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1. Funktion

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Literatur:

Streit Theorie der Wirtschaftspolitik (6. Aufl. 2005); Donges/Freytag Allgemeine Wirtschaftspolitik (3. Aufl. 2009).

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Die Wirtschaftspolitik beruhte in der Entstehungsphase der Europäischen Gemeinschaft auf der Prämisse, dass marktwirtschaftliche Prozesse inhärent krisenanfällig seien und regelmäßig sowohl konjunkturelle Überhitzungsphasen als auch Rezessionen hervorbrächten. Solche Krisen wurden aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Theorie von Keynes als Ungleichgewichte zwischen dem gesamtwirtschaftlichen Angebot von Gütern und Leistungen und der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage interpretiert. Diese Ungleichgewichte wurden als Ursache für Inflationen (im Falle eines Nachfrageüberhangs) bzw. Arbeitslosigkeit (im Falle einer Nachfragelücke) angesehen. Man war der Überzeugung, dass solche Ungleichgewichte durch staatliche Steuerung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage (dh durch „Prozesspolitik“)[8] überwunden bzw. vermieden werden könnten. Stabilisierungspolitik im Sinne einer solchen „Prozesspolitik“ war an einem Zielbündel orientiert, das die Geldwertstabilität, ein möglichst hohes Beschäftigungsniveau, ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum sowie das außenwirtschaftliche Gleichgewicht umfasste. Dieses Zielbündel wurde auch in Art. 104 des ursprünglichen EWG-Vertrags von Rom aufgenommen.[9] Die Instrumente, mit denen diese Ziele im einzelnen – von den Mitgliedstaaten, koordiniert durch die Gemeinschaft (Art. 105 des EWG-Vertrags von Rom) – verfolgt werden sollten, waren vor allem solche der Geld- und Währungspolitik, der Finanz- und Haushaltspolitik, der Beschäftigungspolitik, der Wachstumspolitik und der Konjunkturpolitik. All diese Politiken sollten gezielt bestimmte makro-ökonomische Größen (insbesondere die Geldmenge, die Staatsausgaben, die Staatseinnahmen, die Wechselkurse) beeinflussen, um das gesamtwirtschaftliche Angebot und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage an einander anzugleichen („Globalsteuerung“).[10] Im Allgemeinen wurde angenommen, dass die genannten wirtschaftspolitischen Ziele nicht ohne weiteres in gleichem Maße verfolgt werden könnten, sondern dass Zielkonflikte möglich seien. Die nationalen Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten der EWG bzw. EG unterschieden sich daher nicht unerheblich hinsichtlich der relativen Gewichtung dieser Ziele sowie der Instrumente, die zu ihrer Verfolgung eingesetzt werden.

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Inzwischen ist dieser „prozesspolitische“ Ansatz der Erkenntnis gewichen, dass es keine ökonomisch hinreichend fundierte Theorie des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gibt, die eindeutige Kausalbeziehungen zwischen den für eine Globalsteuerung relevanten makro-ökonomischen Größen und den gesamtwirtschaftlichen Ergebnissen des marktwirtschaftlichen Prozesses begründen könnte. Daher fehlt es auch an einer tragfähigen Begründung für die Annahme, dem marktwirtschaftlichen Prozess seien Ungleichgewichtslagen inhärent, die durch staatliche Globalsteuerung ausgeglichen werden könnten und müssten. Und es fehlt schlicht das für eine staatliche Globalsteuerung erforderliche Lenkungswissen. Die heutige Theorie der Wirtschaftspolitik geht daher von der entgegengesetzten Annahme aus, dass marktwirtschaftliche Prozesse sich gemäß den jeweils vorhandenen Rahmenbedingungen grundsätzlich selbst stabilisieren.[11] Diese Prozesse beruhen auf der Anpassung der individuellen Wirtschaftspläne der vielen Marktteilnehmer an die ständigen Veränderungen ihrer wirtschaftlichen Umwelt.[12] Ungleichgewichte entstehen allenfalls durch Hindernisse oder regulatorische Fehlanreize, die dem individuellen Anpassungsverhalten im Wege stehen. Die Leistungsfähigkeit des marktwirtschaftlichen Gesamtsystems zeigt sich in seiner Flexibilität zur Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen.

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Dieser grundlegende Wandel des Verständnisses von Wirtschaftspolitik hat ganz erhebliche Auswirkungen auf die Instrumente, mit denen das erwähnte Zielbündel bestehend aus Geldwertstabilität, möglichst hoher Beschäftigung, ausgewogenem Wirtschaftswachstum und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht zu verwirklichen ist. Wachstum im Sinne der ständigen Erhöhung des Einkommens und Vermögens der Bevölkerung sowie ein möglichst hoher Grad an Beschäftigung sind hiernach die Ergebnisse eines funktionsfähigen marktwirtschaftlichen Systems. Das außenwirtschaftliche Gleichgewicht stellt sich ein, wenn die marktwirtschaftlichen Grundsätze auch im Außenverhältnis zur Geltung kommen. Die Geldwertstabilität gehört hingegen – ebenso wie ein rechtlich- institutioneller Rahmen – im Grundsatz zu den Funktionsvoraussetzungen dieses Systems.

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Hiernach hat die Wirtschaftspolitik in der EU die Aufgabe, zum einen den institutionellen Rahmen optimal zu gestalten, innerhalb dessen sich die marktförmigen Austauschprozesse vollziehen, denen Art. 120 S. 2 AEUV als wesentliche Wirkung den „effizienten Einsatz der Ressourcen“ zuschreibt; diesem Zweck dienen die Ordnungspolitik (dazu im Folgenden 2.) sowie in gewisser Hinsicht auch die Geldpolitik (dazu im Folgenden 3.). Zum anderen geht es um den Abbau von Hemmnissen, die dem effizienten Ablauf der Wirtschaftsprozesse im Wege stehen können, durch wirtschaftspolitische Steuerung; diesem Zweck dient in gewisser Hinsicht ebenfalls die Geldpolitik, vor allem aber die Wachstums- und Beschäftigungspolitik sowie die Finanz- und Haushaltspolitik (dazu im folgenden 4.–5.). Das alles gilt im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen sowohl für die Mitgliedstaaten als auch die Union.

Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht

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