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Am Waldrand drehte Winterblüte sich ein letztes Mal um. Auf der anderen Seite des Flusses standen sie am Ufer und zwischen den Tippis. Manche winkten. Ihre Schwester und ihr jüngster Bruder zum Beispiel, die einzigen aus ihrer Familie, die das Massaker überlebt hatten.

Ihren ältester Bruder hatten sie gestern den Flammen und dem Großen Geist übergeben. Zwei Tage zuvor war er an seinen Schussverletzungen gestorben. Winterblüte hob die Rechte und winkte zurück. Danach drehte sich sie um und ging in den Wald hinein.

Die Kiowa-Squaw trug ein braunes Lederkleid, das ihr bis zu den Knien reichte. Um die schmale Taille hatte sie sich ein Army-Holster mit einem langläufigen Navy Colt geschnallt – Timmy Maxwells Waffengurt und Timmy Maxwells Revolver. Ein langes Bowie-Messer hing in einem Lederfutteral an ihrem Gürtel. Das blauschwarze Haar trug sie zu zwei Zöpfen geflochten.

Sie zog zwei Pferde hinter sich her. Proviant, Waffen und Gepäck hatte sie auf dem Rücken des Rappen verstaut, auf Timmy Maxwells Pferd. Den ungesattelten Schecken hatte sie dem Häuptling abgeschwatzt. Ihn würde sie reiten.

Der Häuptling wollte sie lange nicht ziehen lassen. Wieder und wieder hatte er Schwarzer Büffel den Großen Geist anrufen lassen. Schwarzer Büffel hatte nicht verraten, was er im Rauch seiner Pfeife gesehen hatte. Nach jeder Beschwörung sagte er das Gleiche: „Winterblüte hat dem Großen Geist Rache geschworen, also müssen wir Winterblüte ziehen lassen.“

Etwa bis zum Mittag zog sie die Pferde hinter sich her. Immer wieder blieb sie stehen, prüfte abgeknickte Äste, abgerissenes Laub, Pferdekot, Hufabdrücke im Waldboden. Über zwanzig Reiter hinterließen so viele Spuren, dass eine Kiowa ihnen auch nachts hätte folgen können.

Als Winterblüte sicher war, die Fährte der Bande gefunden zu haben, schwang sie sich auf den Schecken. Die Fährte war sieben Tage alt. Eine Zeitlang folgte sie ihr entlang eines Wildpfades. Gegen Abend kreuzte der Pfad einen Reitweg, wie ihn viele Winter zuvor die Blauröcke des Weißen Mannes benutzt hatten. Die Spuren der Mörder mündeten in den Weg und führten nach Norden.

Winterblüte schlug ihr Lager im Schutz des Wurzelgeflechts einer vom Sturm umgerissenen Eiche auf. Sie schlief rasch ein. Die Morgensonne weckte sie. Sie aß Beeren und getrocknetes Büffelfleisch und trank Wasser aus einem Lederschlauch. Danach folgte sie dem Reitweg nach Norden.

Am Nachmittag erreichte sie eine Anhöhe. Wasservögel flogen vorüber, und Winterblüte wusste, dass der Cimarron nicht mehr weit sein konnte. Vielleicht einen halben Tagesritt, vielleicht nicht einmal das.

Im Südwesten entdeckte sie eine Rauchfahne. Ein offenes Feuer? Der Kamin eines Farmhauses? Sie stieg ab und betrachtete die Fährten. Einige Spuren führten nach Norden zum Cimarron, die meisten nach Südwesten. Hatten sich die Banditen also geteilt. Winterblüte hörte auf die Stimme ihres Herzens: Sie stieg auf ihren Schecken und folgte den Spuren nach Südwesten.

Zwei Stunden später wusste sie mehr: Die Rauchfahne stieg vom Haupthaus einer Ranch auf. Sie band die Pferde in einem Kieferwäldchen fest und schlich sich an die Ranch heran. Im hohen Gras der offensichtlich nicht mehr benutzten Weiden wagte sie sich bis an den morschen Zaun vor dem Ranchhof.

Das Dach der Scheune war eingestürzt. Dennoch hörte Winterblüte das Schnauben von Pferden aus ihr. Die Fenster des Hauptgebäudes waren zerbrochen, die Brüstung vor der Veranda eingerissen. Büsche wuchsen entlang den Fassaden, auf dem Hof wucherte das Unkraut kniehoch.

Eine aufgegebene Ranch. Aber keine gänzlich verlassene: Aus dem Kamin stieg Rauch, aus dem Haus hörte sie Gelächter, in der Scheune standen Pferde.

Zwei Stunden verharrte sie im Gras vor dem Zaun. Dann kamen endlich zwei Männer hinaus auf die Veranda. Sie rauchten und sprachen leise miteinander. Beide trugen lange, graue Mäntel, einer einen schwarzen Stetson, der zweite den blauen Hut der Blauröcke. Dieser hatte einen blonden Kinnbart, und blonde Haarsträhnen hingen ihm über die Ohren und den Mantelkragen.

Timothy Maxwells Mörder.

Die Geier mit dem Colt: Western Bibliothek: Alfred Bekker präsentiert 12 Romane

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