke. »Gedacht für zwei, maximal drei Personen. Die elementare Anordnung erinnert an das, was die Akonen seit Jahrtausenden als Grundform verwenden. Aber ich sehe auch terranische Bauelemente. Hier zum Beispiel bei den unverkapselten Strukturfeldgeneratoren und den Feldemittern. Dort, wo der Quintadim-Wandler sein sollte, finde ich ein völlig fremdes Bauteil, das eine andersgeartete technische Lösung bietet.«
Solemani vergaß Zeit und Raum. Er begutachtete den Hybridtransmitter von allen Seiten und zeichnete weiter seine Eindrücke auf. Die Hybridlösung aus akonischer und terranischer Technik beeindruckte und die seltsamen Fremdteile faszinierten ihn.
Aber der Transmitter ließ sich nicht aktivieren.
Seine Spionsonden machten Aufzeichnungen von allen Seiten. Am liebsten hätte Solemani einen Technikertrupp herbeordert, der dieses Ding zerlegte, Detailanalysen anfertigte und es an Bord der BREISKOLL wieder zusammenbaute. Doch er ahnte, dass Sepheroa und Rhodan damit nicht einverstanden wären. Die Führungsspitze des Schiffs wollte von Duke und ihm wissen, ob auf der HEROLD Leben in Gefahr waren. Wenn nicht, würde die BREISKOLL so rasch wie möglich ihren Weg in Richtung Rudyn fortsetzen. Das war das übergeordnete Ziel.
Er seufzte, aktivierte den Funk und fragte: »Wie sieht es bei dir in der Zentrale aus, Duke?«
»Die Positronik ist alt und störrisch«, antwortete sein Freund.
»Soll das heißen, dass du keinen Zugriff auf sie bekommst?«
»Das habe ich nicht behauptet.«
»Musst du's unbedingt immer so spannend machen?«
»Die Positronik ist mehr oder weniger eine leere Hülle. Die Datenbanken sind leer, alle Speicher gelöscht. Du weißt, dass sich immer Spuren finden und auskratzen lassen, aber ...«
»... aber das kostet Zeit.«
»Abgelehnt«, mischte sich Rhodan in die Unterhaltung ein. »Die HEROLD mag ein interessantes Objekt sein. Vor allem über diesen Transmitter würde ich sehr gerne mehr wissen. Wie gelangte ein solches Fremdobjekt an Bord? Was ist mit der Besatzung geschehen? – Aber wir haben andere Prioritäten. Das Ephelegonsystem wartet.«
»Gebt uns acht Stunden, damit wir die unzugänglichen Bereiche der HEROLD öffnen und durchsuchen können.«
»Das ist ein netter Versuch, Solemani.« Rhodan hüstelte leise. »Ich weiß ganz genau, wie rasch sich ein Hundertmeter-Kugelraumer mithilfe von Spür- und Spionsonden durchsuchen lässt. Du willst bloß mehr Zeit rausschlagen, um dir den Transmitter ansehen zu können. Und Duke hat vermutlich Ähnliches mit der Positronik vor.«
Verdammt. Erwischt.
»Sechs Stunden sollten es schon sein, Perry. Bitte!«
»Meinetwegen. Ich weiß ja, was wissenschaftliche Neugierde ist. Aber danach möchte ich zwei Tage lang meine Ruhe vor euren und Tengas Anregungen haben, verstanden? Ihr verhaltet euch ruhig und beschäftigt euch still.«
»Wenn's denn sein muss ...«
»Dann an die Arbeit! Euer Countdown läuft. Ihr habt noch fünf Stunden und achtundfünfzig Minuten.«
*
Nichts. Nichts. Nichts.
Wo immer sie ansetzten, in welche Richtung sie forschten – Duke und Solemani kamen zu keinen Ergebnissen.
»Wenig Spuren von der alten Besatzung«, hielt Solemani seine Beobachtungen fest. Der Speicherkristall drehte sich vor ihm in der Luft, während er die Worte festhielt. »Noch weniger Hinweise darauf, warum sie die HEROLD hätten verlassen sollen. Die Hyperfunksendeanlage könnte den Ruf seit zwei Tagen abstrahlen, aber auch seit zweihundert Jahren. Kein Speichermedium ist aktiv, es gibt keinerlei Aufzeichnungen der Bordpositronik über ihre Umtriebe. Wir wissen nicht mal, warum die Temperatur im Schiff auf null Grad gedrosselt wurde, dafür aber die Schwerkraftaggregate noch aktiv sind.«
»Wir brauchen mehr Zeit«, brummelte Duke über Funk. »Niemand kann seine Spuren perfekt verwischen. Gib mir zwei Wochen, und ich liefere dir jede Information, die jemals mit der HEROLD in Zusammenhang stand.«
»Wir haben diese Zeit nicht.« Solemani seufzte. »Pack dein Zeugs zusammen, wir brechen ab. Wir treffen uns in fünfzehn Minuten an der Schleuse.«
Duke murmelte eine Bestätigung. Solemani schaltete alle Funkverbindungen aus und sah sich im Maschinenraum um. Er wollte für einige Sekunden allein sein und die Technik des Hybridtransmitters auf sich wirken lassen. Ein letztes Mal.
Ein Ächzen irritierte ihn, er zuckte zusammen.
An Bord der HEROLD gab es keine Geräusche. Nur ab und zu das leise Sirren einer übereifrigen Spionsonde, die zu schnell unterwegs war, oder einen leisen Klingelton, mit dem einer der TARAS auf sich aufmerksam machte.
Was er gehört hatte, war etwas anderes. Eine Art Seufzen. Das eines lebenden Wesens.
Solemani ging einige Schritte auf das Energiereservoir zu seiner Rechten zu. Er umrundete den kugelrunden Behälter. Dahinter lagen die Bereitschaftsquartiere jener Besatzungsmitglieder, die in den Versorgungsbereichen von Deck Acht Dienst getan hatten.
Er blickte in einen abgedunkelten Gang. Das Licht des SERUNS reichte etwa zwanzig Meter weit und zeigte ihm Türen, die nach links und rechts abgingen.
»Nichts«, sagte Solemani leise, bloß um seine eigene Stimme zu hören. »Natürlich ist da nichts. Wir haben dieses verfluchte Schiff dreimal vermessen und absuchen lassen. Die Sonden ...«
Eine Gestalt betrat, aus dem Nichts kommend, den Gang. Ein Terraner. Uralt. Gebückt ging er dahin und ließ dabei die Füße über den Boden schleifen, als wäre er sich seines Tritts nicht sicher.
Der Mann mit dem schlohweißen Haar sah abrupt in Solemanis Richtung und machte einige sonderbare Handbewegungen. Ihre Blicke trafen sich. Der Alte schlurfte weiter, auf die rechte Wand des Ganges zu – und verschwand darin. Er durchquerte sie, einfach so.
Wie ein ... Geist.
*
»Hoch erhoben sich
Drei Triumvirn.
Die Furchtbaren wurden sie genannt.
Es brachten den Untergang
Drei Triumvirn.
Die Namen, merke sie wohl:
Perry Rhodan, der Verführer.
Adam von Aures, der Verderber.
Gaumarol da Bostich, der Todbringer.«
aus: Chroniken der Zuflucht:
Gesänge des Untergangs