Читать книгу Morde zwischen Rhein und Themse - Peter Splitt - Страница 13

Dienstag, 12. März

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Beverly stieg aus dem Wagen. Fleming sollte sich auf Whitefields Anweisung hin ein Bild vom Tatort Sheila Moreno machen. In zwanzig Minuten würde er sich mit einem Polizisten bei Sheilas Haus treffen.

„Danke fürs Mitnehmen.“ Sie griff ihre Tasche und wollte die Autotür zuschlagen, sie zögerte. Einen Augenblick lang trafen sich ihre Blicke. „Was gibt’s denn?“, fragte sie unwillkürlich.

„Wie wäre es, wenn Sie die Werkstatt heute noch nicht anrufen? Ich könnte Sie nach Dienstschluss wieder nach Hause fahren.“

„Ich werd’s mir überlegen.“

Er zog die Augenbrauen hoch. „War das jetzt ein eindeutiges vielleicht?“

Sie nickte. „Bis später.“


Beverly schaute dem Wagen nach. Es hatte sie definitiv schwer erwischt. Aber es wunderte sie, dass sie dieses Gefühl tatsächlich genoss. Denn es gab da ein kleines Problem. Sie war sich nicht sicher, was er wollte. Unter keinen Umständen wollte Beverly wieder als Nebenbuhlerin im Bett eines gebundenen Mannes landen. Sie hatte auch keine Lust mehr auf kleine Abenteuer und kurze Affären, die zu nichts führten. Vielleicht sah Fleming sie nur als nette kleine Abwechslung, als Bonbon, das ihm die Arbeit hier im Yard versüßen würde. Sie durfte sich nicht verschätzen. Sie musste vorsichtig sein. Sie spürte, dass die Wunde, die Edward in ihre Seele gerissen hatte, nicht nur, weil er starb, sondern weil sie sich benutzt gefühlt hatte, noch nicht verheilt war. Auch die unerwiderten Gefühle Sands gegenüber schlummerten schon eine Ewigkeit wie nicht heilen wollende Risse in ihr. Beverly wollte sich nicht noch mehr zumuten.

Aber sie wünschte sich jemanden, der ihre verletzte Seele streichelte, der mit ihr lachte, der sie liebte und mit ihr schlief. Ob Fleming mehr als das letztere wollte, war wohl mehr als ungewiss.

„Chief Superintendent O’Brian rückt uns auf die Pelle, er macht mächtig Druck. Er wartet auf Ergebnisse. Die Sache mit den Annoncen ist zu aufwendig. Verdammt, es geht nicht voran.“ Whitefield schnaufte, sein rechtes Augenlid zuckte nervös. „Vorschläge!“ Der Tonfall war schroff, seine rechte Hand ballte sich, als wolle er auf den Tisch schlagen. In dieser Atmosphäre würde Beverly nicht noch einmal auf Coventry zurückkommen.

„Ich glaube, dass es notwendig ist, in Coventry vor Ort zu ermitteln, um die Spur von Timothy St. Williams wieder aufzunehmen“, bemerkte Sands, und Beverly sah ihn mit einem erstaunten Lächeln an. „Es ist denkbar, dass Maggie Hunter Nachbarn oder Freunde hatte, die ihn kannten, auch wenn er dort offiziell nicht gemeldet war. Wir sollten diese Möglichkeit zumindest ins Auge fassen.“

Der Superintendent sah Beverly scharf von der Seite an, es war der abstrafende Blick des Vorgesetzten, der in seinen Augen lag.

„Ich hab nichts damit zu tun.“

Sie hob die Hände, so, als wolle sie nicht erschossen werden und sah amüsiert Harolds irritierten Blick.

„Evans hatte gestern den gleichen Vorschlag“, warf Whitefield erklärend ein. Ein Hauch von Erheiterung huschte plötzlich über sein Gesicht. Er stapelte einige lose Zettel, brummte dabei unverständlich vor sich hin und blickte dann auf. „Also fahren Sie in Gottes Namen nach Coventry. ... Aber kommen Sie nicht mit leeren Händen zurück.“

Miller versperrte Beverly im Korridor den Weg. „Das habt ihr ja mal wieder geschickt eingefädelt, du und Sands, eine nette kleine Dienstreise. Whitefield, dieser Idiot, fällt auch auf jeden Schwachsinn rein. Sands muss ja ganz schön Respekt vor seiner Alten haben, wenn er mit dir bis nach Coventry fährt, nur um dich flachzulegen.“ Er wartete auf eine Reaktion, doch Beverly schaute ihn betont gleichgültig an. „Weiß er eigentlich, dass Fleming dich gestern schon vorgewärmt hat?“, grinste er.

„Ich kann es nicht mehr hören, Miller. Kümmere dich doch einfach um deinen eigenen Kram.“ Sie blickte zum Kopfende des Flurs, wo Sands, Stanton und Henderson noch mit Whitefield vor seiner Bürotür standen.

„Treffer versenkt, Evans. Er wird sicher begeistert sein, wenn er hört, in welchem Bett du dich gestern vergnügt hast. Die Suppe versalz ich dir.“ Er drehte sich um und lief auf die Gruppe zu, während Whitefield in seinem Büro verschwand.

Es dauerte keine Minute, bis Hank ihr wieder entgegenkam. Ohne ein weiteres Wort ging er an ihr vorbei; seine Miene verriet ihr, dass er anscheinend nicht den gewünschten Erfolg gehabt hatte.

Beverly saß entspannt neben Sands im Wagen. Sie hatten London hinter sich gelassen und fuhren über die M1 in Richtung Northampton. Besser hatte sie es eigentlich nicht treffen können. Vermutlich würde Fleming enttäuscht sein, wenn er mitbekam, dass sie nach Coventry unterwegs war. Insgeheim wünschte sie sich, er würde eifersüchtig sein, wenn er hörte, mit wem sie dorthin fuhr. Hank würde sicher dafür sorgen, dass er es brühwarm erfuhr. „Was hat Miller eigentlich von dir gewollt, Harold?“

Er seufzte. „Die üblichen geistlosen Sprüche über dich und unsere angebliche Affäre.“

„Was hat er gesagt?“

„Mm.“

„Ich will das jetzt wissen, Harold!“

„Er wäre um meine Gesundheit besorgt.“

„Er meinte doch wohl nicht...“ Sie brachte den Satz nicht zu Ende, Empörung stieg in ihr auf.

„Du solltest nichts auf Millers Geschwätz geben.“ „ … dass ich was Ansteckendes habe“, vervollständigte sie den Satz.

Inspektor Sands schwieg.

„Herrje! Sonst noch was?“

„Die Sache mit Fleming.“

„Wenn es nicht eine abgrundtiefe Gemeinheit wäre, solche Gerüchte in die Welt zu setzen, dann würde ich über diesen Blödsinn lachen. Er geht zu weit. Ich war gestern mit Fleming essen, mehr nicht.“ Sie beobachtete Harold von der Seite und wartete auf eine Reaktion.

Er blickte kurz zu ihr herüber und lächelte. „Ich habe ihm gesagt, dass seine Sprüche nichts an unseren Plänen ändern würden.“

Es war Mittag, als sie in Coventry ankamen. Sonnenstrahlen drängten sich durch die zerrissenen Wolken, es war kalt. Das Hotel lag an der Warwick Road. Die Außenwände waren von den tagtäglichen Abgaswolken geschwärzt, und als wollte dieses Gebäude seiner äußeren Gestalt trotzen, war es innen frisch renoviert, hell und modern. Der Eingangsbereich mit der Rezeption mündete rechts in eine Nische, die den Eingang zu einem Restaurant beherbergte. Neben dieser Nische führte ein Torbogen zu einer Bar. Links der Rezeption gab es ein Foyer, das mit hellen Korbmöbeln ausgestattet war. Drucke moderner Maler hingen an den hohen Wänden und brachten Farbe an die cremegestrichenen Wände. An der hinteren Seite dieses Raumes führte die Treppe mit einer engen Biegung nach oben, daneben waren die Aufzüge. Ihre Zimmer lagen im zweiten Stock. Beverly war mit der Ausstattung ihres Zimmers mehr als zufrieden. So komfortabel war sie auf einer Dienstreise noch nie untergebracht gewesen. Whitefield würde sich über die Spesenabrechnung freuen.

Beverly machte sich frisch. Danach aß sie gemeinsam mit Sands eine Kleinigkeit im Hotelrestaurant. Als sie aufbrachen war es windig. Sie fuhren die Little Park Street in nördlicher Richtung entlang, an der berühmten Kathedrale vorbei, und bogen in die Fairfax Street ein. Über die Primrose Hill Street verließen sie das Zentrum und fuhren bis an den Stadtrand, in die Greenwood Street, in der Maggie Hunter bis zu ihrem Tod gelebt hatte. Maggies Haus war das letzte von acht kleinen Häusern in der Straße. Obwohl alle die gleiche Bauweise und ein wahrscheinlich beträchtliches Alter aufwiesen, wirkten sie völlig unterschiedlich. Einige waren in gepflegtem, offensichtlich restauriertem Zustand, einige waren baufällig. Maggies Haus war augenscheinlich seit ihrem Tod unbewohnt und in schlechtem Zustand. Das rostige Gartentor war durch eine Vorhangkette gesichert, wohl um Kinder von dem Grundstück fern zu halten. Hinter dem löchrigen Zaun ein verwilderter Vorgarten, die Fenster im Erdgeschoss mit Brettern vernagelt, die Fensterscheiben im Giebel zerbrochen, das Dach voller Löcher. Das Nachbarhaus mit den hell gestrichenen Wänden, den grünen Fensterläden und dem dunkel gedeckten Dach ließ erahnen, wie Maggies Haus einmal ausgesehen haben könnte. Es würde sich vermutlich nicht mehr retten lassen und früher oder später dem Erdboden gleichgemacht werden. Auf der gegenüberliegenden Seite lag ein riesiges Grundstück voller Gestrüpp, auf dem die hässlichen Ruinen dreier Garagen standen. Hinter Maggies Haus machte die Straße eine Biegung, wurde schmaler und verschwand in einem Wald.

Beverly sah Sands an, dann gingen sie die kurze Auffahrt zum Nachbarhaus entlang. Zwei breite Stufen führten zur Tür hinauf. Beverly blickte auf das Türschild aus blankpoliertem Messing, in das der Name Ryan eingraviert war, und klingelte. Eine junge dunkelhaarige Frau in einem weißen Hosenanzug öffnete, ein kleiner Junge stand neben ihr, er krallte sich mit einer Hand an ihrem Hosenbein fest. Der Blick an ihr vorbei, in den Flur, offenbarte puren Luxus.

„Guten Tag, Mrs. Ryan. Entschuldigen Sie die Störung“, begann Beverly, zeigte ihren Ausweis und blickte der jungen Frau mit einem offenen Lächeln ins Gesicht. „Ich bin Sergeant Evans, das ist Inspektor Sands von Scotland Yard.“

Lucy Ryans Gesicht wirkte plötzlich wie versteinert, sie wurde kreidebleich. Sie griff mit der Hand zum Türrahmen, als müsse sie sich stützen. Beverly warf ihr einen besorgten Blick zu. „Ist Ihnen nicht gut, Mrs. Ryan?“

„Doch, doch“, antwortete sie hastig und streckte sich, so, als wolle sie den Eindruck völliger Fitness erwecken.

„Wir haben nur ein paar Fragen zu Ihrer früheren Nachbarin“, ergänzte Beverly rasch und die Gesichtszüge der jungen Frau entspannten sich. Das Kind zerrte an ihrer Hose.

„Sie meinen das baufällige Haus da nebenan?“

„Ja, haben Sie Maggie Hunter gekannt?“

„Tut mir leid, aber darüber weiß ich überhaupt nichts. Wir haben das Haus erst vor zwei Jahren gekauft. Über die Leute, die hier nebenan gewohnt haben, kann ich gar nichts sagen.“

„Haben Sie Kontakt zu den anderen Anwohnern, wissen Sie, wer hier schon länger wohnt?“

Sie schien einen Moment lang nachzudenken. „Vorn im zweiten Haus, das mit dem Efeu, da wohnt eine ältere Dame. Ich glaube, die hat schon immer hier gelebt.“

„Danke, Mrs. Ryan“, beendete Beverly das Gespräch.

Die Frau nahm den Jungen an die Hand und schloss die Tür.


„Hast du gesehen, Harold, wie sie reagiert hat, als ich Scotland Yard gesagt habe? Die hatte kein reines Gewissen.“ Beverly drehte sich noch einmal um, ein ganzes Register voller Verdächtigungen spulte sich in ihrem Kopf ab.

„Ja, war schon seltsam.“

„Ich tippe auf Steuerhinterziehung oder Versicherungsbetrug in großem Stil. Vielleicht hat sie ja auch das Kind illegal adoptiert, es sah ihr überhaupt nicht ähnlich.“

„Beverly!“

Sie lachte.

Das Haus mit dem Efeu war beinahe vollends von den Ranken bedeckt. Nur die Haustür, die Fenster und ein kleiner Teil des Daches waren noch zu sehen. Doris Boyle stand auf der Klingel. Es dauerte lange, bis die Tür geöffnet wurde. Miss Boyle war eine kleine rundliche Frau mit grauen Kräuselhaaren. Sie trug drei Strickjacken in verschiedenen Farben und Mustern übereinander, was sie noch breiter und ein wenig skurril wirken ließ. In der linken Hand hielt sie einen Gehstock. Beverly stellte sich und Sands vor. Die alte Dame ließ sie eintreten. Sie ging ihnen voraus, unsicher, wankte bei jedem Schritt. Sie setzten sich in einer kleinen Stube auf ein Sofa, dessen Sprungfedern durch das abgewetzte dunkelgrüne Polster drückten. Es war unangenehm kalt, der Raum war spärlich eingerichtet. Miss Boyle wischte mit einem Tuch über den runden Tisch und stellte eine kleine Schale mit Gebäck vor ihre Gäste hin. Dann ging sie zurück in die Küche, um Tee aufzugießen.

Eine Straße, acht Häuser, Mrs. Ryan, Miss Boyle. Dieser Gegensatz! Beverly starrte auf den löchrigen Teppich und musste augenblicklich an das Prachtstück in Victoria St. Williams Salon denken.

„Ich hoffe, dass der Tee nicht zu stark ist.“ Sie goss ihnen ein und setzte sich. „Ich hoffe, Sie frieren nicht. Ich habe leider keine Kohlen mehr für meinen Ofen.“ Sie wies auf einen rostigen kleinen Herd, der in der Ecke stand. „Das Geld reicht nie. Der Tee wird Sie aufwärmen.“

„Es ist schon alles in Ordnung so, danke Miss Boyle“, bemerkte Sands freundlich.

Sie nahm einen Schluck, stellte dann die Tasse vorsichtig zurück, so als sei das einfache Porzellan besonders kostbar.

„Sie sind also wegen Maggie Hunter hierher gekommen.“ Sie schob sich in dem wackligen Sessel in Position und fuhr fort.

„Ich habe sie gut gekannt. Ihre Eltern wohnten schon in dieser Straße. Maggie ist hier geboren, ihre Schwester Julia auch. Wir haben als Kinder zusammen gespielt, wir sind zusammen zur Schule gegangen. Maggie und ich sind beide Jahrgang zweiundzwanzig, müssen Sie wissen.“ Doris Boyle warf einen Blick aus dem Fenster bevor sie fortfuhr. „Maggie war Lehrerin, außerdem eine begabte Pianistin. Sie hat viele Jahre hier in Coventry an einer Schule gearbeitet. Bis wann war das noch? ... Ach ja, 54, ich glaube 1954. Da wurde die Schule geschlossen. Sie ist später nach West Bromwich gezogen und hat Privatunterricht für einen Jungen gegeben. Die Familie des Jungen war wohl sehr reich. Sie hat mal erzählt, dass sie nie wieder soviel Geld verdient hat wie dort.“ Doris Boyle nahm einen Keks und ihre Tasse. „Aber diese alten Geschichten interessieren Sie sicher nicht.“

„Uns interessiert alles, was Sie über Maggie Hunter wissen“, entgegnete Sands. Beverly konnte ihm ansehen, dass er genauso gespannt war wie sie, dass er diese Frau für einen Glücksfall hielt.

„Maggie war nicht gern in West Bromwich. Die Dienstgeberin war wohl sehr schwierig. Sie ist nur wegen des Kindes dort geblieben. Sie ist fast zehn Jahre dort gewesen. In dieser Zeit sind auch ihre Eltern gestorben. Dann ging es ihrer Schwester Julia so schlecht, dass sie sich nicht mehr selbst helfen konnte. Sie war schon jahrelang krank gewesen. Maggie ist dann hierher zurückgekommen, um sie zu pflegen. … Julia hatte diese furchtbare Krankheit. Wie heißt sie noch? Sklerose heißt sie, Multiple Sklerose.“ Doris Boyle seufzte tief. „Zwei Jahre hat Julia noch gelebt. Es ging ihr von Monat zu Monat schlechter. Manchmal konnte sie vor Schmerzen nächtelang nicht schlafen. Es war eine Qual für sie, es war eine Qual für Maggie, das mit ansehen zu müssen und ihr nicht helfen zu können. … Julia ist an einer Lungenentzündung gestorben, aber ich glaube, diese ganzen Medikamente haben sie umgebracht.“

Sands sprang so unvermittelt auf, dass Beverly erschrocken zusammenfuhr. „Entschuldigen Sie mich.“ Er hastete durch den Flur, riss die Haustür auf und verschwand nach draußen. Doris Boyle blickte betreten in Beverlys Gesicht.

„Was ist passiert? Hab ich was Falsches gesagt?“

„Nein, sicher nicht“, beruhigte Beverly die alte Dame, wobei sie ihre eigene Betroffenheit kaum verbergen konnte. Was war los mit Sands? Sie hatte noch nie erlebt, dass er sich mitten in einer Befragung einfach davonmachte. Sollte sie jetzt warten, bis er zurückkam? Sie erhob sich aus dem Sofa und blickte Doris mit einem ermutigenden Lächeln an.

„Ich sehe mal nach, wo er hin ist.“

Sands stand auf dem schmalen Plattenweg im Vorgarten, die Hände in den Hosentaschen, seine typische Haltung, wenn er in sich versunken war. Er blickte in die Wolken, die zerrissen vom Wind vorbeitrieben.

„Was ist los?“, fragte Beverly leise, Verwirrung schwang unüberhörbar in ihrer Stimme.

„Mir ist da gerade etwas in den Sinn gekommen. Ich muss einen Moment in Ruhe nachdenken“, erklärte er kurz, ohne sie dabei anzusehen. „Geh ruhig wieder rein, ich komme gleich nach.“

Der Himmel spiegelte sich in seinen Augen, und der Ausdruck seines Gesichts verriet ihr, dass er nicht einfach nur nachdachte. Es erschien ihr eher so, als würde er um Fassung ringen. Sie kannte ihn gelassen, klar und routiniert, so wie jetzt hatte sie ihn noch nie vorher erlebt, nicht ein einziges Mal in den vergangenen vier Jahren. Aber was war denn geschehen? Es war doch offensichtlich überhaupt nichts vorgefallen, rein gar nichts. Sie ließ ihn allein und ging wieder ins Haus, um weiterzumachen. Sie führte die Befragung in Doris Boyles kaltem Wohnzimmer allein zu Ende, denn Sands kam nicht wieder zurück.

Die Sonne hatte sich nun vollends hinter der Decke dahintreibender Wolken zurückgezogen, es sah nach Regen aus. Beverly und Sands saßen schweigend im Wagen und sie machte einige Notizen. Dann warf sie die Mappe auf den Rücksitz und sah ihn von der Seite an. „Du hast einiges verpasst, Harold. Timothy St. Williams hat tatsächlich bis zu Maggie Hunters Tod in dieser Straße gewohnt, das sind fast siebzehn Jahre. Maggie hat es irgendwie geschafft, ihm gültige Papiere zu verschaffen, und zwar auf den Namen Tim Wilson. Sie wollte wohl vermeiden, dass seine Mutter in aufspürt. Sie hat jedem erzählt, dass er in einem brennenden Haus alles verloren hätte, dass er sogar sein Gedächtnis verloren hätte und nur knapp mit dem Leben davongekommen sei. Die Behörden konnten seine Existenz bei ihren Überprüfungen nicht nachvollziehen. Sie glaubten zunächst, er sei illegal eingewandert. … Tim Wilson muss Timothy St. Williams sein. Maggie Hunter hatte doch diesen Brief an Maria Clement geschickt und ihr mitgeteilt, dass Timothy bei ihr lebte. Wieso hätte sie das tun sollen, wenn es nicht so wäre? Und pass auf: Doris Boyle sagt, dass nach dem Tod ihrer Schwester nie jemand anderes als Tim Wilson bei Maggie gewohnt hat. Hörst du mir überhaupt zu, Harold?“

Sein Blick war reglos auf Miss Hunters Haus gerichtet. „Ja, ich kann dir durchaus folgen.“

„Miss Boyle sagte, er sei still, höflich und immer hilfsbereit gewesen. Sie habe es bedauert, dass er nach Maggies Tod von hier weggezogen sei. So weit so gut. Leider weiß sie nicht wohin er gezogen ist.“ Beverly blätterte in ihrem Notizblock. „Drei Häuser, einschließlich das von Maggie, sind unbewohnt, Mrs. Ryan hatten wir schon, die Nachbarn links neben Doris Boyle wohnen seit etwa vier Jahren hier, die rechts etwa genauso lange. Das drittletzte Haus wird seit einem Jahr von einer Wohngemeinschaft belagert. Miss Boyle ist also die einzige hier, die Maggie noch gekannt hat. Sie hat mir die Adresse des damaligen Hausarztes gegeben. Sie meinte, er würde noch leben. Und? Was meinst du?“

Sands wandte seinen Blick von dem Haus ab, um sie anzusehen. „Ich denke, du hast Recht. Es ist unter diesen Umständen mehr als wahrscheinlich, dass Tim Wilson und Timothy St. Williams ein und dieselbe Person sind. Wir sollten morgen diesen Arzt aufsuchen. Wir sollten auch die Eintragungen bei der Meldebehörde überprüfen. Vielleicht ist dort vermerkt, wo er hingezogen ist. Außerdem sollten wir Kontakt zur Kripo in Coventry aufnehmen.“

„Es war eine gute Entscheidung hierher zu kommen“, schloss Beverly.

Sie saßen eine Weile schweigend, betrachteten Maggies baufälliges Haus und die dunklen Wolken, die darüber hinwegzogen. Es war ein schauerlich schöner Anblick. Der Wind zerrte an den Ästen der Bäume, die nackt im zitternden Gesträuch standen. Der Rest eines Vorhangs wehte aus einem der oberen Fenster.

Sands sah Beverly an, sie nickte. Sie ergriff die Stablampe, die im Seitenfach der Tür lag, und stieg aus. Sie schlüpften durch ein Loch im Zaun und bahnten sich einen Weg durch das schulterhohe Gestrüpp. Es war jetzt stürmisch, erste vereinzelte Regentropfen schlugen ihnen ins Gesicht. Die Haustür war verbarrikadiert. Es gab keine Möglichkeit dort einzudringen. Auf der Rückseite fanden sie einen Schacht, in dem eine steile Treppe zu einer Tür hinabführte. Sie stiegen die moosbedeckten Stufen hinab. Die Kellertür ließ sich mit sanfter Gewalt und einem unangenehmen Knarren öffnen. Beverly knipste die Stablampe an und folgte Sands in die Dunkelheit. Es roch nach Moder. Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, wie viele kleine Augenpaare sie jetzt beobachteten. Die Kellerwände waren feucht und bröckelten. Rostige Eisenstangen lehnten in einer Ecke, fauliges Kaminholz lag an einer Wand, die Reste eines Weidenkorbes standen davor. Sie beleuchtete eine schmale, schäbige Holztür. Sands versuchte sie zu öffnen, doch sie klemmte. Vermutlich war sie durch die Feuchtigkeit der vergangenen Jahre aufgequollen. Mit einer Eisenstange schlug er ein Loch in das morsche Holz und versuchte die Tür aufzustemmen. Mit einem Krachen barsten die Bretter, sie kippten ihm entgegen. Er machte einen Satz zur Seite, und die Tür krachte vor ihm auf den Boden.

„Mein Gott, Ich wusste ja gar nicht, dass du so rabiat sein kannst“, staunte Beverly.

Er zog eine Augenbraue hoch und sie lächelte.


Der Durchgang führte in einen zweiten Raum. Die Luft war erdrückend. Schwarzer Schimmel zog sich durch das Gemäuer, Kellerasseln flohen vor dem grellen Licht der Stablampe unter die Überbleibsel einer toten Ratte. Der Raum war leer, aber eine schmale Holztreppe führte nach oben. Sie gingen nacheinander, vorsichtig, und hielten sich dicht an der Wand. Die Tür zum Flur des Hauses ließ sich mühelos öffnen. Sofort war Zugluft spürbar, die durch die Ritzen der vernagelten, scheibenlosen Fenster strömte. Überall lagen Bretter, Tapetenreste, abgebröckelter Putz, Scherben. An einigen der Fenster hingen Stofffetzen, die einmal Gardinen gewesen waren. Nichts erinnerte daran, das hier eine begabte Pianistin gelebt hatte. Gähnende Leere starrte sie an. Hatte Maggie Verwandte gehabt, die nach ihrem Tod das Haus leergeräumt hatten, hatte St. Williams alles verkauft, was sie besessen hatte, oder war er gegangen, ohne irgendetwas mitzunehmen, so wie damals in West Bromwich? War das Haus nach und nach geplündert worden, weil es leer stand? Oder hatten Mitarbeiter der Stadt für eine Räumung gesorgt? Sie würden keine Antwort auf diese Fragen bekommen, denn selbst Doris Boyle hatte nicht sagen können, wo Maggies Sachen geblieben waren. Sie gingen nach oben. Auf dem Flur hing die Klappe zum Dachboden offen herunter, an der Stirnseite stand ein kleines Schränkchen. Beverly öffnete die Tür, sie brach ab. Es war nichts darin, und es blieb das einzige Möbelstück, das sie fanden. Der Dachboden! Sie würde nicht gehen, bevor sie nicht oben gewesen war. Sie sah Sands an und wusste, dass er das Gleiche dachte. „Räuberleiter?“, fragte sie.

„Räuberleiter!“, war seine kurze Antwort.

Er verschränkte die Hände ineinander, und sie stieg hinauf. Bleiches Licht und Regen fielen durch die Löcher im Dach. Sie konnte den schwarz verhangenen Himmel sehen. Der Boden unter ihren Füßen knarrte bedrohlich; bei jedem Schritt hatte sie das ungute Gefühl, die Bohlen könnten jeden Augenblick unter ihr nachgeben. Sie leuchtete mit der Stablampe ringsum: Spinnenweben, zwei zerbrochene Stühle, Matratzen, ein altes Bettgestell, eine Stehlampe und ein paar Kartons mit Rollen alter Tapete und mottenzerfressenen Decken, ... sollte das alles sein? Sie spürte den Staub in ihrem Hals, er zwang sie zu husten. Beverly ließ den Schein der Lampe bis in die hinteren Ecken wandern, wo sich die Balken mit dem Haus verbanden. Dort standen zwei Holzkisten. Sie kroch durch den fingerdicken Staub unter die Dachschräge und hörte ein leises Wimmern. Einen Moment lang hielt sie erschrocken den Atem an, dann leuchtete sie in die vordere Kiste. Ein Wurf junger Kätzchen quengelte nach seiner Mutter. Ein Lächeln huschte über Beverlys Gesicht, als sie die bunten Fellknäuel sah, die sich in ihrem weichen Nest aneinander drängten. Sie widerstand der Versuchung, sie anzufassen, und zog die andere Kiste unter der Schräge hervor. Ein sorgsam verschnürter Karton lag darin. Sie nahm ihn heraus, er war unerwartet schwer. „Ich hab’ was gefunden.“ Sie schob den Karton zur Luke und ließ ihn herunterfallen. Sands fing ihn auf, eine Staubwolke nebelte ihn ein.

„Zur Seite, ich komme jetzt runter.“ Sie setzte sich in die Luke, stieß sich ab und landete sicher auf dem abgewetzten Boden des Flurs.

„Darf ich mal?“, fragte er kurz und begann an ihrer Frisur zu zupfen, „du hast Spinnweben in den Haaren und Spinnen.“ Sie hielt still und sah ihn an. „Du siehst irgendwie auch nicht mehr taufrisch aus.“ Und deine Hände in meinen Haaren. Sie spürte einen wohligen Schauer ihren Nacken hinabrieseln.

Er lachte. Das war selten. „Sieh dich mal an, der reinste Staubwedel.“

Hastig klopfte sie ihre Kleidung ab, dann traten sie den Rückweg durch das Haus von Maggie Hunter an.

Draußen goss es Bindfäden, der Regen gab ihrem Outfit endgültig den Rest. Sie bahnten sich den Weg zurück durch das nasse Gestrüpp. Im Wagen befreite Beverly den Karton von seiner Verschnürung. Er war voller vergilbter Notenblätter und Sands schien ihr die Enttäuschung anzusehen.

„Lass uns zum Hotel fahren. Wir müssen erst mal aus den nassen Sachen raus. Die Papiere sehen wir uns anschließend genauer an.“

„Du hast Recht“, entgegnete sie. „Ich bin nicht gerade scharf auf eine Erkältung. Was ich jetzt dringend brauche, ist eine heiße Dusche.“

Beverly ließ ein Foto nach dem anderen durch ihre Hände wandern während Doris Boyle sie aufmerksam ansah.

„Die Bilder sind von einem Sommerfest. Das da ist Tim Wilson, daneben sehen Sie Maggie.“

Tim Wilson. Timothy St. Williams. Ein hochgewachsener junger Mann mit blassen schmalen Zügen und einer sanften Ausstrahlung. Timothys langes dunkelblondes Haar war im Nacken zu einem Zopf zusammengebunden. Er trug eine dunkle Hose und ein weißes Hemd. Die Art, wie er da neben Maggie stand, beinahe geduckt, ängstlich, den Blick auf sie gerichtet, erweckte den Eindruck, man müsse ihn beschützen.

„Eigentlich ist er nie irgendwohin gegangen, Maggie muss ihn wohl überredet haben.“

„Wer ist die Familie auf dem anderen Foto?“, fragte Beverly interessiert. Sie musterte das Paar, das mit einem blonden Jungen auf einem hellen Sofa saß. Das Kind mochte vielleicht vier Jahre alt sein und lächelte den beiden Betrachterinnen gewitzt entgegen. Mit der Weste, die es über einem blauen Hemd trug, wirkte es wie ein Gentleman in Miniformat. Der Mann mochte etwa Sands’ Alter haben, er war dunkelblond, gutaussehend und trug eine Brille. Der Anzug aus dunklem Stoff stand ihm vortrefflich, seine entspannte Miene ließ ihn sehr symphatisch wirken. Die Frau schien wesentlich jünger zu sein. Die edlen Gesichtszüge wirkten streng und aristokratisch. Ihr brünettes Haar war zu einer eleganten Frisur hochgesteckt; das schmale schwarze Kleid, das sie trug, ließ die Schultern unbedeckt. Sie waren offensichtlich zu einem festlichen Anlass geladen gewesen und hatten sich fotografieren lassen. Doris betrachtete das Bild einen Augenblick lang, dann gab sie es zurück.

„Das weiß ich leider nicht. Jedenfalls haben sie nie hier in der Straße gewohnt.“

Beverly steckte die Fotos wieder in ihre Tasche und bedankte sich.


Das Wetter hatte sich nicht beruhigt. Sie rannte zum Wagen. Der Regen prasselte gegen die Windschutzscheibe. Während sie fuhr, schwebten die Bilder vor ihrem inneren Auge. Wer war die Familie auf dem Foto? Warum hatte St. Williams es aufbewahrt? Wo war er? Wohin war er nach Maggies Tod verschwunden? Beverly hatte, nachdem sie die Fotos zwischen den Notenblättern gefunden hatten, nicht zu glauben gewagt, dass auch St. Williams auf einem der Bilder sein könnte. Sie hatte auf keinen Fall bis zum Morgen warten wollen und war nach dem Abendessen allein in die Greenwood Street zurückgekehrt. Jetzt hatte sie nicht nur ein Foto von ihm, sondern das Bild einer Familie, zu der er irgendeine Verbindung haben musste. Aber welche? Würden sie ihn finden, wenn sie herausbekamen, wer diese Familie war?

Beverly warf den nassen Mantel über einen der Korbsessel und setzte sich zu Sands ins Foyer. Sie schob seinen Schlüsselbund über den Tisch und lächelte zufrieden.

„Er ist auf dem Foto.“ Sie legte die Sommerfestszene auf den Tisch und ihren Finger auf Timothy. Sands betrachtete das Bild einen Moment schweigend, und Beverly legte das Familienfoto daneben. „Wer diese Leute sind, konnte mir Miss Boyle nicht sagen. Vielleicht kannte er sie und ist nach Maggies Tod dort untergeschlüpft. Wieder ein Puzzleteil. Aber wohin damit?“

„Zumindest hat einer unserer Tatverdächtigen jetzt ein Gesicht bekommen“, antwortete Sands. „Das ist mehr als ich mir von Coventry erhofft hatte.“

Es war fast Mitternacht. Obwohl sich Beverly völlig erschöpft fühlte, konnte sie keinen Schlaf finden. Durst quälte sie, aber sie wollte den Zimmerservice um diese Zeit nicht mehr bemühen. Ihre Gedanken kreisten und ließen sie nicht los. Sie stand auf, ging ans Fenster. Gedankenverloren blickte sie durch die Scheibe den Rücklichtern der Autos hinterher. Es regnete noch immer, sie fröstelte. Die Bar war sicher noch geöffnet. Sie würde sich ein Glas trockenen Wein holen. Sie schlüpfte in das hautenge cremefarbene Etuikleid, das sie immer in die Tasche packte, aber noch nie angezogen hatte. Sie hatte nicht einmal passende Schuhe dazu. Der Flur war menschenleer. Barfüßig lief sie die Treppe hinunter ins Foyer, an der Anmeldung vorbei und in die Hotelbar. Das Licht war gedämpft. Ein Pärchen saß am Tresen, und jemand saß allein an einem der Tische, eine fast leere Flasche Wein und ein halbvolles Glas vor sich, den Kopf in die Hände gestützt. Es war Sands. Sie vergaß auf der Stelle, was sie eigentlich wollte, setzte sich zu ihm. Er ließ die Hände sinken und schaute sie an. Er sah erschöpft und unglücklich aus. Er warf einen Blick zum Kellner herüber, der ein Glas und eine weitere Flasche Rotwein brachte. Beverly hatte Sands niemals vorher so erlebt; er hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, sie hier um diese Zeit noch zu sehen. Sie wusste, wie zermürbend ihre Ermittlungsarbeit sein konnte, aber es war wohl etwas anderes, das ihn beschäftigte. Sie konnte nicht leugnen, dass sein Anblick ihr wehtat.

„Ich weiß, dass mich dein Privatleben nichts angeht, Harold, aber wenn ich dir irgendwie helfen kann...“

Er senkte den Kopf, und Beverly fühlte sich völlig hilflos. Sie schwiegen. Leise Musik füllte die Stille, bis Sands seinen Blick wieder hob. „Danke, Beverly, aber ich fürchte, das kannst du nicht.“

Sie schaute ihm in die brennenden Augen, jetzt hielt er ihrem Blick wieder mühelos stand. „Lass es mich wenigstens versuchen.“

Er schüttelte langsam den Kopf und ließ sie dabei nicht aus den Augen.

Er hat Angst vor meiner Nähe. Beverly war sich sicher.

„Du lässt dir niemals in die Seele blicken“, flüsterte sie. Es war eine Feststellung.

Er lächelte müde und musterte sie. Beverly wurde sich bewusst, dass er sie nie zuvor so gesehen hatte, nur als Frau, in einem engen Kleid, das Haar offen in roten Wellen bis zu den Hüften herabfallend. Sie ergriff ihr Weinglas und trank es in einem Zug leer. Er schenkte ihr nach. Sie hätte alles darum gegeben zu erfahren, was er jetzt dachte. Sie saßen einfach da, ohne ein weiteres Wort, und leerten die Flasche Wein. Sie sah ihn an, sein Blick wanderte über ihr Haar, ihr Gesicht, ihren Körper. Der Moment und der Alkohol wühlten sie auf.

„Lass uns tanzen.“

Tanzen? Beverly, du hast dich verhört!

Er erhob sich, ohne sie aus den Augen zu lassen. Er nahm ihre Hand. Augenblicklich begann ihr Puls zu rasen. Sie fragte sich, wie viel er schon getrunken hatte. Wie selbstverständlich strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, seine Fingerspitzen streiften ihre Haut. Sie begannen zu tanzen, der Abstand ihrer Körper schmolz in wenigen Sekunden zu einem hauchdünnen Nichts. Niemals vorher war sie ihm so nah gewesen. Sie spürte mit einem heißen Schauer, wie er seine Arme eng um ihren Körper schlang und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Sie atmete seinen Duft, genoss seine Wärme und spürte, wie Begierde in ihr wach wurde. Mit geschlossenen Augen stellte sie sich vor, sie würde seine Haut auf ihrer spüren, sie würde ihn nie wieder loslassen. Sie versuchte, sich von einem Gefühl der Unendlichkeit tragen zu lassen, spürte keine Müdigkeit, keine Kälte. Sie dachte nicht mehr an die Dinge, die sie hierher gebracht hatten. London war so weit weg.

Doch plötzlich hörte die Musik auf. Nur noch das leise Klirren der Gläser, die ins Regal gestellt wurden, war zu hören; es war offensichtlich, dass der Barkeeper Feierabend machen wollte. Sie standen eine Weile still und eng umschlungen. Ihre Blicke trafen sich. Beverly konnte sich nicht entsinnen, dass Sands sie jemals so angesehen hatte. Einen winzigen Augenblick lang glaubte sie, er würde sie küssen. Sie zögerte. Er ist verheiratet, ... er hat getrunken, ... er wird es bereuen. Und in diesem Moment löste er vorsichtig seine Umarmung.

Morde zwischen Rhein und Themse

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