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Begründung 2-3 Der Joule–Thomson-Effekt

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Wir wollen zeigen, dass die Expansion in der abgebildeten Anordnung bei konstanter Enthalpie erfolgt. Da alle Zustandsänderungen des Gases adiabatisch verlaufen, ist q = 0und folglich ΔU = w. Zur Berechnung der Arbeit bei Durchgang des Gases durch die Drossel betrachten wir den Durchtritt eines festen Volumens von der Hochdruckseite aus; dort ist der Druck pA, dieTemperatur TA und das Gas nimmt ein Volumen VA ein (Abb. 2-27). Auf der Niederdruckseite hat dieselbe Stoffmenge des Gases nun den Druck pE, dieTemperatur TE und das Volumen VE. Das Gas auf der linken Seite wird isotherm komprimiert, denn das zuströmende Gas wirkt wie ein Kolben. Durch den Druck pA wird das Volumen von VA auf 0 reduziert; die dabei verrichtete Arbeit ist also


Auf der rechten Seite der Drossel dehnt sich das Gas isotherm (aber möglicherweise bei einer anderen Temperatur) gegen den Druck pE des Gases auf der linken Seite, das sich wie ein zurück zu schiebender Kolben verhält. Das Volumen ändert sich dabei von 0 auf VE, die an dem gas verrichtete Arbeit ist folglich


Wenn wir die Arbeitsanteile aufbeiden Seiten der Drossel summieren, erhalten wir für die insgesamt verrichtete Arbeit



Abb. 2.27 Die thermodynamische Grundlage des Joule–Thomson-Effektes: Durch das ein- bzw. ausströmende Gas wird auf beiden Seiten der Drossel ein konstanter Druck erzeugt, dies ist hier bildlich in Form zweier Kolben dargestellt. Auf dem Weg von der Situation im oberen Bild zu der im unteren Bild strömt eine bestimmte Gasmenge durch die Drossel, die Enthalpie bleibt dabei konstant.

Daraus folgt für die Änderung der Inneren Energie des Gases beim adiabatischen Transport durch die Drossel


und durch Umstellen


Folglich ändert sich die Enthalpie bei der Expansion nicht.

Die Größe, die man in dem beschriebenen Experiment misst, ist das Verhältnis der Temperatur- zur Druckänderung, ΔTp. Wenn wir die Bedingung konstanter Enthalpie einbeziehen und den Grenzfall kleiner Δp betrachten, ist die gemessene Größe (T/p )H, also gerade der Joule–Thomson-Koeffizient μ. Mit anderen Worten: Physikalisch entspricht μ dem Verhältnis zwischen Temperatur- und Druckänderung bei der Expansion eines Gases unter isenthalpischen Bedingungen.

Heute bestimmt man μ auf indirektem Weg über die Messung des isothermen Joule–Thomson-Koeffizienten

[2.52]

des Anstiegs von H als Funktion von p bei konstanter Temperatur (Abb. 2-28). Ein Vergleich von Gl. (2-51) mit Gl. [2-52] zeigtdenZusammenhang zwischenden beiden Joule–Thomson-Koeffizienten:

(2.53)

Zur Messung von μT wird ein Gas kontinuierlich und bei konstantem Druck zunächst durch einen Wärmeaustauscher gepumpt, der es aufdie gewünschte Temperatur bringt, und gelangt dann durch eine poröse Trennwand (eine Drossel) in einen thermisch isolierten Behälter. Der plötzliche Druckabfall wird gemessen und die Abkühlung wird durch ein elektrisches Heizgerät unmittelbar hinter der Drossel kompensiert (Abb. 2-29). Die Energie, die das Heizgerät dafür verbraucht, wird ebenfalls gemessen. Diese Wärmemenge entspricht wegen ΔH = qp gerade der Enthalpieänderung des Gases. Da außerdem Δp bekannt ist, erhält man durch Extrapolation von ΔHp auf Δp → 0 den Wert von μT, den man dann in μ umrechnen kann. Einige auf diese Weise gewonnene Werte zeigt Tabelle 2-10.

Tabelle 2-10 Inversionstemperaturen (Tl), Schmelz- (TSm) und Siedepunkte (TS) und Joule–Thomson-Koeffizienten (μ) bei 101.3 kPa und 298 K.*

Tl/K TSm/K Ts/K μ/(K bar–1)
Ar 723 83.8 87.3
CO2 1500 194.7 +1.10
He 40 4.2 –0.060
N2 621 63.3 77.4 +0.25

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Für reale Gase sind die Joule–Thomson-Koeffizienten ungleich null; je nach der Art des Gases (abhängig vom Verhältnis der zwischenmolekularen Anziehungs- und Abstoßungskräfte) und den Werten von Druck und Temperatur können sie negatives oder positives Vorzeichen haben (Abb. 2-30). Ein positives Vorzeichen bedeutet, dass für negatives dp auch dT negativ ist, d. h., dass sich das Gas bei Ausdehnung abkühlt. Auch Gase, die sich bei einer gegebenen Temperatur durch Expansion erwärmen (μ < 0), zeigen bei Temperaturen unter ihrer oberen Inversionstemperatur TI eine Abkühlung (μ > 0, siehe Tabelle 2-10 und Abb. 2-31). Wie Abb. 2-32 zeigt, besitzen Gase in der Regel zwei Inversionstemperaturen, eine obere und eine untere.


Abb. 2.28 Der isotherme Joule–Thomson-Koeffizient ist gleich der Steigung des Graphen der Enthalpie als Funktion des Drucks bei konstanter Temperatur.


Abb. 2.29 Skizze einer Messanordnung zur Bestimmung des isothermen Joule–ThomsonKoeffizienten. Die Wärmemenge, die (durch ein elektrisches Heizgerät) dem System zugeführt werden muss, um den Temperaturabfall infolge der Expansion auszugleichen, interpretiert man als ΔH und verwendet diesen Wert zur Berechnung von (∂H/∂p)t. Dieser Differenzialquotient wird dann, wie im Text beschrieben, in μ umgewandelt.


Abb. 2.30 Das Vorzeichen des Joule–Thomson-Koeffizienten μ hängt von den Prozessbedingungen ab: Innerhalb der farbig unterlegten Fläche ist μ positiv, außerhalb negativ. Die Funktionswerte T, diegenauauf der Grenze liegen, entsprechen der Inversionstemperatur des Gases bei dem jeweiligen Druck. Man kann ablesen, dass für einen gegebenen Druck die Temperatur unter einem bestimmten Wert liegen muss, wenn eine Kühlung erreicht werden soll; wenn die Temperatur allerdings zu weit absinkt, wird die Grenzlinie wieder überschritten, und es tritt erneut Erwärmung ein. Bei Druckverminderung unter adiabatischen Bedingungen bewegt sich das System entlang einer der Isenthalpen (Kurven konstanter Enthalpie). An den Schnittpunkten zwischen der Grenzlinie und den Isenthalpen ändert diese das Vorzeichen der Steigung.


Abb. 2.31 Inversionstemperaturen von drei realen Gasen: Stickstoff, Wasserstoffund Helium.


Abb. 2.32 Prinzipskizze des Linde-Verfahrens. Das Gas wird im Kreislaufgeführt; wenn es sich unterhalb seiner Inversionstemperatur befindet, kühlt es sich bei jeder Entspannung durch die Drossel ab. Mit dem gekühlten Gas kühlt man den unter hohem Druck befindlichen Gasanteil, dessen Temperatur sinkt bei Entspannung noch weiter ab. Verflüssigtes Gas wird aufgefangen.

In einer Linde-Kältemaschine nutzt man den Joule–Thomson-Effekt zur Verflüssigung von Gasen (Abb. 2-32). Das unter hohem Druck stehende Gas entspannt sich durch eine Drossel, kühlt ab und wird im Gegenstrom am einströmenden Gas vorbei geführt. Dieses Gas wird dabei abgekühlt und kühlt sich bei der anschließenden Expansion noch weiter ab. Nach kurzer Zeit ist die Temperatur des Kreislaufgases so weit gesunken, dass es zu einer Flüssigkeit kondensiert.

Für ein ideales Gas ist μ = 0; seine Temperatur wird daher durch den Joule–Thomson-Effekt nicht beeinflusst. (Bei einer einfachen adiabatischen Expansion kühlt auch ein ideales Gas ab, denn es verrichtet Arbeit, siehe Abschnitt 2.1.6.) Daran wird deutlich, dass das Ausmaß des Effekts von der Stärke der zwischenmolekularen Wechselwirkungen abhängt. Der Joule–Thomson-Koeffizient eines realen Gases geht allerdings nicht unbedingt gegen null, wenn der Druck so weit verringert wird, dass das Verhalten nahezu ideal wird. μ ist ein Beispiel für die in Abschnitt 1.2.1 erwähnten Größen, die nicht von den Zustandsvariablen p, V und T selbst, sondern von ihren Ableitungen abhängen.

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