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RELIGIÖSER SPINNER

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Frank hatte sich geduldig an der makellosen Eigenartigkeit der Frau hinter dem Tresen betrunken, aber er war immer noch ohne Bier, und sie hörte immer noch dem Typen zu, der ihr bestimmt zum dritten Mal seine gesamte Existenz erzählte.

Ein großer, kräftiger Mann schob sich neben ihn auf einen Hocker. Er machte so sehr gar nichts, dass es Frank auffiel, woraufhin sich der Mann ihm zuwandte und lächelte, bis Frank dem Drang nachgab, etwas sagen zu müssen.

»Ist das hier immer so schwierig, ein Bier zu kriegen?«

Der Mann signalisierte der Frau etwas. Sie nickte. Sie hatte ihn im Blick, seit er an die Bar gekommen war. Frank musterte ihn.

»Du kommst wohl öfters her.«

»Öfters, ja.«

Die Barfrau parkte den Redenden mit einem bedeutsamen Zeigefinger, dann brachte sie ein Bier für Frank und ein Glas mit etwas Klarem für den Mann.

Frank lächelte sie mitfühlend an. »Na, bluten dir die Ohren?«

Die Frau runzelte die Stirn und lächelte dabei so entwaffnend, dass Frank an ihr vorbeischauen musste. Dann war sie wieder bei dem anderen, der glücklich mehr Worte erbrach.

Frank setzte das Bier erst ab, als ihm die Luft ausging.

»Danke Mann, danke. Aber jetzt mal ganz ehrlich, wie komm ich zu der Ehre? Weil, ich mein … nichts für ungut … du bist jetzt nicht schwul oder so was?«

»Was wäre denn oder so was

»Na ja, keiner macht was nur so.«

»Mach ich ja nicht. Sie kriegen ein Bier und ich ein Danke. Das ist doch was.«

Der Mann trank. Frank versuchte aus der Art, wie er trank, darauf zu schließen, was es war.

»Gin?«

»Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam …«

Frank sah ihn konsterniert an. Der Mann lächelte.

»Johannes zwei neun. Es ist einfach nur Wasser.«

»Ah. Aber du bist nicht so n religiöser Spinner oder so?«

Der Mann schien zu überlegen. »Fällt katholisch unter religiöser Spinner?«

»Tschuldigung. Natürlich nicht.« Frank sah verstohlen zu der Bardame. »Das ist super, dass wir hier so reden, als ob wir uns lange kennen. Dann sind sie nicht so misstrauisch. Da, die hinterm Tresen.«

Der Mann beugte sich konspirativ vor. »Was ist mit der?«

»Hast du gesehen, wie die geguckt hat, als die mit dem Bier kam?«

Der Mann musterte Frank, wie er krumm dasaß, mit seinem verwaschenen Hemd, das durchsichtig vor Nässe an seinem dürren Körper klebte, mit nikotinbraunen Fingern, gelben Zähnen und blassen, rot geränderten Augen. Seine langen, fettigen Haare klebten schütter an seinem Kopf.

»Wie hat sie denn geguckt?«

»Die ist heiß auf mich.«

»Glückwunsch.«

»Jep. Passiert mir dauernd. Weiber stehen nun mal auf Musiker. Den ganzen Rock n Roll und so. Ist nun mal so.«

Der Mann winkte der Barfrau zu. Frank zischte.

»Nicht winken! Man muss sie schmoren lassen, wenn sie heiß sind.«

Sie musste den Mann im Blick gehabt haben, denn sie nickte und entzog dem Redenden sanft ihr Anteil nehmendes Lächeln, bis es nur noch freundlich war. Es dauerte, bis er es merkte, dann bremste er seinen Erguss in langen Sätzen und zog die Zeche in kleinen Scheinen aus seiner Jeans auf den Tresen.

Als sie wieder zu ihnen kam, verband der Mann sie mit einer ausladenden Geste.

»Darf ich vorstellen: Das ist mein neuer Freund …«

Frank fiepte.

»Frank.«

»Frank! Und das ist Marthe …«

Marthe lächelte mädchenhaft.

»… meine Schwester.«

Marthe nickte.

Frank quiekte einen Gruß.

Die gleichen roten Haare, die gleiche helle Haut. Und er trägt eine Kellnerschürze. Komplett übersehen. Peinlich.

Der Kellner schüttelte Franks klebrige Hand.

»Ich bin Eckerd. Eckerd von Herzen.«

Marthe flüsterte Eckerd etwas ins Ohr, und Frank fühlte sich geehrt, als Eckerd ihn einweihte.

»Marthe sagt, der Herr an Tisch sieben murmelt was von ›Crème brûlée oder Rote Grütze‹. Ich glaube, er braucht Hilfe. Ich geh mal hin. Dann seid ihr beiden unter euch.«

Frank sah hinüber zu dem dicken Mann und der Dunkelroten. Der Tisch war weit entfernt. Er musterte Marthe, wie ihre grünen Augen wach den Raum im Blick behielten.

»Wie hast du das denn gehört?«

Marthe lächelte bescheiden und zuckte mit den Schultern. Frank war glücklich, dass sie sich nicht davon beirren ließ, dass seine Stimme noch einmal höher geworden war.

Marthe hatte Zeit. Für ihn. Er würde ihr sein Leben erzählen, bis er sich sprudelnd in ihrer Anteilnahme aufgelöst hatte.

Aber er würde einiges auslassen.

Von Herzen

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