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1. Grundlagen

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Führt der Geschäftsführer ein für ihn fremdes Geschäft, dessen Wahrnehmung aber auch ihm obliegt, können die Regeln der GoA trotz der Mitverpflichtung des anderen eingreifen (auch-fremdes Geschäft). Die Bejahung des Tatbestandsmerkmals fremdes Geschäft wird regelmäßig unproblematisch sein, da es ausreicht, wenn die Geschäftsübernahme sowohl im eigenen als auch im fremden Interesse liegt.

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Schwierigkeiten wirft aber das Tatbestandsmerkmal des Fremdgeschäftsführungswillens auf. Nach der Rechtsprechung wird beim auch-fremden Geschäft der Fremdgeschäftsführungswille ebenfalls vermutet[31]. In der Literatur wird dagegen teilweise verlangt, dass der Fremdgeschäftsführungswille (wie beim neutralen Geschäft) äußerlich erkennbar in Erscheinung treten müsse[32]. Die Rechtsprechungsansicht führe zu einer bloßen Fiktion des Fremdgeschäftsführungswillens und überdehne damit den Anwendungsbereich der GoA. Charakteristisch für die GoA sei das altruistische Handeln des Fremdgeschäftsführers. Deshalb müsse der Fremdgeschäftsführungswille positiv festgestellt werden. Das kann jedoch zu großen Beweisschwierigkeiten führen.

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Damit lassen sich verschiedene Problembereiche herausfiltern[33]: Zum einen stellt sich die Frage nach der Behandlung der Fälle, in denen der Geschäftsführer ein auch eigenes Geschäft ohne anderweitige Verpflichtung führt, sodann Fälle, in denen der Geschäftsführer dieses aufgrund privatrechtlicher Handlungspflichten (Vertrag mit einem Dritten, nichtiger Vertrag) führt (unten Rn. 45 ff.) und schließlich Fälle, in denen für den Geschäftsführer (auch) eine öffentlich-rechtliche Handlungspflicht besteht (unten Rn. 67 ff.).

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In Fall 4[34] nimmt der Geschäftsführer eigene Interessen wahr, ohne vertraglich oder öffentlich-rechtlich dazu verpflichtet zu sein. Hier geht es um die Frage der Ersatzfähigkeit von sog. Selbsthilfeaufwendungen: A will seinen Pkw in seine Garage fahren. Die Zufahrt ist jedoch vom Pkw des B versperrt. A lässt den Wagen abschleppen und verlangt von B die Abschleppkosten aus GoA ersetzt. Zu Recht?

Ein vertraglicher Anspruch des A gegen B besteht nicht. A könnte aber einen Anspruch auf Ersatz der Abschleppkosten nach §§ 677, 683 S. 1, 670 haben[35].

1. Das setzt zunächst voraus, dass A ein fremdes Geschäft geführt hat, also die Geschäftsführung (zumindest auch) dem Rechts- und Interessenkreis eines anderen angehört. A wollte sich freie Zufahrt zu seiner Garage verschaffen. Das Abschleppenlassen des Pkw durch den Abschleppunternehmer (Geschäftsführungsgehilfe) lag demnach im eigenen Interesse des A.

Zu berücksichtigen ist aber, dass das Parken vor Grundstücksein- und -ausfahrten nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO unzulässig ist. Die Beseitigung einer verkehrswidrigen Situation ist aber primär Sache des Fahrers oder Halters[36]. Zudem benutzt B als Nichtberechtigter ein fremdes Grundstück, indem er seinen Pkw dort abstellt. Es kommen daher Unterlassungsansprüche des Berechtigten nach §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 gegen Fahrer und Halter und auch eine Besitzkehr nach § 859 Abs. 3 in Betracht[37]. A hat hier als Geschäftsführer durch das Abschleppenlassen eine Verbindlichkeit erfüllt, die dem B (Geschäftsherr) gerade ihm, A, gegenüber bestand. Obwohl A sich selbst „freie Fahrt“ verschaffen wollte, hat er somit zumindest auch ein fremdes Geschäft geführt, nämlich das des B.

2. Bei einem auch-fremden Geschäft wird der Fremdgeschäftsführungswille nach h.M. vermutet. Sodann muss A ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung gehandelt haben. Das ist hier der Fall.

3. Schließlich muss die Geschäftsführung auch dem Interesse und Willen des Geschäftsherrn entsprechen, damit eine berechtigte GoA vorliegt. Die Übernahme des Geschäfts entspricht dem Interesse des Geschäftsherrn B, da sie insofern objektiv nützlich ist, als er von seiner Pflicht, das Fahrzeug zu entfernen, befreit wird.

Außerdem müsste die Übernahme der Geschäftsführung auch dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprechen (ein ausdrücklicher oder konkludenter Wille ist nicht ersichtlich). Ein objektiv nützliches Geschäft entspricht zwar regelmäßig auch dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn[38], maßgeblich sind jedoch die Umstände des Einzelfalls. Während beim objektiven Interesse die Kosten für das Entfernen des verkehrswidrig abgestellten Pkw ohne Bedeutung sind, finden sie bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens Berücksichtigung[39]. Wer sein Fahrzeug unbefugt auf einem fremden Grundstück abstellt, ist nach h.M. nicht mit einem kostenpflichtigen Abschleppen seines Pkw einverstanden, es sei denn, der durch die widerrechtliche Benutzung drohende Schaden ist höher als die Abschleppkosten[40]. Das ist hier nicht der Fall, sodass das Entfernen des Pkw durch A nicht dem mutmaßlichen Willen des B entspricht.

4. Der entgegenstehende Wille ist auch nicht gemäß § 679 unbeachtlich. Ein Abschleppen des unbefugt abgestellten Pkw liegt ausschließlich dann im öffentlichen Interesse, wenn nicht nur der Besitz oder das Eigentum beeinträchtigt sind, sondern es müssen nach h.M. darüber hinaus Leben, Gesundheit oder wichtige Sachgüter durch das verbotswidrig abgestellte Kfz konkret gefährdet sein (Feuerwehrzufahrt oder Krankentransport)[41], was hier bei der privaten Grundstückszufahrt des A nicht der Fall ist. Ein Anspruch des A auf Ersatz der Abschleppkosten aus berechtigter GoA scheidet daher aus[42].

Examens-Repetitorium Besonderes Schuldrecht 2

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