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1. Verbot von Beschränkungen

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Der Binnenmarkt erstreckt sich auch auf den Produktionsfaktor Kapital. Art. 26 Abs. 2 AEUV bezieht die Beseitigung der Hindernisse für den freien Kapitalverkehr in das Binnenmarktkonzept mit ein. Auch das Kapital soll an den Ort seiner größten Rentabilität fließen können, dh Kapital soll dort angelegt bzw. investiert werden können, wo die höchsten Zinsen oder Gewinne zu erzielen sind. Der Binnenmarkt beinhaltet daher auch einen unionsweit integrierten Kapitalmarkt, auf dem Angebot und Nachfrage ungehindert aufeinandertreffen und aufgrund freier Preisbildung zum Ausgleich gebracht werden können. Demgemäß sind nach Art. 63 Abs. 1 AEUV alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs verboten. Allerdings erstreckt sich die Kapitalverkehrsfreiheit – anders als die übrigen Verkehrsfreiheiten – nicht nur auf den innergemeinschaftlichen Kapitalverkehr, sondern ausdrücklich auch auf den Kapitalverkehr zwischen der Union und Drittstaaten. Kapitalverkehr besteht in der Wertübertragung von einem Mitgliedstaat in einen anderen, und zwar im Rahmen einer Vermögensanlage. Die Vermögensanlage kann den Charakter von Finanzkapital (Wertpapiere, Kredite) oder von Sachkapital (Immobilien, Unternehmen) haben. Insbesondere sind grenzüberschreitende Direktinvestitionen in Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften von der Kapitalverkehrsfreiheit gedeckt. Welche Transaktionen im Einzelnen unter den unionsrechtlichen Begriff des Kapitalverkehrs zu subsumieren sind, erschließt sich aus der „Nomenklatur“ in Anhang I zur Kapitalverkehrsrichtlinie 88/631/EWG.[77]

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Beschränkungen des Kapitalverkehrs können vielfältige Gestalt annehmen. Sie können sowohl in Form von Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit auftreten[78] als auch in Form nichtdiskriminierender Vorschriften oder Maßnahmen. Da die Bedeutung der in den unterschiedlichen wirtschaftlichen Freiheiten enthaltenen Beschränkungsverbote nach der Auslegung durch den EuGH konvergiert (vgl. bereits oben Rn. 161),[79] lässt sich die im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit entwickelte Dassonville-Formel[80] ohne weiteres auch auf die Kapitalverkehrsfreiheit übertragen. Demgemäß ist als Beschränkung des Kapitalverkehrs jede Regelung oder Maßnahme zu verstehen, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Kapitalverkehr unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern.

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Beschränkungen des Kapitalverkehrs können zunächst einmal unmittelbar bei der Wertübertragung selbst ansetzen, indem sie sie unmöglich machen oder erschweren. Ein klassisches Instrument der staatlichen Kontrolle grenzüberschreitender Kapitaltransfers aus einem (nationalen) Währungsgebiet in ein anderes sind devisenrechtliche Regelungen, die Transaktionen zwischen Währungsinländern (Gebietsansässigen) und Währungsausländern (Gebietsfremden) bestimmten Verboten oder Genehmigungsvorbehalten unterwerfen.[81] Solche Regelungen sind im Rahmen der Währungsunion, in der der Euro als einheitliche Währung gilt, gegenstandslos geworden. Kapitaltransfers zwischen den Mitgliedstaaten, die an der Währungsunion teilnehmen, bleiben innerhalb ein und desselben Währungsgebiets. Denkbar sind aber weiterhin mitgliedstaatliche Genehmigungs-, Verwaltungs- und Formvorschriften sowie steuerliche oder sonstige abgabenrechtliche Regelungen, die sich für Direktinvestitionen (Unternehmensbeteiligungen), Portefeuille-Investitionen (Erwerb von Wertpapieren wie Aktien, Anleihen etc.), die Vergabe oder Aufnahme von Krediten oder den Erwerb von Immobilien in anderen Mitgliedstaaten nur mittelbar als Behinderungen auswirken. Auch sie sind mit dem einheitlichen Kapitalmarkt unvereinbar.[82] Von der Übertragbarkeit der im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit entwickelten Keck-Formel, der zufolge bloße Verfahrensmodalitäten des Kapitalverkehrs möglicherweise nur dem Diskriminierungsverbot unterworfen sein könnten, ist nicht auszugehen. Für den EuGH ist nicht der rechtliche Charakter einer Regelung oder Maßnahme entscheidend, sondern allein die Frage, ob sie den Marktzugang behindert oder nicht.[83] Gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen insbesondere alle Regelungen oder Maßnahmen, welche die Erlangung der Kontrolle über Unternehmen durch Anteilserwerb behindern. Dazu gehören auch staatliche Sonderrechte (z.B. „goldene Aktien“), die es verhindern, dass private Anteilsinhaber die Kontrolle über ein Unternehmen erlangen.[84] Inwieweit die Kapitalverkehrsfreiheit auch allgemein gesellschaftsrechtliche Hindernisse für den Kontrollerwerb erfasst, ist eine offene Frage.

Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht

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