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(2) Strukturpolitik

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Literatur:

Leibrock Verfassungs- und europarechtliche Probleme der Regionalförderung (1989); Frees Das neue industriepolitische Konzept der Europäischen Gemeinschaft, EuR 1991, 281; Hellmann Europäische Industriepolitik (1994); Oberender/Daumann Industriepolitik (1995); Sturm (Hrsg.) Europäische Forschungs- und Technologiepolitik und die Anforderungen des Subsidiaritätsprinzips (1996); Simon Industriepolitik (1997); Axt EU-Strukturpolitik. Einführung in die Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts (2000); Eckstein Regionale Strukturpolitik als europäischer Kooperations- und Entscheidungsprozess (2001); Eikenberg Der Europäische Forschungsraum: Ein Kompetenzproblem? EuR 2008, 125; Lorz/Payandeh Die Institutionalisierung des Europäischen Forschungsraums (2012); Godt Forschungs-, Wissenschafts- und Technologiepolitik, in: Dauses (Hrsg.) Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts (Loseblatt), Abschnitt N; Bieber/Epiney/Haag/Kotzur Die Europäische Union (12. Aufl. 2016) § 25: Energiepolitik, 568 / § 26: Industriepolitik, 576 / § 27: Struktur- und Kohäsionspolitik, 581 / § 28: Forschung, Technologie und Raumfahrt, 588.

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Strukturpolitik hat grundsätzlich zum Ziel, die Verteilung der produktiven wirtschaftlichen Ressourcen auf verschiedene Regionen (Regionalpolitik) bzw. auf verschiedene Wirtschaftssektoren (Industriepolitik) zu beeinflussen. Demgemäß sind eine regionale und eine sektorale Strukturpolitik zu unterscheiden. Beide stehen unvermeidlich in einem Spannungsverhältnis zum System unverfälschten Wettbewerbs. Strukturpolitische Steuerung basiert auf der Annahme, dass es nicht den Wettbewerbsmärkten allein überlassen werden kann, über die regionale bzw. sektorale Allokation der Produktivkräfte zu entscheiden. Der ursprüngliche unionsrechtliche Ansatz war davon ausgegangen, dass die Errichtung des Gemeinsamen Marktes auch die „harmonische Entwicklung“ der mitgliedstaatlichen Volkswirtschaften fördern und „den Abstand zwischen einzelnen Gebieten und den Rückstand weniger begünstigter Gebiete verringern“ werde.[41] Ähnliches galt für die sektorale Verteilung des wirtschaftlichen Potentials in der Union. Allerdings bestand darüber von Anfang an kein Konsens unter den Mitgliedstaaten und es nahm das Bestreben auch der Kommission zu, an die Stelle der Marktkräfte politische Entscheidungen zu setzen. So haben im Laufe der Zeit Unionskompetenzen für marktkorrigierende Strukturpolitiken Eingang in die Verträge gefunden.

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Die Regionalpolitik ist inzwischen gem. Art. 3 Abs. 1 lit. c AEUV ein fester Bestandteil der Wirtschaftspolitik der Union. Sie ist an dem in Art. 3 Abs. 3 UAbs. III AEUV erwähnten Ziel der Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts sowie der Konvergenz der Wirtschaftsleistungen in der Union orientiert. Mit der Regionalpolitik sollen nach Maßgabe der Art. 174–178 AEUV unionskonforme mitgliedstaatliche Maßnahmen unterstützt oder ergänzt werden. Somit ist die gemeinschaftliche Regionalpolitik abhängig von mitgliedstaatlichen Förderprogrammen, die aber ihrerseits mit dem Binnenmarkt kompatibel sein müssen. Ihre Instrumente bestehen in der Förderung regionaler Infrastrukturvorhaben, privater Investitionen sowie einer Vielzahl anderer regionaler Aktivitäten. Die gemeinschaftliche Regionalpolitik wird finanziert durch eine Reihe von Fonds (Regionalfonds, Strukturfonds, Kohäsionsfonds).[42] Wettbewerbsverzerrungen aufgrund regionalpolitischer Maßnahmen lassen sich dann minimieren, wenn sie sich darauf beschränken, die allgemeinen Produktionsbedingungen in den Fördergebieten (beispielsweise durch Infrastrukturförderung) zu verbessern. Soweit regionalpolitische Maßnahmen einzelne Unternehmen oder Industrien fördern, sind Wettbewerbsverzerrungen unvermeidlich. Sie unterliegen daher der Beihilfenkontrolle gem. Art. 107 AEUV (siehe dazu Rn. 450, 1528 ff.).

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Ziel der Industriepolitik der Union ist gemäß Art. 173 AEUV die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Union. Dem sollen die dort genannten Aktivitäten der Union dienen, die insbesondere auf die Erleichterung der Anpassung der Unternehmen an strukturelle Veränderungen, die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen sowie die Förderung von Unternehmenskooperationen abzielen.[43] Darüber hinaus sollen gem. Art. 4 Abs. 3 AEUV durch eine gemeinschaftliche Forschungs- und Technologiepolitik Innovation, Forschung und technologische Entwicklung gefördert werden. Dafür sehen Art. 179–190 AEUV diverse Maßnahmen, insbesondere die Aufstellung eines mehrjährigen Rahmenprogramms, vor (Art. 182 AEUV). Industrie-, Innovations- und Technologiepolitik laufen naturgemäß Gefahr, in Widerspruch zur Ordnungspolitik der Gemeinschaft zu geraten.[44] Das gilt vor allem dann, wenn sie sich nicht auf „horizontale“ Maßnahmen beschränken, die allen Unternehmen zugutekommen (wie etwa Infrastrukturvorhaben), sondern mit spezifischen Fördermaßnahmen (insbesondere Subventionen) einzelne Unternehmen oder Industriezweige privilegieren. Die letzteren lösen allerdings die Beihilfenkontrolle gem. Art. 107 AEUV aus (dazu näher Rn. 450, 1528 ff.). In ein Spannungsverhältnis zur gemeinschaftlichen Ordnungspolitik können industrie-, innovations- oder technologiepolitische Maßnahmen insbesondere dann geraten, wenn mit ihnen versucht wird, konkrete wirtschaftliche Ergebnisse zu erreichen, die grundsätzlich dem wettbewerblichen Entdeckungsprozess überlassen werden sollen. Allerdings wird es von Vertretern einer „strategischen Handelspolitik“ für ökonomisch gerechtfertigt gehalten, bestimmte industrielle Projekte zu fördern wenn anderenfalls die Union von ausländischen Monopolisten abhängig würde, deren Renten nicht in der Union, sondern im Ausland anfielen (Beispiel: Flugzeugindustrie). Die Verallgemeinerung dieses Ansatzes würde jedoch nur zu einem globalen Subventionswettlauf führen.

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Die industriepolitische Kompetenz der Union ist zwar begrenzt auf die Koordinierung der mitgliedstaatlichen Aktivitäten (Art. 173 Abs. 2 AEUV); aber die Union soll auch selbst zur Erreichung des industriepolitischen Vertragsziels beitragen (Art. 173 Abs. 3 AEUV), dies allerdings „entsprechend einem System offener und wettbewerbsorientierter Märkte“ (Art. 173 Abs. 1 UAbs. II AEUV). Die Marktkonformität der gemeinschaftlichen Industriepolitik soll im Übrigen auch durch die in Art. 173 Abs. 3 AEUV aufgenommene Bestimmung gewährleistet werden, der zufolge die industriepolitische Tätigkeit der Union nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen darf. Die Union darf somit nicht der naheliegenden Gefahr unterliegen, mit ihren Fördermaßnahmen bestehende wirtschaftliche Strukturen zu zementieren, indem sie den Zwängen des Wettbewerbs entzogen werden. Vielmehr soll die Union den Strukturwandel fördern. Vergleichbares gilt auch für die Forschungs- und Technologiepolitik. Sie hat gem. Art. 179 AEUV das Ziel, „die wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen der Industrie der Gemeinschaft zu stärken“. Soweit damit die Förderung von Grundlagenforschung ins Auge gefasst ist, bei der es um die Produktion öffentlicher Güter in Gestalt von allgemein zugänglichem Wissen geht, handelt es sich um den Ausgleich von Marktversagen. Je mehr die Förderung jedoch die Anwendung von Forschungsergebnissen oder gar die Produktion von Gütern oder Leistungen betrifft, gefährdet sie das System unverfälschten Wettbewerbs (siehe zur Berücksichtigung innovations- und technologiepolitischer Gesichtspunkte bei der Freistellung von F&E-Kooperationen vom Kartellverbot gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV Rn. 966 ff.).

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Auch die Kompetenz der Union zur Förderung des Auf- und Ausbaus transeuropäischer Netze (Art. 4 Abs. 2 lit. h AEUV) hat strukturpolitische Bedeutung. Gem. Art. 170–172 AEUV geht es um Vorhaben in den Bereichen Verkehrs-, Telekommunikations- und Energieinfrastruktur. Zielsetzung ist die Förderung des Verbunds und der Interoperabilität der einzelstaatlichen Netze sowie des Zugangs zu diesen Netzen. Die Instrumente der Union bestehen insbesondere aus Leitlinien, in denen Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausgewiesen werden, sowie beliebigen Aktionen, die sich als sachnotwendig erweisen. Allerdings verlangt Art. 170 Abs. 2 AEUV, dass sich auch insoweit die Tätigkeit der Union in den „Rahmen eines Systems offener und wettbewerbsorientierter Märkte“ einfügt.

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Schließlich ist auch die Kompetenz der Union zur verbindlichen Formulierung einer Energiepolitik gem. Art. 194 AEUV in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Sie soll das Funktionieren des Energiemarkts sicherstellen, die Energieversorgungssicherheit gewährleisten sowie die Energieeffizienz, die Entwicklung neuer und erneuerbarer Energien sowie die Interkonnektion der Energienetze fördern. Dies alles soll aber ausdrücklich „im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts“ – also marktkonform – geschehen (siehe zur Berücksichtigung solcher außerwettbewerblichen Ziele im Rahmen der Fusionskontrolle unten Rn. 1418 ff.).

Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht

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