Читать книгу 15 Jahre länger leben - Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk - Страница 9
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ENTZÜNDUNGEN IM MUNDBEREICH
Gesundheit beginnt im Mund. Krankheit kann ebenfalls dort ihren Anfang nehmen – ein weitverbreitetes, oft verdrängtes Problem.
MUNDGESUNDHEIT: DIE BASIS WIRKUNGSVOLLER VORBEUGUNG
Chronisch niederschwellige Entzündungen können vielfältige Ursachen haben. Eine der häufigsten ist im Mundbereich zu suchen. Während die Zahl der Kariesfälle seit Jahrzehnten erfreulicherweise rückläufig ist, sehen wir bei den entzündlichen Erkrankungen des Zahnfleisches und des Zahnhalteapparates leider eine gegenteilige Entwicklung. Laut der 5. Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V) ist die Zahl der entsprechenden Erkrankungen seit 1997 um rund 252 Prozent gestiegen. Bei fast der Hälfte aller Erwachsenen lassen sich Zeichen einer Zahnfleischentzündung nachweisen. Jeder Fünfte leidet bereits an einer schweren Parodontitis. Das bleibt nicht ohne Folgen. Bis zum Erreichen des Rentenalters hat ein Deutscher im Durchschnitt zwölf Zähne verloren.
Doch damit nicht genug. Die Tatsache, dass uns das Thema Parodontitis in diesem Zusammenhang so intensiv beschäftigt, hat sehr viel weiter reichende Gründe. Die chronischen Entzündungen im Mundbereich weiten sich nämlich auf den gesamten Organismus aus. Einige Beispiele:
Bereits eine mittelschwere Parodontitis erhöht das Herzinfarktrisiko um das 2- bis 3-Fache.
Das Schlaganfallrisiko steigt sogar um das 7-Fache.
Ebenfalls deutlich erhöht ist das Risiko für eine rheumatische Arthritis …
… und ebenso für eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD).
Sogar die Fruchtbarkeit von Frauen wird durch die Parodontitis reduziert.
Nicht zuletzt sind auch Diabetiker in ganz besonderer Weise betroffen. Zum einen neigen sie dazu, eine Parodontitis zu entwickeln. Zum anderen erschwert die dadurch ausgelöste chronische Entzündung die Einstellung des Blutzuckers und begünstigt dadurch diabetische Folgeerkrankungen.
Mundpflege ernst nehmen
Es gibt also Gründe genug, sich dem Thema Mundgesundheit eingehend zu widmen. Dazu gehört eine intensive Mundpflege, die nicht nur die Zähne, sondern auch das Zahnfleisch und die Zahnzwischenräume einbezieht. Hier kommen auch gute Zahnbürsten häufig nur schwer hin. Zu einer guten Mundpflege gehört daher die Verwendung von Zahnseide beziehungsweise von Interdentalbürstchen, die Sie bei Ihrem Zahnarzt bekommen. Fast alle Zahnarztpraxen bieten darüber hinaus inzwischen auch professionelle Zahnreinigungen durch geschulte Fachkräfte an. Dies ist eine Investition in die Mund- und Gesamtgesundheit, die sich auf jeden Fall lohnt. Bei einem solchen Zahnarztbesuch kann auch das Ausmaß einer Parodontitis erfasst werden, etwa durch das Sondieren bestehender Gewebetaschen.
Früherkennung auf MMPs
Eine echte Früherkennung ist die Routineuntersuchung beim Zahnarzt jedoch nicht. Die bietet ein neuer Test, der einfach und zuverlässig mithilfe einer Speichelprobe durchgeführt wird. Der Periosafe-Test weist die Anwesenheit eines kollagenabbauenden Enzyms nach. Dabei handelt es sich um die sogenannte aktive Matrixmetalloproteinase 8, kurz aMMP-8. Wir werden den MMPs noch häufiger begegnen (zum Beispiel in diesem Buch auf >). Sie sind ganz wesentlich verantwortlich für einen vorzeitigen Bindegewebsabbau und für die Faltenbildung in der Haut. Im Mundbereich zerschneidet aMMP-8 vor allem das dichte Netz aus Kollagen im Bereich des Zahnhalteapparates. Wie eine »Machete im Kollagenurwald« ebnet es damit Entzündungszellen den Weg zum Zahn. Die Folge sind parodontale Entzündungen und ein allmählicher Abbau des Zahnhalteapparates. Langfristig droht dann der Zahnverlust und es besteht ein erhöhtes Risiko für die oben beschriebenen Erkrankungen. Der Periosafe-Test erlaubt also eine wirkliche Früherkennung – nicht nur für die Parodontose, sondern auch für die vielfältigen Folgeerkrankungen chronisch niedrigschwelliger Entzündungsprozesse. Ähnlich wie bei einem Schwangerschaftstest wird die Probe auf eine kleine Testkassette aufgebracht. Das Ergebnis ist bereits nach fünf bis zehn Minuten ablesbar.
Viele Zahnarztpraxen bieten die Untersuchung inzwischen als »Chairside Test« an, der während einer routinemäßigen Zahnuntersuchung durchgeführt wird. Man kann sich den Test aber auch nach Hause bestellen.
Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde empfehlen inzwischen die Durchführung des Periosafe-Tests. Angesichts der überragenden Bedeutung der Mundgesundheit für die Gesamtgesundheit kann man sich einer solchen Empfehlung natürlich nur anschließen.
Mundpflege und -gesundheit sind übrigens auch Beziehungssache, denn Parodontitis-Erreger können beim Küssen übertragen werden!