Читать книгу 15 Jahre länger leben - Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk - Страница 3
ОглавлениеGESUND ÄLTER WERDEN
»Für immer jung«: So oder ähnlich lauteten in den 1990er-Jahren eine ganze Reihe von Buchtiteln, welche die Entstehung eines neuen ärztlichen Fachbereichs begleiteten. Die Anti-Aging-Medizin erlebte ihre Geburtsstunde. In den folgenden Jahren machte sie schnell Karriere und erfreute sich insbesondere in den Medien einer großen Beliebtheit. Ob allerdings das Versprechen von der ewigen Jugend haltbar sei, daran gab es schon damals berechtigte Zweifel.
Die weitere Entwicklung war absehbar. Bei den etablierten Ärzteverbänden geriet die Anti-Aging-Medizin schnell in den Ruf einer halbseidenen Modemedizin. Auch die Medien verloren rasch wieder das Interesse daran. Bereits um die Jahrtausendwende galt das Thema Anti-Aging als weitgehend erledigt.
Inzwischen ist eine Renaissance der Anti-Aging-Medizin unübersehbar. Renommierte Wissenschaftler und Ärzte erkennen zunehmend, dass eine Präventivmedizin, die diesen Namen auch verdient, sich vor allem auf eines konzentrieren muss: den Risikofaktor biologisches Altern zu behandeln. Dazu nutzen wir inzwischen eine Vorgehensweise, die in den letzten Jahren enorme Bedeutung erlangt hat: das Hormesis-Prinzip. Was dabei zunächst paradox klingt, erweist sich immer mehr als ein grundlegender Faktor für Gesundheit: Was uns schadet, kann uns helfen, länger zu leben – es kommt immer auf die Dosierung an. Wir werden Ihnen dieses revolutionäre Konzept in allen Details vorstellen.
Trotz aller Fortschritte ist die neue Anti-Aging-Medizin bescheidener geworden in ihren Ansprüchen. Dafür ist sie leistungsfähiger in ihren Methoden. Die ewige Jugend haben wir als Behandlungsziel fürs Erste vertagt. Wir konzentrieren uns zunächst einmal auf das gesunde Altern. 15 bis 20 zusätzliche Jahre bei guter Gesundheit sind dabei eine durchaus realistische Perspektive.
Um der neuen Bescheidenheit Rechnung zu tragen, haben wir uns bei dem Titel des Buches für die 15 Jahre entschieden. Berücksichtigt man, dass die durchschnittliche Lebenserwartung bereits jetzt bei über 80 Jahren liegt (zumindest für Frauen), so ergibt sich daraus eine klare Zielvorgabe, und die lautet: Mit hundert gesund in die Kiste.
Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Anti-Aging-Medizin (GSAAM)
IST ALTERN EINE KRANKHEIT?
Das Alter mag manche Zumutung für uns bereithalten. Aber ist Altern deshalb eine Krankheit? So weit würden die meisten dann wohl doch nicht gehen. Älter werden wir alle. Die einzig realistische Möglichkeit, nicht alt zu werden, besteht darin, jung zu sterben. Was ja auch keine wirklich gute Alternative ist. Wieso sollte man also einen ganz normalen und unausweichlichen Vorgang zur Krankheit erklären? Diskriminiert man damit nicht auch Millionen Menschen, die bereits alt geworden sind? Ist der Begriff Anti-Aging – wie manche Kritiker behaupten – eine Form der Ablehnung von alten Menschen und des Alters an sich?
Lassen Sie uns die Sache einmal von einer anderen Seite betrachten. Schauen wir uns dazu jene Erkrankungen an, die allgemein anerkannt sind und unser Schicksal im 21. Jahrhundert bestimmen. Da stehen an allererster Stelle Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Jeder zweite Bewohner der westlichen Welt stirbt an ihnen. Die Risiken für diese Erkrankungen sind dabei bereits seit Langem bekannt:
Bluthochdruck
hohe Cholesterinspiegel
Rauchen
Übergewicht
Bewegungsmangel
Dauerstress ohne angemessenen Ausgleich beziehungsweise ausreichende Erholung
Ein Risikofaktor wirkt sich allerdings mehr als alle anderen aus: ein zunehmendes Lebensalter. Je älter wir werden, desto höher steigt das Risiko für eine Arteriosklerose und damit für Herzinfarkte und Hirninfarkte.
An zweiter Stelle der Todesursachen steht bereits der Krebs. Auch hier konnten für viele Formen der Erkrankung eindeutige Risikofaktoren identifiziert werden. Man denke nur an den Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs. Einen Faktor gibt es allerdings, der fast alle Krebsarten begünstigt: die Zunahme des Lebensalters. Natürlich gibt es Krebs gelegentlich auch schon bei Kindern. Dies ist allerdings eine wirkliche Seltenheit. Im Wesentlichen ist Krebs eine Alterserkrankung. Warum dies so ist, das werden wir in diesem Buch ausführlich darstellen (siehe ab >).
Neben den klassischen »Killer-Krankheiten« gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Erkrankungen, die uns nicht unbedingt das Leben, aber dafür sehr viel Lebensqualität kosten. Dazu gehören etwa die zu Knochenbrüchen führende Osteoporose oder die mit schmerzhaften Gelenkversteifungen einhergehende Osteoarthritis, wie in der angloamerikanischen Fachliteratur die Arthrose genannt wird. Zweifellos spielen dabei mangelnde oder falsche Belastung beziehungsweise eine Vitamin-D-Unterversorgung eine entscheidende Rolle. Dramatisch wirkt sich aber auch hier vor allem ein Umstand aus: das Älterwerden.
ALTERN IST JA IM GROSSEN UND GANZEN EINE ZUMUTUNG.
VICCO VON BÜLOW ALIAS LORIOT (1923 – 2011)
Ein letztes Beispiel soll diese vorläufige Liste abschließen. Der Morbus Alzheimer, die sogenannte Alzheimerdemenz, droht zur »Epidemie des 21. Jahrhunderts« zu werden. Neben Krebs ist die Demenz inzwischen diejenige Erkrankung, vor der sich die Menschen am meisten fürchten. Zu Recht. Denn das allmähliche Verlöschen unseres Gedächtnisses ist nicht irgendeine körperliche Beeinträchtigung. Es führt vielmehr zum Verlust unserer gesamten Persönlichkeit. Das ist ein furchtbares Schicksal für die betroffenen Patienten. Es ist auch ein Drama für deren Angehörige. Noch vor rund 100 Jahren war der Morbus Alzheimer so gut wie unbekannt. Warum ist er inzwischen derart auf dem Vormarsch? Sehr einfach: weil die allgemeine Lebenserwartung kontinuierlich steigt. Und mehr noch als alle anderen Leiden ist die Demenz eine altersabhängige Erkrankung.
HINWEIS
Neben zahlreichen Ratschlägen dazu, was Sie selbst fürs Jungbleiben beziehungsweise für das gesunde Altern tun können, gibt Ihnen dieses Buch einen Überblick über den neuesten Stand der Forschung, über Diagnosestellung, Normwerte, medikamentöse Therapien und mehr. Wenden Sie sich für eine umfassende Vorsorge unbedingt an einen erfahrenen Mediziner. Nehmen Sie nicht auf eigene Faust Medikamente oder Hormone ein, ebenso wenig sollten Sie im Buch genannte Symptome und Risiken als harmlos abtun. Handeln Sie! Ihr Arzt und dieses Buch unterstützen Sie dabei.
RISIKOFAKTOR ALTERN
Herzinfarkt, Krebs, Osteoporose, Demenz – vier völlig unterschiedliche Erkrankungen. Sie alle haben einen gemeinsamen, alles dominierenden Risikofaktor: die Zunahme des biologischen Lebensalters. Auch wenn viele immer noch davor zurückschrecken, Altern als Krankheit zu bezeichnen, ist unbestritten: Altern erhöht die Wahrscheinlichkeit, krank zu werden und zu sterben, und dies in einem Maße, wie es sonst kein anderer Risikofaktor tut. Eine Präventivmedizin, die nicht nur an einzelnen Symptomen herumdoktern will, muss sich daher darauf konzentrieren, den universalen Risikofaktor Alter gezielt zu behandeln. Genau das tut die Anti-Aging-Medizin.
Die erlebte in den 1990er-Jahren ihre erste Blüte – und war dann auch schon rasch wieder verwelkt. Schnell wurde klar, dass mit ein paar Hormonpräparaten und einigen Vitamintabletten ein solch komplexes Geschehen wie das Altern nicht ausreichend zu behandeln ist. Die Versprechungen waren groß, die Datenlage war dürftig, die Behandlungserfolge waren gering. Anti-Aging wurde zunehmend ein Feld für Paramediziner und Geschäftemacher. Doch Totgesagte leben länger. Unübersehbar ist seit einigen Jahren ein neuer Aufschwung der Anti-Aging-Medizin. Er wird von mehreren Entwicklungen getragen.
Zum einen hat die wissenschaftliche Grundlagenforschung in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Die wichtigsten Faktoren, die für das biologische Altern verantwortlich sind, lassen sich inzwischen auf einer molekularen Grundlage erklären. Wir werden Ihnen diese Alterungsmechanismen im ersten Teil des Buches als »Die sieben Säulen des Alterns« vorstellen.
Zum anderen gilt: Die entscheidenden Faktoren der Alterung sind inzwischen nicht nur bekannt, sie lassen sich auch gezielt beeinflussen. Dies eröffnet völlig neue Dimensionen einer präventiven Medizin. Altern galt lange Zeit als Schicksal. Jetzt wird es ein gestaltbarer Prozess.
EIN NEUER STERN AM WISSENSCHAFTSHIMMEL
Ein weiterer wichtiger Aspekt kommt hinzu. Im Kampf gegen das Altern treten völlig neue Akteure auf den Plan. So hat Google, der größte und innovativste Konzern der Welt, inzwischen ein neues »Moonshot-Project«. So bezeichnet Google seine ganz großen, weltverändernden Vorhaben. Für dieses neue Moonshot-Project hat Google ein eigenes Tochterunternehmen namens Calico (California Life Company) gegründet. Das Ziel von Calico ist nicht mehr und nicht weniger als dieses: die Abschaffung des Alterns. Das Unternehmen holt dafür die führenden Biogerontologen in den Konzern und finanziert deren Forschung mit Millionenbeträgen.
Aus der lange Zeit belächelten Außenseitermedizin ist inzwischen einer der aufregendsten und innovativsten Wissenschaftszweige geworden. Das vorliegende Buch soll Ihnen den gegenwärtigen Stand dieser neuen alterspräventiven Medizin vorstellen. Gleichzeitig finden Sie darin sehr konkrete Möglichkeiten, wie Sie bereits heute den Alterungsprozess verlangsamen und den wichtigsten Alterskrankheiten vorbeugen können.
Und schließlich eröffnen wir Ihnen einen Ausblick darauf, was angesichts der geradezu atemberaubenden medizinischen Fortschritte bereits in naher Zukunft im Bereich des Anti-Agings möglich sein wird. Dies Buch ist daher mehr als nur ein klassischer Patientenratgeber. Es ist auch ein Wissenschaftsbericht über eine der spannendsten medizinischen Entwicklungen unserer Zeit. Ärzte und Wissenschaftler der unterschiedlichsten Disziplinen nehmen gemeinsam ein neues Ziel ins Visier: die Therapie des Alterns. Auch wenn wir noch in den Anfängen dieser Entwicklung stehen, so zeichnet sich das Ergebnis jetzt schon ab: Altern wird eine behandelbare »Erkrankung«. 15 Jahre länger leben ist ein Versprechen, das wir bereits heute einhalten können.
NEGATIVE UND POSITIVE SYNERGIEN
Freie Radikale schädigen Zellen, geschädigte Zellen verursachen chronische Entzündungen, chronische Entzündungen führen zu einer Verkürzung der Telomere an unseren Chromosomen – mehr über all dies lesen Sie im Folgenden. Altern ist in vielen Fällen eine Anhäufung negativer Synergieeffekte. Der Spieß lässt sich aber auch umdrehen. Wer einen gesundheitsbewussten Lebensstil pflegt und die in diesem Ratgeber empfohlenen Anti-Aging-Maßnahmen befolgt, der wird schnell merken, wie sich positive Synergien einstellen. Eine ausgewogene Ernährung mit einer intermittierenden Kalorienreduzierung vermeidet Übergewicht. Wer Übergewicht vermeidet, ist fitter und leistungsfähiger. Wer leistungsfähiger ist, betreibt mit mehr Freude und Erfolg Sport. Wer Sport treibt, nimmt besser ab, schläft besser und reduziert Stress. Das macht ihn wiederum noch leistungsfähiger. Und so weiter. Das Prinzip dürfte klar sein. Es gibt nicht nur Teufelskreise. Es gibt auch das Gegenteil davon. Selbst wenn die deutsche Sprache dafür kein entsprechendes Wort hat. Nennen wir es einfach ein Programm zur Förderung positiver Synergien. Raus aus der Abwärtsspirale – rein in die Aufwärtsspirale. Alt werden können Sie später. Fangen Sie heute erst einmal damit an, jünger zu werden.