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Jill Lark zwang sich zum Langsamgehen. Obwohl es sie drängte, zu rennen, war ihr klar, dass sie sich beherrschen musste, wenn sie eine Chance haben wollte, aus der hoffnungslos verfahrenen Situation herauszukommen.

Sie begriff, dass ihre Flucht viel zu spät kam, aber noch war Zeit, verlorenes Terrain wiedergutzumachen. Jetzt ging es vor allem darum, aus der Stadt zu verschwinden, auf Nimmerwiedersehen.

Sollten sie doch den Toten in ihrer Wohnung finden und das Geschehen rekonstruieren! Sollten sie ihr doch die Morde an Ronny Tackers und Lester McPartland anhängen! Mit einem Koffer voll Dollarnoten, mit sieben Millionen Dollar im Rücken, hatte sie gute Aussichten, ihren Gegnern ein Schnippchen zu schlagen.

Sie öffnete die Garage, hastete auf den Allegro zu und öffnete dessen Tür.

„Ich habe Sie erwartet“, ertönte eine Stimme aus dem Dunkel.

Die Stimme gehörte Bount Reiniger.

Jill Lark schloss die Augen. Sie musste also noch einmal töten. Ein letztes Mal... oder würde es so weitergehen, scheinbar endlos?

Bount löste sich aus dem Dunkel. Er zog ein Päckchen Pall Mall aus der Tasche. „Rauchen in der Garage verboten“, sagte er, „wir sollten ins Freie gehen.“

Jills Blick schoss zur Sandkiste, Bount lachte. Jill Lark zuckte zusammen. Sie begriff, dass sie sich mit ihrem Blick verraten hatte.

Jill trat vor das Garagentor. Bount folgte ihr. Er zündete sich die Pall Mall an und sagte:

„Ich habe mit dem Hausmeister gesprochen. Von ihm erfuhr ich, wo Sie Ihren Wagen abgestellt haben. Ich bin hergekommen, um mir die Garage einmal anzusehen. Garagen stecken oft voller Geheimnisse, wissen Sie. Als ich dabei war, mir Ihren Wagen vorzuknöpfen, hörte ich Schritte, gleich darauf drehte sich ein Schlüssel im Schloss. Genügt Ihnen diese Erklärung?“

„Mir genügt es, zu wissen, dass Sie Hausfriedensbruch begangen haben“, zischte Jill Lark.

Bount hielt ihr das Päckchen Pall Mall unter die Nase. „Rauchen Sie?“, fragte er.

„Ja, aber ich habe meine eigene Sorte“, sagte Jill Lark und öffnete ihre Handtasche. Sie griff hinein. Fast gleichzeitig zuckte Bounts Hand nach vorn. Jill Lark stieß einen Schrei aus, als er ihr die Pistole entwand.

„Sie wollten mir Feuer geben, wie ich sehe“, spottete Bount. „Ihnen ist entgangen, dass meine Zigarette bereits brennt.“

„Ich hatte nicht vor, auf Sie zu schießen“, murmelte Jill Lark, der es schwer fiel, ihre flatternden Nerven im Griff zu behalten. „Ich wollte Sie nur auf Distanz halten.“

Bount beschnupperte die Waffenmündung. Sein Gesicht wurde ernst. „Das Ding ist benutzt worden, vor weniger als einer halben Stunde, würde ich sagen“, stellte er fest.

Jill Lark schwieg, Ihr fiel einfach nichts mehr ein. Sie war mit ihren Kräften am Ende.

„Ich warte“, sagte Bount.

„Geben Sie mir eine Zigarette“, bat Jill

Bount folgte der Aufforderung. Sie inhalierte tief, legte den Kopf in den Nacken und blies den Rauch in die Luft. „Ich habe mich falsch verhalten“, sagte sie, „Ich hätte von Anbeginn auf das richtige Pferd setzen sollen. Schließlich sind Sie früh genug in mein Leben getreten, Bount. Ich darf doch Bount sagen?“

„Ich kann nicht behaupten, dass ich mich geschmeichelt fühle“, erklärte Bount. „Auf wen haben Sie geschossen?“

Das Mädchen lachte kurz. Es klang hysterisch. „Nicht doch, Bount“, sagte sie. „Das ist ein klarer Bruch in Ihrer sonst so vorzüglichen Logik. Sie halten mich für eine Giftmörderin, nicht wahr? Wer mit Gift arbeitet, schießt nicht.“

„Sie sind in der Wahl Ihrer Mittel keineswegs zimperlich“, stellte Bount kühl fest.

„Das hat seine Gründe, Bount. Es geht für mich um ungeheuer viel. Um sieben Millionen.“ Sie lachte erneut. „Ich wollte nicht teilen, nicht mit Lyonel. Deshalb habe ich dafür gesorgt, dass er aus dem Verkehr gezogen wurde. Nur hatte der Killer leider nun den Einfall, mich erpressen zu wollen. Ja, ich habe ihn umgelegt. Mit dieser Pistole. Hätten Sie an meiner Stelle anders gehandelt, Bount?“

Bount war plötzlich davon überzeugt, dass die von ihren Kollegen als ungemein intelligent gelobte Jill Lark aufgehört hatte, die Kontrolle über ihre Äußerungen und über ihr Denken und Handeln zu behalten.

„Ich mache jetzt reinen Tisch, Bount“, sagte sie. „Ja, ich habe Ronny vergiftet, ich wusste auch, wie er heißt. Er hat mir vertraut. Das war sein Fehler. Er war einfach nicht mein Typ. Mit Ihnen wäre das anders gelaufen. Ich muss zu einem Mann aufblicken können. Bei Ihnen kann ich das. Die anderen, Ronny, Oliver und Lyonel, waren meine Marionetten. Keiner hat begriffen, wozu ich fähig bin. Sie wissen es, sie kann ich nicht austricksen. Das macht Sie für mich zum Größten, Bount.“

„Lassen Sie uns gehen.“

„Wohin?“

„Zu meinem Freund Toby Rogers. Er interessiert sich für Ihre Geschichte.“

„Langsam, Bount. Wer ein paar Millionen mit Füßen tritt, ist ein Narr. Ich bin bereit, mit Ihnen zu teilen. Was halten Sie davon?“

„Sie können nicht teilen, was Ihnen nicht gehört“, sagte Bount.

„Das Geld gehört mir. Mir allein. Ich habe dafür alles aufs Spiel gesetzt.“

„Haben Sie mir kürzlich die Wahrheit erzählt?“

„Welche Wahrheit?“, fragte Jill Lark. „Es gibt so viele!“

„Wo liegt der Mann, den Sie niedergeschossen haben?“

„In meiner Wohnung. Ich habe zunächst erwogen, ihn verschwinden zu lassen. Es ist unmöglich. Haben Sie schon mal versucht, eine Leiche zu bewegen? Natürlich hätte ich mir Hilfe holen können, schließlich bin ich in der Lage, dafür zu zahlen, aber diesem Risiko wollte ich mich nicht aussetzen. Ich wollte mit keinem zweiten McPartland bekannt werden, verstehen Sie. Eines freilich ist mir klargeworden. Ein solches Ding dreht man nicht allein. Man braucht einen Partner. Einen, auf den Verlass ist. Einen wie Sie, Bount.“

„Lassen Sie uns gehen.“

„Wir können bei mir zu Hause alles in Ruhe besprechen. Wir nehmen ein paar Drinks und dann ... dann besiegeln wir unsere Freundschaft, nicht wahr?“, hauchte Jill Lark und trat dicht an Bount heran. „Wir werden viel Spaß zusammen haben. Ich bin eine sehr leidenschaftliche Frau.“

Bount trat zurück. „Ich schließe nur die Garage“, knurrte er. Jill wirbelte auf den Absätzen herum. Sie begann quer über den quadratischen Garagenhof zu rennen. Bount nahm die Verfolgung auf. Er hatte keine Mühe, den Abstand zu verringern. Jill Larks klappernde Absätze und der enge Rock waren für einen Sprint einfach nicht geeignet.

Jill Lark erreichte die Ausfahrt und den Bürgersteig.

„Stopp!“, schrie Bount.

Jill hörte nicht auf ihn. Sie blickte weder nach links noch nach rechts. Sie jagte wie von Furien gehetzt über die Straße.

Der Fahrer des braunen Cadillacs, der das Mädchen urplötzlich vor seinem Kühler auf tauchen sah, rammte energisch den Fuß auf die Bremse, aber der Reflex kam zu spät. Der Wagen nahm Jill Lark buchstäblich auf die Hörner. Sie wurde hochgewirbelt und krachte im nächsten Moment durch die in tausend milchige Krümel brechende Windschutzscheibe.

Bount stoppte. Er hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Bremsen kreischten. Ein Fahrer in der Wagenkette reagierte zu spät. Der Kühler seines Fahrzeuges bohrte sich in das Heck eines Volkswagens.

Der Cadillac hielt. Ein nicht mehr junger Mann kletterte verstört ins Freie und blickte sich wie hilfesuchend um. Bount begann zu rennen. Er hatte auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Telefonzelle entdeckt. „Kümmern Sie sich um das Mädchen“, rief er im Laufen. „Ich verständige die Polizei und den Notarztwagen.“

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