Читать книгу 15 Jahre länger leben - Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk - Страница 10

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ANTAGONISTISCHE PLEIOTROPIE

Wir denken gerne in Kategorien von Gut und Böse. Das gilt auch für den Bereich der Gesundheit. Da gibt es gute und schlechte Fette, gute und schlechte Kohlenhydrate und sogar gute und schlechte Gene. In diesem Kapitel haben wir gelernt, dass es auch gute und schlechte Entzündungsreaktionen gibt. Ein kritischer Zeitgenosse fragt sich da natürlich: Warum gibt es eigentlich in unserem Organismus und außerhalb so viel Schlechtes? Warum hat die Natur sich nicht längst von den üblen Fetten, Kohlenhydraten, Genen und Zytokinen verabschiedet?

Die Antwort lautet: Die Natur kennt die Kategorien »gut« und »schlecht« nicht, hier hat alles seine Funktion. Auch das, was wir häufig mit dem Prädikat »schlecht« bezeichnen.

Was dem Hänschen nützt, kann dem Hans schaden

Damit wären wir auch schon bei dem Phänomen der antagonistischen Pleiotropie. Hinter diesem einschüchternden wissenschaftlichen Begriff verbirgt sich folgender Sachverhalt: Vieles, das uns in der Jugend nützt, kann sich im Alter negativ auswirken. Noch weiter gefasst: Was in einer frühen Phase der Evolution für unsere Jäger-und-Sammler-Vorfahren sinnvoll war, wird für uns sesshafte Zivilisationsmenschen zum Gesundheitsrisiko. Die Entzündung ist dafür ein klassisches Beispiel: Viele proinflammatorische Zytokine halfen früher demjenigen, der sich mit vielen unterschiedlichen Mikroben auseinandersetzen musste, und das mussten unsere nomadisch umherziehenden Vorfahren täglich. Wer über potente Entzündungsmechanismen verfügte, der hatte beste Chancen, unerwünschte Keime schnell zu eliminieren. Im 21. Jahrhundert führen die gleichen Prozesse dazu, dass unsere Arterien im Alter verkalken.

Ein weiteres Beispiel: Als Jäger und Sammler zog man sich früher ständig kleinere und größere Verletzungen zu. Da hatten diejenigen die besten Überlebenschancen, die ein hochaktives Gerinnungssystem besaßen. Das führte dazu, dass sich Wunden schnell schlossen und der Blutverlust gering blieb. Heute sind Menschen mit einem solchen Gerinnungssystem eher gefährdet, eine Thrombose oder eine Embolie zu bekommen. Denn die wenigsten rennen noch stundenlang durch den Wald, um Beeren zu pflücken und Wild zu jagen. Sehr viele sitzen dagegen stundenlang nahezu bewegungslos auf dem Bürostuhl oder in der »Holzklasse« eines Charterfliegers, um in den Urlaub zu kommen. Und erhöhen dadurch ihr Thromboserisiko erheblich.

Veränderte Bedingungen

Unsere Gene sind somit nicht nur darauf angelegt, uns in der Jugend fit zu halten. Sie datieren auch zurück auf eine Zeit, in der wir einen völlig anderen Lebensstil pflegten, völlig anderen Gesundheitsgefahren ausgesetzt waren – und bei Weitem nicht so lange lebten. Ein Grund mehr, sich im Alter nicht nur auf »Mutter Natur« zu verlassen. Eine durchschnittliche Lebenserwartung von 80 Jahren und mehr ist für die Natur ein völlig neues Phänomen, für das sie bisher noch keine Strategie entwickelt hat. Da ist es sinnvoll, wenn man ein wenig Unterstützung von der Medizin bekommt. Und die Ratschläge in diesem Buch befolgt.

DA FLEHEN DIE MENSCHEN DIE GÖTTER AN UM GESUNDHEIT UND WISSEN NICHT, DASS SIE DIE MACHT DARÜBER SELBST BESITZEN.

DEMOKRIT (CA. 480 – 370 V. CHR.)

15 Jahre länger leben

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