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5. Finanz- und Haushaltspolitik

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Literatur:

Hentschelmann Der Stabilitäts- und Wachstumspakt (2009); Pilz Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt, ZEuS 2011, 282; Häde Eurorettung zwischen Exekutivprimat und Parlamentsvorbehalt (2012); Bark/Gilles Der ESM in der Praxis: Rechtsgrundlagen und Funktionsweise, EuZW 2013, 367; Oppermann Euro-Rettung und europäisches Recht, NJW 2013, 6.

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Ein wesentlicher Aspekt der allgemeinen Wirtschaftspolitik betrifft die Stabilitätsorientierung der mitgliedstaatlichen Finanz- und Haushaltspolitik. Stabilität bedeutet gem. Art. 119 Abs. 3 AEUV: „stabile Preise, gesunde öffentliche Finanzen und monetäre Rahmenbedingungen sowie eine dauerhafte finanzierbare Zahlungsbilanz“. Damit wird explizit der Zusammenhang zwischen der im Rahmen der Eurozone zentralisierten stabilitätsorientierten Geldpolitik und der nach wie vor in der Kompetenz der Mitgliedstaaten verbliebenen Finanz- und Haushaltspolitik hergestellt. Eine „unsolide“ Haushaltspolitik, dh eine übermäßige Staatsverschuldung, kann Druck in Richtung auf eine expansive stabilitätsgefährdende Geldpolitik der EZB oder gar auf monetäre Staatsfinanzierung auslösen. Um dem entgegen zu wirken, erklärt Art. 123 AEUV die Finanzierung von Staatshaushalten durch die EZB für unzulässig.

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Um etwaige Spannungen zwischen den beiden Politikbereichen zu minimieren, werden der Staatsverschuldung von vornherein Grenzen gesetzt. Art. 126 Abs. 2 stellt dafür auf das Verhältnis des öffentlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstandes zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) ab. Im Anschluss an das „Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit“[22] sind die entsprechenden Referenzwerte („Maastricht-Kriterien“) 1997 im „Stabilitäts- und Wachstumspakt“[23] definiert worden sind (danach soll das laufende Haushaltsdefizit 3% und der Schuldenstand 60% des BIP nicht übersteigen). Auf diese Weise soll die Vereinbarkeit der mitgliedstaatlichen Finanz- und Haushaltpolitik mit den stabilitätspolitischen Vorgaben der Union gesichert werden. Das in Art. 126 AEUV geregelte Überwachungsverfahren gibt der Kommission die Möglichkeit, diesbezügliches Fehlverhalten der Mitgliedstaaten festzustellen und erforderlichenfalls zu sanktionieren (wobei Vertragsverletzungsverfahren allerdings gem. Art. 126 Abs. 10 AEUV ausgeschlossen sind). Generell sind die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Schuldenfinanzierung ihrer Staatshaushalte der Disziplinierung durch den Zinsmechanismus der Kapitalmärkte ausgesetzt. Damit diese Wirkung nicht unterlaufen werden kann, ist den Mitgliedstaaten untersagt, sich bei den Zentralbanken „monetär“ zu finanzieren (Art. 123 AEUV), sich „bevorrechtigten Zugang“ zu den Ressourcen von Finanzinstituten zu verschaffen (Art. 124 AEUV) oder die Schuldenhaftung einseitig durch Verlagerung auf die Union bzw. die anderen Mitgliedstaaten zu externalisieren („bail out“-Verbot des Art. 125 AEUV) und dadurch die wahren Risiken der Kreditfinanzierung zu verschleiern. Möglich bleibt unter bestimmten Voraussetzungen allenfalls der Rückgriff auf freiwillig gewährte Kredite anderer Mitgliedstaaten (siehe dazu im Folgenden).

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Der ursprüngliche „Stabilitäts- und Wachstumspakt“ hat allerdings sein Ziel nicht erreicht. Selbst nach einer faktischen Aufweichung der Stabilitätskriterien durch die Reform von 2005,[24] ist das Überwachungsverfahren nicht konsequent angewendet worden. So konnte im Rahmen der 2008 einsetzenden allgemeinen Finanzkrise in einigen Mitgliedstaaten eine Staatsschuldenkrise von dramatischen Ausmaßen nicht verhindert werden. Die Folgen (bis hin zu einem potentiellen Staatsbankrott) wurden mit außergewöhnlichen Hilfsmaßnahmen abgemildert (zunächst in Form koordinierter bilateraler Stützungskredite von Seiten anderer Mitgliedstaaten, später durch die Errichtung eines „Rettungsschirms“ in Gestalt eines befristeten „Europäischen Finanzierungsmechanismus“ bestehend aus einer „Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität – EFSF“ und einem „Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus – EFSM“, sowie schließlich – auf der Grundlage des 2011 neu eingeführten Art. 136 Abs. 3 AEUV[25] – in Form des auf Dauer gestellten „Europäischen Stabilitätsmechanismus – ESM“ auf völkervertraglicher Grundlage).[26] Derartige freiwillige Hilfsmaßnahmen der Mitgliedstaaten sind nach Auffassung des EuGH[27] trotz des „bail out“-Verbots des Art. 125 AEUV nicht unzulässig, sofern sie für die Sicherung der finanziellen Stabilität des gesamten Euroraums unerlässlich sind und mit Auflagen versehen werden, die sich eignen, den hilfsbedürftigen Staat zu einer soliden Haushaltspolitik anzuhalten und so das Risiko des moral hazard im Hinblick auf die künftige Staatsverschuldung auszuschalten. Wenngleich die Rechtsprechung damit den Grundsatz der Konditionalität als Bestandteil des primären Unionsrechts etabliert hat, resultieren daraus nicht unerhebliche Handlungsspielräume, die von den Mitgliedstaaten vergleichsweise beliebig durch politische Kompromisse ausgefüllt werden können. Ansonsten sind gem. Art. 122 AEUV Hilfsmaßnahmen nur im Fall bestimmter Notlagen möglich.

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In der Folge dieser Rettungsmaßnahmen gab es Bemühungen, insbesondere die finanz- und haushaltspolitische Überwachung der Mitgliedstaaten erheblich effektiver zu gestalten. So werden bereits die finanziellen Stützungsmaßnahmen im Rahmen des ESM gem. Art. 3 ESM-Vertrag von Bedingungen und Reformauflagen abhängig gemacht (sog. Konditionalität). Im Falle von Staatsschuldenkrisen wie sie die Eurozone seit 2010 erfahren muss, ist auch die EZB an etwaigen Rettungsmaßnahmen wie dem ESM insoweit beteiligt, als es um die Formulierung von Reformauflagen geht. Auch die im Protokoll Nr. 14 zum Vertrag von Lissabon ausdrücklich anerkannte „Euro-Gruppe“ bestehend aus Ministern der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, widmet sich zunehmend der Koordinierung der nationalen Wirtschaftspolitiken im Sinne erforderlicher Strukturreformen. Die Funktionsfähigkeit der Währungsunion ist auf Dauer abhängig von einer hinreichenden Harmonisierung der wirtschaftspolitischen Steuerung in den Mitgliedstaaten. Auch ohne Wirtschaftsunion müssen sich die Mitgliedstaaten als Stabilitätsgemeinschaft verstehen, um auf Dauer die Funktionsfähigkeit der Währungsunion zu garantieren. Das als „Six Pack“ bezeichnete Bündel von Legislativmaßnahmen hat deshalb im Jahre 2011 auch eine Verschärfung des Defizitverfahrens bewirkt;[28] es wurde 2013 ergänzt durch zwei weitere Verordnungen („Two Pack“) zur Koordinierung der Haushaltspolitiken. 2012 haben 25 Mitgliedstaaten einen „Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“ abgeschlossen, der insbesondere einen „Fiskalpakt“ enthält, mit dem die Stabilitätsorientierung der mitgliedstaatlichen Finanz- und Haushaltspolitik weiter gefestigt werden soll, vor allem durch die Verankerung von Schuldenobergrenzen in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen. Es handelt sich allerdings um ein intergouvernementales Regime außerhalb des Unionsrechts, das ganz auf die Eigenverantwortung und Selbstbindung der Mitgliedstaaten setzt. Forderungen nach einer „Europäischen Wirtschaftsregierung“ mit Durchgriffsrechten gegenüber den Mitgliedstaaten[29] haben sich nicht durchsetzen können.

Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht

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