Читать книгу Die Geier mit dem Colt: Western Bibliothek: Alfred Bekker präsentiert 12 Romane - Pete Hackett - Страница 12

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Ein Weib wie aus einem dieser Magazine, die einige Leute seit neustem an der Ostküste lasen – weiße Haut, dunkelrot geschminkte Lippen, Rundungen zum Schwindligwerden. Wie ein Jägerin ließ sie ihren Blick über die Tische schweifen, während sie Stufe um Stufe nahm. Grainger wurde es warm ums Herz. Und nicht nur ums Herz.

„Zweimal die Woche tritt sie hier als Tänzerin auf“, raunte der Salooner. „Das sollten Sie sich mal anschauen, Grainger. Die Lady bringt den ganzen Laden hier zum Kochen...“

Die Frau spielte mit einem Fächer herum. Ihre rote Mähne trug sie hoch aufgesteckt, und zwar so nachlässig, als wäre ihr Haar kaum zu bändigen. Rote Strähnen hingen ihr über den weißen Nacken und die nackten Schultern. Sie trat von der letzten Stufe, ließ ihr hochgerafftes Kleid los, und wandte sich zur Theke. Für einen Moment begegneten sich ihr und Graingers Blicke. Sie hatte hellgrüne Augen. Sie lächelte, während sie auf einen freien Barhocker rutschte.

„Danke für die Auskunft!“, murmelte Grainger. „Und denken Sie an meinen Hunger.“

„Klar doch.“

Der Mann der U.S. Government Squad ging zu der Tänzerin. „Darf ich Sie zu einem Drink einladen, Ma’am?“ Er setzte sich auf den Barhocker rechts von ihr. Es war nicht seine Art in solchen Fällen lange um Erlaubnis zu fragen.

Die Schöne musterte Grainger von oben bis unten. „Warum so förmlich?“, fragte sie schließlich. „Mein Name ist Francine.“ Das Lächeln kehrte auf ihre Züge zurück. „Und mit wem habe ich das Vergnügen?“

„Grainger. Einfach Grainger.“

„Ich habe dich hier noch nie gesehen!“

„Bin auf der Durchreise.“

Sie plauderten dies und das. Der Wirt stellte dem Mann von der U.S. Government Squad ein Steak mit Bratkartoffeln und Speckbohnen hin. Grainger nahm kaum wahr, dass die Kartoffeln lauwarm und die Bohnen versalzen waren, so sehr war er in das Gespräch mit der Tänzerin vertieft; und in ihre grünen Augen.

Irgendwann beugte sie sich nahe zu ihm und strich ihm den Staub von seinem Hemd. Danach nestelte sie an dessen Kragen herum. „Dein Hemd hat ewig keine Wäsche mehr erlebt. Ich wette, du hast einen langen und anstrengenden Ritt hinter dir!“

„Ich bin einiges gewohnt!“, grinste Grainger.

„Das freut mich zu hören. Ich hatte schon befürchtet...“

„Was?“

Sie sprach nicht weiter, stattdessen winkte sie dem Salooner zu. „Zwei Drinks nach oben!“, rief sie. Das verstimmte Piano setzte wieder ein. Seine Melodie und die raue Stimme der Frau passten zueinander. Francine nahm Grainger an der Hand und zog ihn mit sich zur Treppe, die Stufen hinauf und zu einem der Tische, die dort von spanischen Wänden und großen Topfpflanzen abgeschirmt standen. Von unten hatte Grainger sie nicht sehen können. Sie setzten sich nebeneinander.

Grainger musterte ihr Profil. Eine aufregende Frau, weiß Gott! Er hatte das Feuer in ihren meergrünen Augen gesehen. Ein wildes Verlangen, das ansteckend wirkte. Der Salooner brachte eine Flasche und zwei Gläser und knallte sie auf den Tisch. Er zwinkerte France zu und verdrückte sich wieder.

„Du bist kein einfacher Cowboy“, sagte Francine. Sie strich sich eine Strähne ihrer feuerroten Haare aus der Stirn. „Auch nicht irgendein dahergelaufener Vagabund.“ Sie beugte sich etwas vor, so dass ihr Dekolletee einen berauschenden Einblick bot. Dazu ihre Stimme mit diesem leicht rauchiges Timbre, dass Grainger so schätzte – sein Blut begann zu sieden, und die Strapazen des langen Ritts waren wie weg geblasen. Seine Lebensgeister meldeten sich mit Nachdruck, und er beschloss, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden.

„Wie gesagt, ich bin auf der Durchreise und will nach Oklahoma.“

„Hast du was ausgefressen?“

„Wie kommst du darauf, meine Schöne?“ Er begann ihr Haar zu streicheln.

„Die meisten, die es ins Indianergebiet zieht, haben irgendetwas auf dem Kerbholz. Aber mir soll das gleichgültig sein.“ Ihre Hand berührte seinen Arm, ihre Finger zeichneten den Verlauf seiner Unterarmvenen nach. „Du bist ein ganz besonderer Kerl, Grainger. Das habe ich gleich gesehen, als du hereingekommen bist...“

Er konnte sich nicht erinnern, sie beim Eintritt in den Saloon oben an der Treppe gesehen zu haben. „Dein Ruf ist aber auch nicht von schlechten Eltern“, sagte er. Seine Hand erreichte ihren Nacken. Francine ließ sich sein Streicheln gefallen.

„Nicht übertreiben, Grainger!“

„Immerhin spricht man auch in Dodge von dir und deinen Tanzkünsten!“ Und Verführungskünsten, hätte er fast hinzu gefügt, verkniff sich aber.

Sie lachte hell auf. „Slim Lee, der Besitzer des Dead Apache, stimmt’s? Er versucht schon seit ewigen Zeiten, mich für seinen Saloon abzuwerben! Aber da kann er lange warten! Mir gefällt es hier ganz gut.“

„Kennst du einen Mann namens Maxwell?“ Grainger schoss die Frage ab wie eine Kugel aus dem Hinterhalt. „Er müsste vor ein paar Monaten hier in der Gegend gewesen sein!“

Das Lächeln verschwand aus ihren Zügen, ihr Gesicht wurde ernst. „Ich habe ein sehr schlechtes Namensgedächtnis, weißt du?“

„Er wollte zum Kiowa Creek reiten, jemand hat ihn hier in Liberal mit dir zusammen gesehen.“

Ärger verzerrte ihre Meine. „Hör zu, Mann! Ich dachte, du wärst an mir interessiert – und jetzt fängst du an mir Löcher in den Bauch zu fragen! Ich kenne kleinen Maxwell! Oder warte mal...“

Sie zögerte, senkte den Blick, als würde sie in ihrem Gedächtnis kramen, und sagte schließlich: „Doch, ja. Da war vor einiger Zeit ein Kerl hier in Liberal, der so hieß, Maxwell, genau. Aber der ist mir nicht besonders deutlich in Erinnerung geblieben.“ Sie rückte näher an ihn heran und strich ihm über den Oberarm. „Bei dir wird das bestimmt ganz anders sein.“ Sie drückte ihren Schenkel an seinen.

„Schon möglich.“ Grainger legte seine Hand auf ihr Knie. „Versuch dich zu erinnern, Schätzchen. Wohin wollte dieser Maxwell?“

„Bist du ein Marshall oder so etwas?“ Der Blick ihrer grünen Augen bohrte sich seinen. Sie schüttelte den Kopf. „Kann ich irgendwie nicht glauben....“

„Der Kerl schuldet mir Geld“, sagte Grainger.

„Ach so, verstehe...“ Erleichterung entspannte ihre Züge. „Weißt du was? Ich mache dir einen Vorschlag, Grainger.“

„Und der wäre?“

„Wir setzen unsere Unterhaltung in meinem Zimmer fort.“

„Scheu bist du wirklich nicht!“

„Gib es zu, das magst du doch!“

Grainger grinste. Vielleicht konnte er ja wirklich mehr über Maxwell erfahren, wenn er Francine in einer etwas intimeren Umgebung aushorchte. Davon abgesehen zog ihn diese Frau, und wie sie ihn anzog! Das Feuer in ihren Augen erregte ihn nicht weniger, wie ihre Stimme und der Geruch ihres Parfums. Die Flamme des Begehrens loderte wild in ihm auf. „Einverstanden!“, sagte er.

„Ich schätze, du hast deinen Gaul noch vor dem Saloon festgemacht?“

„Richtig.“

„Bring ihn erst weg. Hundert Yards weiter findest du einen Mietstall. Mein Zimmer ist im Obergeschoss, Nummer 12. Komm einfach dort hin.“ Sie küsste ihn auf den Mund. „Ich warte auf dich!“

Sie stand auf und rauschte davon. Seine Antwort hatte sie gar nicht erst abgewartet. Offenbar war sie sicher, dass Grainger ihr eindeutiges Angebot nicht ausschlagen würde. Doch keine Professionelle? Sonst hätte sie ihm doch einen Preis genannt, oder?

Der Mann der U.S. Government Squad sah ihr nach wie sie über die Zimmerflucht tänzelte. Der Saum ihres knöchellangen Kleides streifte über den Boden. Vor einer Zimmertür blieb sie stehen, warf ihm eine Kusshand zu, schloss die Tür auf und verschwand dahinter.

Grainger erhob sich und schnappte sich sein Gepäck und sein Gewehr. Er stieg die Treppe in den Saloon hinunter und trat durch die Schwingtüren ins Freie. Draußen war es in der Zwischenzeit bereits dunkel geworden. Die Sonne hatte sich längst hinter dem Horizont verkrochen, die ersten Sterne funkelten über der Main Street von Liberal.

Ein dunkler Schatten schälte sich plötzlich aus dem Dunkel einer Seitengasse. Eine Gestalt tat einen Schritt nach vorn, und das Mondlicht fiel auf ein Gesicht mit stark ausgeprägten Augenbrauen und einem dunklen Vollbart. Der Kerl trug einen Zylinder, unter seinem Frack hing ein Patronengürtel mit zwei Revolvern.

Er stieg auf den Bürgersteig, blieb kurz stehen, musterte Grainger auf irgendwie unangenehme Weise, sagte aber kein Wort, grüßte nicht einmal, sondern lehnte sich schweigend neben dem Salooneingang an die Holzfassade und zündete sich einen Zigarillo an.

Grainger ignorierte ihn. Er packte Waffe und Mochila auf sein Pferd, stieg in den Sattel und ritt die Main Street hinunter, bis er den Mietstall fand. Er überzeugte sich davon, dass sein Gaul ordentlich untergebracht und versorgt wurde. Danach machte er eine Anzahlung und ging zurück zum Saloon. Den Sattel ließ er im Mietstall, Satteltaschen und Winchester nahm er mit. Als er den Saloon erreichte war der Frackträger verschwunden. Ein ungutes Gefühl beschlich Grainger.

Die Geier mit dem Colt: Western Bibliothek: Alfred Bekker präsentiert 12 Romane

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