Читать книгу Die besten 11 Western des Sommers 2021 - Pete Hackett - Страница 16
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ОглавлениеErschöpft und zitternd vor Kälte hockte Betsy Blue im Boot und hielt sich an den Zweigen eines tief über das Ufer hängenden Busches fest. Die mit Blasen bedeckten Handflächen brannten wie Feuer und schienen die einzigen warmen Stellen ihres Körpers zu sein. Die Unterwäsche, die noch immer ihre einzige Bekleidung darstellte, war zerrissen und schmutzig und vermochte nicht, sie vor der feuchten Kälte der Nacht zu schützen.
Sie hatte das Kanu so lange gegen die schwache Strömung vorangebracht, bis ihre Kräfte erlahmten und ihre wundgescheuerten Handflächen das Ruder nicht mehr halten konnten. Da hatte sie das leichte Fahrzeug schließlich an das jenseitige Ufer gelenkt und sich dort an den Büschen festgehalten, um zu verhindern, dass sie wieder abgetrieben wurden.
Jetzt kroch blass und klamm der Morgen über den bleiern schimmernden Fluss, und Nebel dampfte in grauen Schwaden über dem Wasser.
Irgendwo kreischte schrill eine Ente und durcheilte mit hastig ruderndem Flügelschlag das graue Gespinst. Ein Otter kam zum Ufer und glitt geschmeidig mit einem leicht schlappenden Geräusch ins Nass. Ein Vogel piepste im Wald auf der anderen Seite.
Langsam erwachte der Tag.
Betsy wusste nicht, ob es die Geräusche des anbrechenden Morgens oder das Klappern ihrer Zähne waren, Jeremy Shane endlich veranlassten, die Augen zu öffnen und den Kopf zu heben.
Zunächst starrte er sie einen Moment an, ohne zu begreifen. Dann fuhr er sich mit der Hand über das bärtige Gesicht und grunzte: »Da soll mich doch gleich der Teufel holen.«
»Das wäre mir auch recht«, versetzte Betsy ärgerlich, »denn bis jetzt habe ich noch nicht feststellen können zu was du nützlich bist.«
Shane setzte sich auf.
»Wie, zum Kuckuck, kommst du denn hierher, und was hast du da an?«
Betsy verdrehte die Augen. »Oh, Gott, dachte ich’s mir doch.« Und dann berichtete sie schnell, was sich gestern nach Shanes Weggang ereignet hatte. Sie schloss mit den Worten: »Und jetzt nimm endlich das Ruder und sieh zu, dass du dieses gottverdammte Kanu weiterbekommst, oder und willst du hier auch noch die nächste Nacht verbringen?« Shane beugte sich vor und griff sich dabei stöhnend an den Kopf. Dann zog er ein rotes Blanket mit schwarzen Streifen vom Boden des Kanus hoch, das Betsy in der Dunkelheit gar nicht bemerkt hatte, und hielt es ihr mit den Worten hin: »Ich an deiner Stelle würde mir dieses Ding umhängen.«
Unwirsch riss sie ihm die Decke aus der Hand und hüllte sich zitternd vor Kälte darin ein. Währenddessen trieb Jeremy Shane das Boot vom Ufer weg und weiter den Fluss hinauf. Die Sonne ging hinter ihnen auf und vertrieb die dünnen Nebelbänke. Allmählich wärmten die Strahlen Betsys Körper, und sie begann, die Müdigkeit zu spüren. Sie legte sich auf den Boden des Kanus und verfiel in einen leichten, unruhigen Schlaf. Wie aus weiter die Ferne hörte sie den unmelodischen Gesang dieses Mannes hinter sich: »Das Land ist groß, und mein Herz ist weit. Ich habe ein Weib und ein Haus am Fluss und mach mir keine Sorgen ...«
Mein Gott, dachte Betsy in der Dämmerung ihres Schlummers, diesen Kerl scheint nichts umzubringen.