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1. Haftung für fehlerhaften Verkaufsprospekt (§ 20 VermAnlG)

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Die Haftung bei fehlerhaftem Verkaufsprospekt nach § 20 VermAnlG entspricht weitgehend derjenigen des § 13 VerkProspG aF iVm §§ 44 ff BörsG aF. Anwendbar ist das VermAnlG ab Erreichen bestimmter „Schwellenwerte“. Unanwendbar ist es, wenn bei einem Angebot von derselben Vermögensanlage nicht mehr als 20 Anteile angeboten werden, der Verkaufspreis der im Zeitraum von zwölf Monaten angebotenen Anteile insgesamt 100 000 Euro nicht übersteigt oder der Preis jedes angebotenen Anteils mindestens 200 000 Euro je Anleger beträgt (§ 2 Nr. 3 VermAnlG).

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Voraussetzung für eine Haftung ist, dass es sich um einen Verkaufsprospekt iS des VermAnlG handelt und dieser bzgl wesentlicher Angaben[26] fehlerhaft (unrichtig oder unvollständig) ist[27]. Maßgeblich ist eine ex-ante-Sichtweise (Zeitpunkt der Prospektveröffentlichung)[28].

→ Definition:

Wesentliche Angaben sind solche, die ein Anleger „eher als nicht“ bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde[29].

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Das Vorliegen von Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit bemisst sich nach dem Empfängerhorizont. Hierbei ist grds auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen Anlegers abzustellen. Sofern sich der Emittent ausdrücklich auch an das unkundige und börsenunerfahrene Publikum wendet, ist auf einen durchschnittlichen (Klein-)Anleger abzustellen, der über keine Spezialkenntnisse verfügt[30].

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Haftungsadressat ist derjenige, von dem der Erlass des Verkaufsprospekts ausgeht, und derjenige, der für den Prospekt die Verantwortung übernommen hat[31]. Beide haften gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz (§ 20 Abs. 1 VermAnlG).

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Erforderlich ist zudem eine haftungsbegründende Kausalität, dh es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen fehlerhaftem Prospekt und Erwerb der Vermögensanlage bestehen (§ 20 Abs. 4 Nr. 1 VermAnlG). Die Kausalität wird widerleglich vermutet[32]. Eine Haftung nach § 20 Abs. 1 VermAnlG setzt auch Verschulden voraus[33]. Die Haftung entfällt, wenn der Anspruchsgegner nachweist, dass er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Prospektangaben nicht gekannt hat und diese Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. Ein Haftungsausschluss tritt zudem ein, wenn die fehlerhaften Angaben nicht zu einer Minderung des Erwerbspreises der Vermögensanlagen beigetragen haben oder der Erwerber die Fehlerhaftigkeit kannte (§ 20 Abs. 4 Nr. 2 und 3 VermAnlG).

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Die Rechtsfolge unterscheidet sich je nachdem, ob der Erwerber noch Inhaber der Vermögensanlage ist oder nicht. Nach § 20 Abs. 1 VermAnlG kann derjenige, der noch Inhaber ist, die Übernahme der Vermögensanlagen gegen Erstattung des Erwerbspreises, soweit dieser den ersten Erwerbspreis der Vermögensanlagen nicht überschreitet, sowie die mit dem Erwerb verbundenen üblichen Kosten verlangen. Sofern der Erwerber nicht mehr Inhaber ist, kann er die Zahlung des Unterschiedsbetrags zwischen dem Erwerbspreis, soweit dieser den ersten Erwerbspreis nicht überschreitet, und dem Veräußerungspreis der Vermögensanlage verlangen. Außerdem kann er die mit dem Erwerb und der Veräußerung verbundenen üblichen Kosten geltend machen (§ 20 Abs. 2 VermAnlG).

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Verjährung tritt innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis oder zehn Jahren ab Entstehung des Schadensersatzanspruchs ein (§§ 195, 199 BGB). Die noch im VerkProspG enthaltene kurze Sonderverjährungsfrist von maximal drei Jahren ab Entstehung des Anspruchs wurde nicht übernommen.

301

Die nach §§ 44 Abs. 1 BörsG aF iVm § 13 Abs. 1 Nr. 1 VerkProspG aF geltende sechsmonatige Ausschlussfrist für Haftungsansprüche wurde für Vermögensanlagen als nicht sachgerecht angesehen, da der Verkaufsprospekt für die Anlageentscheidung eine größere und zeitlich längere Bedeutung habe[34]. Damit sind alle Erwerbe während der Dauer des öffentlichen Angebots erfasst, begrenzt auf zwei Jahre nach dem ersten öffentlichen Angebot (§ 20 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG). Die Bezugnahme auf die Dauer des öffentlichen Angebots wird damit begründet, dass danach für den Prospekt keine Nachtragspflicht mehr besteht, er also veraltet sein darf[35].

302

Im Hinblick auf das Verhältnis der Prospekthaftung nach dem VermAnlG zu deliktischen Ansprüchen können letztere auch bei lediglich fahrlässigem Verhalten geltend gemacht werden (§ 20 Abs. 6 Satz 2 VermAnlG). Eine Beschränkung allein auf vorsätzliche oder grob fahrlässige unerlaubte Handlungen wurde nicht übernommen[36]. Umstritten ist das Konkurrenzverhältnis zur bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung. Überwiegend wird angenommen, dass die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung ieS vom VermAnlG verdrängt wird, wohingegen die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung iwS anwendbar bleibt[37].

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