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Das Büro des Chefs

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Im Büro des Chefs erlebt man Anfang und Ende des Berufslebens. Hier ist man eingestellt worden, hier werden Gehaltserhöhungen verhandelt, Beförderungen ausgesprochen, hier wird man einst entweder gefeuert oder mit einem launigen Spruch in den Ruhestand verabschiedet werden. Und so versuchen viele Vorgesetzte, die Einrichtung ihres Büros dessen besonderer Bedeutung anzupassen. Meistens geht das schief.

In Norddeutschland verwandelt die Chefität ihre Zimmer mit Vorliebe in die Replik eines Reederbüros aus dem 19. Jahrhundert. Da gibt es reichlich schweres, dunkles Holz, gerne ein Stehpult, im Hintergrund einen Ölschinken, der Szenen aus der Handelsschifffahrt zeigt – und das völlig unabhängig davon, in welcher Branche das Unternehmen tätig ist. Weiter im Süden dominieren folkloristische Elemente. Bilder von prächtigen Berglandschaften, Holzschnitzereien, einmal habe ich sogar einen ausgestopften Eichelhäher gesehen, der mich während des gesamten Gesprächs mit kalten Augen musterte.

Fremd wirkt in solchen Büros der Computer. Auf den mag freilich selbst der konservativste Vorgesetzte nicht verzichten. Was nicht bedeutet, dass er ihn auch benutzt. Der Rechner im Büro von Franz Josef Wagner, unter dem ich ein paar Jahre in Berlin arbeitete, wurde während seiner gesamten Dienstzeit kein einziges Mal eingeschaltet.

Besondere Bedeutung kommt in jedem Fall der «Sitzgruppe» zu, in der Besucher empfangen werden. Legendär war die «Blümchencouch» eines ehemaligen Herausgebers, in dessen Büro ich einige Male geladen wurde. Warum dieser Mann, ansonsten von hervorragendem Geschmack, sich ein derart fürchterliches Teil ausgesucht hatte, fragten sich alle. Meist jedoch lassen schwere Lederpolstermöbel den Besucher fast bis auf Bodenniveau sinken und schüchtern ihn entsprechend ein – nicht ganz ungewollt. Irgendwie hat man in solchen Büros immer das Gefühl, im nächsten Moment einen Cognac angeboten zu bekommen. Zum netten Feierabendplaudern oder zum ntv-Gucken mag so eine Couch sich ja gut eignen. Ein Arbeitsgespräch darauf zu führen ist jedoch unmöglich. Um gemeinsam Papiere durchzusehen, müsste man sich nebeneinandersetzen. Das aber gilt als zu intim. Also versucht man, sie auf den viel zu tiefen Couchtisch zu legen, mit ebenfalls unbefriedigendem Ergebnis. Man muss schon ein sehr guter Sitzkantenbalancierer sein, will man sich in dieser Lage konzentrieren können.

Der Blick wandert durch den Raum und bleibt unweigerlich an der Bibliothek hängen. Die ausgestellten Werke verraten viel über den Charakter des Bürobesitzers. Ich war einmal zu einem Bewerbungsgespräch im Rheinland eingeladen und entschied mich in dem Moment, abzusagen, als ich mir alle Bücher im Regal ganz genau angeschaut hatte. Das ging schnell: Es waren nur drei. Zwei davon waren noch eingeschweißt, und das dritte war die Bedienungsanleitung für Windows 2000. Für so jemanden kann man einfach keinen Respekt empfinden.

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