Читать книгу Die Geier mit dem Colt: Western Bibliothek: Alfred Bekker präsentiert 12 Romane - Pete Hackett - Страница 20

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Sie forderten ihn auf, sein Pferd zu satteln und aufzusitzen. Die Reiter nahmen Grainger in ihre Mitte. Wenigstens verzichteten sie darauf, ihm die Hände auf den Rücken zu fesseln. Ein gefesselter Reiter war ein langsamer Reiter, und vermutlich hatten die Männer es eilig. Unbewaffnet hätte er ohnehin keine Chance zur Flucht gehabt.

Etwa nach einer Stunde in scharfem Galopp erreichte die Gruppe eine Ranch. Der Mond war untergegangen und es war stockdunkel. Sie ritten auf einen Hof. Die meisten Fenster eines Ranchhauses waren erleuchtet. Grainger präge sich die Lage der Nebengebäude der Baracke für die Cowboys und der Scheune ein. Auch in der Cowboy-Baracke brannte Licht.

Ein Mann in Chaps und Lederweste erschien auf der Veranda und sah den Ankömmlingen entgegen. Er hielt eine Sharps Rifle im Anschlag, senkte die Waffe aber, als er die Reiter erkannte.

„N’Abend, Mister Conroy!“

„N’Abend, Hank! Wo ist Mrs. Dunworth?“

„Im Haus! Was macht der Typ hier?“

„Er nennt sich Grainger, und falls Mrs. Dunworth ihn als einen der Kerle wieder erkennt, die ihr weh getan haben, hängen wir ihn gleich am nächsten Baum auf!“

„Ich war an dem Tag, als Hughes erschossen wurde, leider nicht hier, sonst könnte ich vielleicht auch etwas dazu sagen“, knurrte der Mann, den Conroy Hank genannt hatte. „Eins ist klar: Er kommt nicht aus der Gegend, das macht ihn schon mal verdächtig!“

Conroy stieg ab und band sein Pferd am Hitchrack vor dem Haupthaus fest. Einer der jüngeren Reiter stieg Grainger den Lauf einer Winchester in die Seite. „Absteigen!“

Grainger gehorchte und schlang die Zügel seines Gauls ebenfalls um das Hitchrack. Vier der Männer führten ihn ins Haus. Conroy und Hank gingen voran. Ein Kaminfeuer brannte in einem großen Raum. Eine junge Frau stocherte mit dem Kaminbesteck in der Glut herum. Sie war in Männerkleidung gehüllt: Baumwollhosen, darüber Leder-Chaps und ein grobes Leinenhemd, wie ihre Cowboys es trugen. Das hellblonde Haar hatte sie hochgesteckt. Ein paar Strähnen fielen ihr ins Gesicht als sie sich umdrehte. Mit einer beiläufigen Bewegung strich sie die zur Seite. „Wer ist das?“, fragte sie mit Blick auf Grainger.

„Erkennen Sie ihn nicht wieder, Mrs. Dunworth? Wir haben ihn am Unterlauf des Cimarron aufgegriffen.“

Während Conroy ihr in knappen Worten berichtete, musterte Grainger die junge Frau. Er schätzte sie auf Mitte bis Ende zwanzig. Er begriff, dass sie die Besitzerin dieser Ranch sein musste. Die weite Männerkleidung konnte ihre weiblichen Körperformen nicht verstecken; jedenfalls nicht vor dem Blick eines Mannes, wie Grainger einer war. Ihre blauen Augen verrieten Entschlossenheit und innere Stärke. Die musste eine Frau wohl auch mitbringen, die sich hier draußen durchsetzen wollte. Die Winchester, die neben dem Kamin an der Wand lehnte, zeugte davon, dass sie sich auch notfalls zu verteidigen wusste.

Sie trat näher an Grainger heran. Ihre blauen Augen begegneten dem Blick des großen Mannes. Sie schluckte. „Sie haben sich geirrt!“, sagte sie. „Dieser Mann ist keiner der Männer, die mich..., die meinen Vormann erschossen haben!“

„Sind Sie sich ganz sicher, Debbie?“, fragte Conroy.

Ruckartig wandte sie den Kopf. Eine Zornesfalte erschien zwischen ihren Augen. „Nennen Sie mich nicht Debbie, Mister Conroy!“, gab sie ärgerlich zurück.

„Sorry, Ma’am.“ Conroy machte sofort einen Rückzieher. „Aber Sie sollten sich den Mann wirklich noch einmal genauer ansehen! Er kommt auf jeden Fall nicht aus der Gegend und...“

„Ich habe Augen im Kopf und leide nicht unter Gedächtnisschwund!“, schnitt Debbie Dunworth ihm das Wort ab. „Wenn ich sage, dass er nicht dabei war, dann war er nicht dabei!“

Conroy hob die Schultern. „Schon gut, ich wollte ja nur sicher gehen.“

Debbie Dunworth wandte sich nun an Grainger. „Ich hoffe, Sie hatten keine Unannehmlichkeiten, Mister...“

„Grainger!“

„Mister Conroy und einige andere Farmer, Rancher und Cowboys aus der Gegend haben sich zusammengeschlossen, um die Seuche dieser McMurdo-Bande, endlich auszurotten. Wir gehen regelmäßig auf Patrouille und versuchen, diese Banditen zu stellen, wo immer wir sie kriegen können!“

„Ich verstehe“, sagte Grainger.

„War also keine üble Absicht, Sie festzunehmen. Ich kann mich nur im Namen aller dafür entschuldigen!“

„Schon gut.“ Grainger lächelte freundlich.

„Sie haben gehört, was die Lady gesagt hat.“ Conroy blieb bei seinem rauen Tonfall. „Also nichts für ungut, Mister Grainger! Am besten, Sie verschwinden jetzt! Wir werden Sie nicht mehr behelligen!“

Conroy schnippte mit den Fingern und wandte sich an einen seiner Leute. „Gebt ihm seine Waffen zurück und dann soll er sich wieder auf seinen Gaul setzen und diese Gegend so schnell wie möglich verlassen!“

Widerwillig drehte sich einer der Kerle zur Tür. Er verschwand ins Freie und kehrte wenig später mit Graingers Revolvergurt und seiner Winchester zurück. „Hier, Mann! Deine Kanonen.“ Er knallte die Waffen auf den Tisch in der Mitte des Raums. Grainger ging zum Tisch, nahm den Gurt, und schnallte ihn um seine Hüften. Er ließ sich Zeit.

„Ich bin Ihnen was schuldig, Grainger!“, sagte Debbie Dunworth. Ihre Stimme klang etwas tiefer als zuvor. „Wenn Sie wollen, dann können Sie bei mir eine Mahlzeit bekommen!“

„Wie könnte ich die Einladung einer schönen Frau abschlagen, Mrs. Dunworth?“ Grainger lächelte sein charmantestes Lächeln.

Conroy machte eine entsetzte Miene. „Sind Sie sich im klaren, was Sie da tun, Mrs. Dunworth?“, fragte er empört und mit hochrotem Kopf. „Einfach einen Fremden im Haus bewirten! Was wissen wir denn, wo dieser Kerl herkommt, und was ihn ausgerechnet ins gesetzlose Territorium verschlägt!“

„Ich weiß, was ich tue, Mr. Conroy. Dieser Mann ist unschuldig und ihm wurde Unrecht angetan, also werde ich ihn entschädigen.“ Sie bedachte den Grauhaarigen mit einem versöhnlichen Lächeln. „Ich weiß es zu schätzen, dass Sie und ihre Männer in dieser Gegend endlich McMurdo und seinen Banditen bekämpfen wollen. Aber deswegen gleich jeden Fremden einfangen, der hier durch die Gegend kommt, erscheint mir ein bisschen übertrieben!“

„Ganz wie Sie meinen!“, knurrte Conroy. Er wandte sich Richtung Tür. Grainger fiel auf, dass er seine Fäuste ballte. Auf der Schwelle blieb der Rancher stehen und drehte sich noch einmal herum. „Wir treffen uns morgen Mittag an der Biegung des Red Creek. Einige Ihrer Männer wollten sich uns anschließen. Sagen Sie denen bitte Bescheid, wo sie uns finden!“

„Sie wollen rüber nach Oklahoma?“, fragte Grainger. „Sie wollen wirklich ins Indianerterritorium reiten und McMurdo auf eigene Faust das Handwerk legen?“

„Was geht Sie das an?“, blaffte Conroy.

„Ich fürchte, Sie überschätzen sich; Conroy. Es hat vor ein paar Monaten schon mal eine Strafexpedition der Army gegeben. Am Schluss gab es ein paar tote Soldaten. Mehr kam dabei nicht heraus!“

„Pah!“, machte Conroy. Über die Schwelle hinweg spuckte er in die Dunkelheit hinaus. „Strafexpeditionen nennen Sie das? Eine Schwadron von gerade mal vierzig Mann hat Washington geschickt! Und die gehörte nicht einmal zu den besten Einheiten der US-Kavallerie! Nicht mal zwanzig kehrten nach Kansas zurück!“

„Weil McMurdos Leute sie niedergemacht haben“, sagte Grainger.

Conroy lachte heiser. „Wer weiß, wie viele einfach zu den Oklahoma-Wölfen übergelaufen sind! Bei dem jämmerlichen Sold, könnte ein ungefestigter junger Bursche schon mal auf die Idee kommen, seinen Blaurock auszuziehen und auf McMurdos Seite zu kämpfen.“

Grainger musste im Stillen zugeben, dass diese Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen war – auch wenn die Regierung das nicht wahr haben wollte. Ein einfacher Soldat bekam einen Soldat von 50 Cent am Tag. 50 Cent! Selbst ein Cowboy verdiente das Doppelte. Vielleicht war es McMurdo tatsächlich gelungen, einen Teil des Schwadrons einfach abzuwerben.

„Sonst noch Fragen, Grainger?“ Böse funkelte Conroy den großen Mann an. Da Grainger nicht antwortete, drehte er sich um verließ das Haus. Seine Männer folgten ihm. Die meisten grüßten scheu in Richtung der schönen Hausherrin. Kurz darauf entfernte sich der Hufschlag ihrer Pferde.

„Ich weiß nicht, was Sie über McMurdo und seine Bande wissen, Grainger“, begann Debbie. „Sie sind gefährlich. Kaltblütig, grausam und gefährlich.“

„Sie sagen mir nichts Neues, Mrs. Dunworth. Ich habe eine Rechnung mit McMurdo offen und werde dafür sorgen, dass ihm das Handwerk gelegt wird, Mrs. Dunworth.“

„Nennen Sie mich Debbie!“, sagte sie ohne eine Spur der anfänglichen Härte. Freundlich und mild gab sie sich auf einmal.

„Sie haben keine Angst, dass Conroy vielleicht doch Recht haben könnte und ich zu McMurdo und seiner Bande gehöre?“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann Menschen gut einschätzen, Grainger. Und ich glaube Ihnen.“ Sie musterte ihn. „Nur eins glaube ich Ihnen nicht.“

„Was?“

„Dass es nur Hass oder eine offene Rechnung ist, die Sie in den Süden zieht.“

„Was sollte es sonst sein?“

„Keine Ahnung. Ich habe schon überlegt, ob Sie ein Marshal oder etwas in der Art sind. Aber dann hätten Sie Conroy gegenüber einfach Ihren Stern präsentiert.“

„Sie wissen es nicht, und ich sage es nicht.“ Grainger sah ihr in die Augen. Blau, dunkelblau. „Belassen wir es einfach dabei, okay?“ Ihre Blicke hielten einander fest, und für ein paar Atemzüge schwiegen sie beide. Diesmal war es Grainger, der schlucken musste. Die Frau sorgte für jenes Kribbeln auf dem Zwerchfell, gegen das er so machtlos war. „Sie sind hier der Boss, Ma’am?“

Sie nickte. „Ich habe das mir nicht ausgesucht. Vor zwei Jahren haben einige von McMurdos Revolvermännern meinen Mann erschossen, weil er sich geweigert hat, diesen Hunden die Abgabe zu zahlen, die sie von ihm verlangt haben!“ Sie zuckte die Achseln. „Wahrscheinlich dachten die, dass ich die Ranch aufgebe. Aber da haben diese Mistkerle sich geschnitten! Nur eine Kugel im Kopf könnte mich dazu bringen, das hier alles aufzugeben!“

„Sie sind mutig!“, sagte Grainger bewundernd.

„Conroy hat mir einen Antrag gemacht. Er würde mich gerne heiraten, aber ich liebe ihn einfach nicht.“ Sie seufzte. „Bis jetzt haben wir überlebt.“

Die Auskunft überraschte Grainger nicht. „Es war die Rede davon, dass ihr Vormann vor kurzem erschossen wurde!“

Sie nickte. „Ja, ich war allein mit ihm hier auf der Ranch. Die anderen Männer waren bei der Herde. Da kamen ein paar Kerle, und wollten mich zwingen, die Abgabe zu zahlen. Das ist schon ‚ne gute Woche her. Einer der Männer hatte nur ein Auge. Sie haben mir sämtliche Pferde aus dem Stall geholt und alles an Bargeld mitgenommen, was sie im Haus finden konnten. Zwei der verfluchten Mistkerle wollten mich...“

Sie wurde bleich und senkte den Kopf. Für einen Moment sah es aus, als würde sie losheulen. Doch sie schluckte und beherrschte sich. „Mein Vormann ging dazwischen. Sie haben ihn einfach über den Haufen geschossen.“ Bitterkeit klang aus ihren Worten. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt.

„Der Einäugige hat seine Strafe bekommen“, sagte Grainger leise. „Er starb bei einem Gefecht, dass ich vorgestern in Liberal mit dieser Bande hatte.“

„Dann scheint es doch so etwas wie Gerechtigkeit zu geben“, sagte sie mit diesem hart klingenden Unterton, der Grainger anfangs an ihr aufgefallen war. Sie wirkte nachdenklich, schwieg wieder einige Augenblicke lang, und sah dann zu ihm auf. „Wenn Sie nach Süden gehen, dann reiten Sie genauso Ihrem Tod entgegen wie Conroy und die Narren, die ihn begleiten!“

„Es gibt da einen Unterschied zwischen mir und Conroy“, sagte Grainger.

„So?“

„Ich bin kein Narr!“

„Wenn Sie wollen, können Sie die Nacht über hier bleiben.“ Sie trat nähe an Grainger heran. Sorgfältig musterte sie das Revers seiner Jacke, sein Gesicht, seine Hände. „Ich glaube, Sie brauchen dringend ein Bad!“

„Da sage ich nicht nein.“

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