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Das Vorzimmer

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So unterschiedlich die Gründe sein können, derentwegen man zum Chef gerufen wird (Beförderung, Ärger, Entlassung) – man kann sicher sein, dass man eine gewisse Zeit im Vorzimmer zu warten hat. Hier herrscht, umgeben von großformatigen Wandgemälden moderner Künstler mittlerer Preisklasse, die Chefsekretärin. Sie wird den Wartenden bitten, auf einem der Stühle Platz zu nehmen, und sich im Übrigen nicht um ihn kümmern. So sitzt er da, die Hände auf den Schoß gelegt, und sieht zu, wie ein Fax nach dem anderen aus dem Gerät kriecht. Vielleicht ist ihm ein Kaffee angeboten worden, aber er hat abgelehnt. Der Blick aus dem Fenster ist phantastisch, in einer Ecke steht der einzige mit Akribie gepflegte Ficus benjamini des Betriebs, und der Zeitschriftenständer wird täglich aktualisiert, obwohl ihm offensichtlich nie jemand ein Heft entnimmt. Die Zeit vergeht zäh. Das hat Prinzip. Warten fördert Unsicherheit, und die versetzt den Chef beim anschließenden Gespräch in eine überlegene Position. Lob wird sogleich relativiert, Tadel verstärkt, die Wichtigkeit einer zugeteilten Aufgabe erhöht.

Warten mehrere Personen, vermeiden sie es in der Regel, miteinander zu sprechen. Falls sie es doch tun, sind die Scherze schal, und vorsichtig wird man versuchen herauszufinden, warum der jeweils andere da ist.

Das Vorzimmer folgt eigenen Regeln, die den Wartenden verwirren. Andere Personen werden aufgeregt den Raum betreten, in aller Vertrautheit mit der Sekretärin plauschen und vielleicht sogar ohne anzuklopfen in das Büro des Chefs stürmen. Auch das ständig klingelnde Telefon hat eindeutig Vorrang vor dem Häuflein Mensch, das mittlerweile sämtliche Löcher in seinen Budapester Schuhen durchgezählt hat. «Moment noch!», sagt die Sekretärin, und das «Ja, natürlich» bleibt in einem trockenen Hals stecken, lediglich ein halbtapferes Kopfnicken verrät, dass da noch Leben ist. Sobald die Tür sich jedoch einen Spalt weit öffnet, wird der Wartende mit allen Sinnen versuchen, einen Eindruck von dem zu bekommen, was ihn erwartet: Ist da eine gereizte Stimme zu hören? Läuft jemand hektisch auf und ab? Oder steht sogar ein Cognacschwenker auf dem Tisch? Selbst wer genau zu wissen glaubt, warum er hier ist, wird in dem Moment daran zweifeln, in dem es heißt: «Sie können jetzt hinein.»

Das Büro

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