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III. Geschäftsfähigkeit der Beteiligten

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In Bezug auf die Geschäftsfähigkeit ist zwischen derjenigen des Geschäftsherrn und derjenigen des Geschäftsführers zu unterscheiden. Ist der Geschäftsherr nicht (voll) geschäftsfähig, so ist das im Hinblick auf die Entstehung des gesetzlichen Schuldverhältnisses unerheblich. Auch die GoA für einen Geschäftsunfähigen kann berechtigt sein. Kommt es auf den Willen des Geschäftsherrn an (§§ 677, 683), ist der Wille des gesetzlichen Vertreters entscheidend[102]. Das gilt auch für die Genehmigung (§ 684 S. 2) oder die Entschließung i.S. des § 681. Sofern der Geschäftsherr, etwa wenn er bewusstlos ist, keinen gesetzlichen Vertreter hat, ist bei der Frage der Berechtigung der GoA auf seinen mutmaßlichen Willen abzustellen[103].

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Ist der Geschäftsführer nicht oder nur beschränkt geschäftsfähig, so hat das nach einer Ansicht die entsprechende Anwendung der §§ 104 ff. zur Folge, da die GoA eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung sei[104]. Danach soll eine Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich sein. Nach h.M. hingegen hat die Geschäftsfähigkeit keinen Einfluss auf die Entstehung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses wie der GoA. Die mangelnde oder beschränkte Geschäftsfähigkeit führe nur zu der im Gesetz mit § 682 angeordneten Haftungsbeschränkung[105]. Der nicht (voll) Geschäftsfähige haftet also nur nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung (mit der Erleichterung der §§ 827 ff.) oder über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (Rechtsgrundverweisung, h.M.)[106].

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Der h.M. ist zuzustimmen, da sich der Geschäftsunfähige oder beschränkt Geschäftsfähige ohnehin nicht selbst wirksam rechtsgeschäftlich verpflichten kann. Er haftet nach § 179 Abs. 3 S. 2 auch nicht als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Abgesehen davon müsste ansonsten zwischen rechtsgeschäftlichen und tatsächlichen Handlungen differenziert werden, denn für letztere (z.B. Rettung durch einen Minderjährigen) ist es nicht geboten, die §§ 104 ff. entsprechend anzuwenden. Mit der h.M. entsteht das Schuldverhältnis der berechtigten GoA daher auch mit dem nicht voll Geschäftsfähigen (d.h. auch ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters)[107]. Dafür spricht auch, dass ansonsten der nicht voll Geschäftsfähige schlechter gestellt wäre als ein Geschäftsfähiger, da seine Geschäftsführung stets unberechtigt wäre und ihm nie ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 683 zustehen könnte.

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Die Auswirkungen des Minderjährigenrechts zeigt auch Fall 10[108]: Der 17-jährige M fliegt mit der Fluggesellschaft F ohne gültigen Flugschein von Hamburg nach X. Dort wird ihm die Einreise mangels Visum verweigert. F befördert ihn noch am selben Tag zurück, nachdem sich M zur Zahlung des Rückflugs schriftlich verpflichtet hat. Zu Hause angekommen, verweigert M die Zahlung. Seine Eltern billigen weder den Flug noch die Zahlungsverpflichtung. F verlangt von M sowie den Eltern Zahlung für den Rückflug aus GoA. Zu Recht?

1. F könnte einen Anspruch gegen M auf Aufwendungsersatz aus §§ 677, 683 S. 1, 670 haben[109]. Ein Beförderungsvertrag zwischen M und F ist nicht zustande gekommen, weil die Eltern als gesetzliche Vertreter des M die nach §§ 107 f. erforderliche Genehmigung verweigert haben.

In den Fällen eines unwirksamen Vertrags ist die Anwendbarkeit der GoA umstritten. Der BGH wendet auch bei unwirksamen Verträgen die GoA an, weil er – entgegen der h.M. in der Literatur – die §§ 812 ff. nicht als speziellere Rückabwicklungsregeln ansieht[110]. Der Rücktransport stellt eine Geschäftsführung i.S. des § 677 für den M dar. Zwar hat F gegenüber den Behörden von X mangels Visum des M die Pflicht, den M wieder zurückzutransportieren. Es liegt aber für F zumindest ein auch-fremdes Geschäft vor. Der Fremdgeschäftsführungswille wird nach Ansicht der Rechtsprechung beim auch-fremden Geschäft vermutet. Fremd- und Eigengeschäftsführungswille schließen sich nicht aus[111]. Ein Auftrag oder eine sonstige Berechtigung fehlt, da ein Beförderungsvertrag nach §§ 107 f. unwirksam ist.

Eine berechtigte GoA setzt weiter voraus, dass die Übernahme des Geschäfts dem Interesse und dem Willen des Geschäftsherrn entspricht. Aufgrund der verweigerten Einreisemöglichkeit in X ist der Rückflug für M objektiv nützlich, d.h. interessengemäß. Er müsste auch dem Willen des M entsprochen haben. Fraglich ist, ob es insoweit auf den Willen des Minderjährigen M oder den (mutmaßlichen) Willen der Eltern als gesetzliche Vertreter ankommt.

Nach h.M. ist auf den Willen der Eltern abzustellen[112]. Begründet wird das mit der prinzipiellen Ähnlichkeit der Rechtsbeziehungen bei der berechtigten GoA als gesetzlichem Schuldverhältnis und vertraglichen Schuldverhältnissen. Andernfalls könnten die Wertungen der §§ 107 ff. durch die GoA umgangen werden. Im Sinne eines effektiven Minderjährigenschutzes ist hier somit der Wille der Eltern maßgeblich. Dass die Eltern des M die Zahlung im Nachhinein verweigert haben, ist unerheblich, da es auf den Willen im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung ankommt. Im Zeitpunkt der Übernahme des fremden Geschäfts durch F lag indes kein erkennbarer Wille der Eltern vor. Daher ist der mutmaßliche Wille zu ermitteln. Die schnellstmögliche Rückkehr des M entspricht dem mutmaßlichen Willen der Eltern. Das ist aus dem objektiven Interesse an einem baldigen Heimflug ihres Sohnes zu folgern (vgl. §§ 1626 Abs. 2, 1631 Abs. 1). Die Voraussetzungen einer berechtigten GoA liegen daher vor.

Rechtsfolge ist, dass F von M Aufwendungsersatz verlangen kann. Erfasst sind die freiwilligen Vermögensopfer, d.h. die infolge des Rückflugs entstandenen Mehrkosten. Gehört die im Rahmen der Geschäftsführung vorgenommene Tätigkeit üblicherweise zur beruflichen oder gewerblichen Sphäre des Geschäftsführers, so kann er darüber hinaus nach § 1835 Abs. 3 analog einen Anspruch auf die übliche Vergütung für seine Leistung verlangen[113]. F hat hier also auch einen Anspruch gegen M auf den tariflichen Flugpreis.

2. F könnte auch einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Eltern des M aus §§ 677, 683 S. 1, 670 haben. Der Rücktransport stellt zugleich ein Geschäft der Eltern dar, dies folgt aus der elterlichen Sorge (§§ 1626 ff.). Der Fremdgeschäftsführungswille wird nach der Rechtsprechung vermutet. Ein Auftrag oder eine anderweitige Berechtigung fehlen. Der Rücktransport entspricht dem objektiven Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Eltern[114]. Ein Anspruch der F gegen die Eltern des M aus §§ 677, 683 S. 1, 670 ist mithin zu bejahen. Die Eltern und M haften als Gesamtschuldner i.S. des § 421.

Examens-Repetitorium Besonderes Schuldrecht 2

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