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Noch vor Sonnenaufgang saß Grainger wieder ihm Sattel. Am frühen Vormittag erreichte er Fort Roscoe. Es lag auf einer Anhöhe. Von den Palisaden aus konnte man die gesamte Umgebung überblicken.

Rund um das Fort hatte die Army den Wald gerodet, um herannahenden Gegnern keinerlei Deckung zu bieten. Inzwischen hatte sich die Pflanzenwelt dieses früher als freies Schussfeld dienende Gebiet längst zurückerobert. Überall wuchsen Sträucher, kleine Bäume und ähnliches. Eine Buschlandschaft, die mehr als genug Deckung bot.

Grainger band sein Pferd im Wald fest. Er kletterte in den Waldhang hinein und dort auf eine felsige Erhebung, die an einer Stelle die Baumwipfel überragte. Mit dem Fernglas beobachtete er von dort aus das Fort und die baufälligen Häuser vor dem Tor. Was er zu sehen bekam, bestätigte nur, was er längst wusste: Einzelne Reiter und kleine Gruppen von McMurdos Männern ritten in das Fort hinein, einzelne Reiter und kleine Gruppen von Reitern verließen es. Viele trugen die langen grauen Mäntel, die ihm schon an den Revolvermännern in Liberal aufgefallen waren.

Ein Geräusch hinter ihm ließ ihn aufhorchen. Huschte ein Tier durch das Unterholz? Spielte der Wind mit dem Geäst des Haselnussbusches? Plötzlich flog ein dunklen Schatten aus dem Gebüsch, das Gewicht eines menschlichen Körpers prallte auf seinen Rücken, ein Messer glänzte in der Sonne.

Das Gewicht des Angreifers drückte Grainger zu Boden. Dennoch gelang es ihm sich auf den Rücken zu werfen. Die Klinge hob sich zum tödlichen Stoß, blitzschnell packte Grainger zu, umfasste ein schmales Handgelenk und drückte zu.

Er blickte in ein Frauengesicht. Eine zierliche, aber unglaublich starke Indianerin saß auf ihm und versuchte mit aller Kraft, ihm ihr langes Bowiemesser in den Körper zu rammen. Grainger konnte die Kraft ihres Stoßes zur Seite ablenken. Den Schwung nutzte er, um sie von sich hinunter zu stoßen. Rasch gewann er die Oberhand. Er hielt ihre Arme fest. Vergeblich versuchte sie sich zu befreien. Die Indianerin fauchte wie eine Wildkatze.

„Lass das Messer los!“, zischte Grainger. „Ich habe dir nichts getan, und habe auch nicht vor, dir etwas zu tun!“

„Mir nicht – aber meiner Familie! Ihr habt sie einfach niedergeschossen!“

Grainger begriff. „Du bist die Squaw, die man Winterblüte nennt, nicht wahr?“ Sie unternahm einen erneuten Versuch, sich gegen die übermächtigen Kräfte des großen Mannes zur Wehr zu setzen, aber Grainger behielt die Oberhand.

Ihr Atem ging schneller. Ihre Brüste hoben und senkten sich „Das Messer weg!“, verlangte Grainger. „Ich gehöre weder zu McMurdos Bande noch will ich dir etwas anzutun – vorausgesetzt du lässt mir eine andere Wahl!“

Endlich gab sie nach und ließ das Bowie-Messer fallen. Grainger schnappte es sich. Auch den langläufigen Navy Colt zog er ihr aus dem Army-Holster an ihrem Gürtel. Sie hatte den Revolver nicht benutzt, sie wollte ihn lautlos zu töten. „Die Nähe des Forts hat mich gerettet, schätze ich“, sagte er bitter.

Sie funkelte ihn böse an und sprang auf. „Vielleicht hörst du mir erst einmal zu, bevor du Dummheiten machst.“ Grainger warf einen Blick auf den Revolver. Er drehte ihn um und betrachtete den Perlmuttkolben. Unten waren Initialen eingraviert: T.M. „Der hat Timothy Maxwell gehört, hab ich Recht?“

Ein gezielter Fausthieb in ihren Solarplexus hätte nicht wirkungsvoller sein können. Sie brach regelrecht zusammen. „Sie kennen..., Sie kennen Timmy?“

„Ja“, sagte er. „Indirekt. Der gleiche Boss bezahlt uns.“ Sie ging in die Hocke, wo sie stand, schlug die Hände vor das Gesicht und begann zu weinen.“

Er setzte sich neben sie. „Dann stimmt es also. Er war Ihr Geliebter, und er ist tot.“ Sie nickte und schluchzte noch heftiger. „Erzählen Sie, wenn Sie können.“

Grainger sah durch das Fernglas. Am Fort tat sich nichts Besonderes. Fünfzig Männer, hatte John Red Feather gesagt. Möglicherweise war das etwas tief gegriffen. Er fragte sich, wie er es anstellen sollte, mit dreißig Ranchern, Farmern und ihren Cowboys diese Schlangenhöhle dort unten auszuheben. Er legte den Arm um die Indianerin. Zum ersten Mal registrierte er, dass sie schön war.

„Krieger meiner Sippe haben Timmy gefunden...“ Schluchzend begann sie zu erzählen. „...er war verletzt gewesen, McMurdos Jäger hatten ihn am Cimarro River erwischt...“ Sie schilderte, wie sie Maxwell gepflegt hatte, wie sie ein Paar geworden waren, und wie sie heraus gefunden hatte, dass er für eine geheime Regierungsorganisation arbeitete. „Für welche, wollte er mir nie erzählen...“

„Unwichtig“, sagte Grainger. „Vergessen Sie bitte auch, dass Maxwell und ich Kollegen waren.“

„Die Bande hatte es auf ihn abgesehen“, sagte Winterblüte. „Ihn wollten sie töten, und als sie das geschafft hatten und abzogen, ließen sie außer seiner Leiche noch einundzwanzig tote Kiowa zurück.“

„Verfluchte Mörder, verfluchte!“ Grainger spähte wieder durch das Glas. Im Fort unten tat sich nichts Besonderes. Das würde sich ändern, sobald man sie oder Conroys Männer entdeckte. Die Sonne stand schon fast im Zenit, höchste Zeit ins Bell Valley zu reiten. „Eine Frau hat Maxwell verraten. Sie ist tot.“

Er erzählte von seinen Erlebnissen in Liberal, auch den Tod des Einäugigen erwähnte er. Dabei straffte sich die Gestalt der Indianerin, und in ihren dunklen Augen blitzte grimmige Genugtuung auf.

„Hören Sie, Winterblüte“, sagte Grainger schließlich. „Sind Sie als Kind eventuell mal vom Pferd gefallen?“

„Wie kommen Sie darauf, Mister...?“

„Grainger, einfach Grainger. Nun, ich frage mich, ob man nicht irgendwann in seinem Leben unglücklich mit dem Kopf irgendwo aufgeschlagen sein muss, wenn man mutterseelenallein ein Fort mit mindestens fünfzig Bewaffneten angreifen will.“

Zorn flackerte in ihren Augen auf. „Kommen Sie mit mir, Grainger.“ Sie stand auf und kletterte den Fels hinunter. Grainger folgte ihr. Nach dem Abstieg stapften sie eine Zeitlang schweigend durch das Unterholz. Irgendwann blieb Winterblüte stehen, ohne dass Grainger den Grund dafür einsehen konnte. Sie bog das Geäst eines Busches zur Seite, ein Höhleneingang wurde sichtbar.

Grainger bückte sich unter das Geäst hindurch. Hinter dem Busch standen ein Rappen und scheckiges Indianerpferd. Winterblüte ging in die Höhle. „Warten Sie hier.“

Sie verschwand im Halbdunkeln. Kurz darauf hörte Grainger Schleifgeräusche. Die Indianerin zerrte ein in eine Reitdecke geschnürtes Bündel an den Höhleneingang. Sie öffnete die Schnüre und wickelte den Inhalt der Decke auf. Grainger pfiff durch die Zähne. „Dynamit. Alle Achtung, Ma’am. Ich weiß, wo dreißig Männer darauf warten, McMurdo und seinen Banditen die Hölle heiß zu machen. Schätze, das ließe sich mit Ihrem Beitrag kombinieren...“

Die Geier mit dem Colt: Western Bibliothek: Alfred Bekker präsentiert 12 Romane

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