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1. Verbot von Beschränkungen
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Zu der im Binnenmarkt erforderlichen Mobilität der Produktionsfaktoren gehört nicht nur die Möglichkeit von Unternehmern, sich über die nationalen Grenzen hinweg jeweils den unter Rentabilitätsgesichtspunkten günstigsten Produktions- oder Vertriebsstandort zu wählen, sondern ganz wesentlich auch die Möglichkeit von Arbeitnehmern, ihrerseits den unter Einkommensgesichtspunkten attraktivsten Arbeitsort auszusuchen. Ökonomisch gesehen stiftet ein Produktionsfaktor dort seinen größten Nutzen, wo der höchste Preis für ihn gezahlt wird, denn dort ist offenbar die Nachfrage am größten. Demgemäß entspricht es der ökonomischen Rationalität im Binnenmarkt, wenn Arbeitnehmer grenzüberschreitend freien Zugang zu den Arbeitsplätzen mit den attraktivsten Lohn- und Arbeitsbedingungen erhalten.
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Aus diesem Grunde umfasst die für den Binnenmarkt gem. Art. 26 Abs. 2 AEUV konstitutive Freiheit des „Personenverkehrs“ auch die Beseitigung der Hindernisse für den freien Verkehr von Arbeitnehmern zwischen den Mitgliedstaaten. Nach Maßgabe der Bestimmungen der Art. 45 ff. AEUV wird somit den Arbeitnehmern der unbeschränkte Zugang zu den Arbeitsmärkten in den Mitgliedstaaten garantiert. Ausgenommen ist nur der Zugang zu Beschäftigungen (als Beamter oder Angestellter) in der öffentlichen Verwaltung (Art. 45 Abs. 4 AEUV). Arbeitnehmer ist jeder, der
„während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält“.[70]
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Die grenzüberschreitende Arbeitsaufnahme hat verschiedene Aspekte: Arbeitnehmer müssen sich zunächst einmal um einen Arbeitsplatz in einem anderen Mitgliedstaat bewerben; sodann müssen sie die Arbeit in dem Mitgliedstaat tatsächlich aufnehmen und ausüben; schließlich werden sie das Beschäftigungsverhältnis irgendwann einmal wieder beenden; im Übrigen müssen Arbeitnehmer damit rechnen, dass sie vorübergehend oder dauerhaft arbeitsunfähig oder arbeitslos werden können und dass sie mit einem bestimmten Alter aus dem Arbeitsprozess ausscheiden, so dass sie gerade auch bei grenzüberschreitender Arbeitsaufnahme auf die Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme angewiesen sind. Unter all diesen Aspekten sind vielfältige Behinderungen und Beschränkungen der Freizügigkeit denkbar. Zunächst einmal können sich Behinderungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit aus Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen (Mobilitätshindernissen) für die Arbeitnehmer oder ihre Familienangehörigen ergeben.[71] Des Weiteren können sich aus der mitgliedstaatlichen Regelung der Arbeitsaufnahme und -ausübung Diskriminierungen ergeben.[72] Die Unterschiedlichkeit und mangelnde Koordination der mitgliedstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit können es Arbeitnehmern u.U. praktisch unmöglich machen, außerhalb ihres Heimatstaates Arbeit aufzunehmen. Deshalb widmen sich Art. 45 ff. AEUV ausdrücklich der Beseitigung solcher Hindernisse und Beschränkungen.
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Art. 45 Abs. 1 AEUV sieht vor, dass innerhalb der Union die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet ist. Zu diesem Zweck sorgt Art. 45 Abs. 3 AEUV zunächst einmal für die Beseitigung von relevanten Zugangs- und Aufenthaltsbeschränkungen in den Mitgliedstaaten. Diese Regelung wird auch durch die mit der Unionsbürgerschaft verbundene Freizügigkeit der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten unterstützt (Art. 21 Abs. 1 AEUV). Des Weiteren normiert Art. 45 Abs. 2 AEUV für die mitgliedstaatlich geregelten Arbeitsbedingungen ein Verbot der Diskriminierung von Arbeitnehmern nach der Staatsangehörigkeit. Mit diesen beiden Bestimmungen wird gesichert, dass ausländische Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten denselben Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt haben und denselben Beschäftigungsbedingungen unterliegen wie inländische Arbeitnehmer (Inländerbehandlungsprinzip).
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Es stellt sich nun auch in diesem Zusammenhang wieder die Frage, ob auch nichtdiskriminierende Behinderungen der Freizügigkeit vom Gemeinschaftsrecht erfasst werden. Diese Frage hat der EuGH eindeutig bejaht. Er subsumiert unter Art. 45 AEUV auch solche mitgliedstaatlichen Regelungen, die weder an die Staatsangehörigkeit anknüpfen (und die daher keine offene Diskriminierung bewirken) noch Ausländer spezifisch benachteiligen (indem sie etwa einen mehrjährigen inländischen Wohnsitz verlangen und damit eine versteckte Diskriminierung enthalten).[73] Es genügt vielmehr, dass eine mitgliedstaatliche Regelung einen Arbeitnehmer an der Arbeitsaufnahme in einem anderen Mitgliedstaat hindert oder ihn davon abhält, gleichviel ob die Behinderung vom Aufnahmestaat oder vom Herkunftsstaat ausgeht.[74] Eine Behinderung der Arbeitnehmerfreizügigkeit kann sich nämlich gerade daraus ergeben, dass ein ausländischer Arbeitnehmer hinsichtlich sämtlicher Voraussetzungen für die Arbeitsaufnahme Inländern gleichgestellt wird (etwa hinsichtlich im Inland erworbener Sprachkenntnisse).[75]