Читать книгу 15 Jahre länger leben - Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk - Страница 14

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ANDROGENE

Lange Zeit hatte das »starke Geschlecht« in der hormonellen Forschung einen eher schwachen Stand. Als die Hormonersatztherapie bei der Frau schon seit vielen Jahren etabliert war, stritt man noch darüber, ob es so etwas wie Wechseljahre beim Mann überhaupt gibt. In der Tat gibt es sie nicht im gleichen Sinne wie bei der Frau, bei der die Menopause vor allem das Ende der Fortpflanzungsfähigkeit markiert. Eine Vaterschaft dagegen ist prinzipiell auch bei älteren Männern möglich. Jedoch sinkt auch bei ihnen mit zunehmendem Alter der Hormonspiegel, insbesondere der Androgene. Das Versiegen der Hormonproduktion geschieht nicht so sturzflugartig wie bei Frauen in den Wechseljahren, es gleicht eher einem allmählichen Sinkflug. Abwärts geht es trotzdem. Insofern ist es durchaus berechtigt, von den »Wechseljahren des Mannes« zu sprechen. Treffender für den hormonellen Zustand ist allerdings der Begriff PADAM – partielles Androgendefizit des alternden Mannes.

Die »männlichen Wechseljahre«

Die Beschwerden in dieser Zeit sind denen der Frau nicht unähnlich: nächtliches Schwitzen, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen sowie eine zunehmende Gereiztheit gehören dazu. Da Androgene – übrigens bei Männern wie bei Frauen – das sexuelle Verlangen steuern, lässt in vielen Fällen auch die Libido nach. Das tut dem ehelichen Liebesleben häufig nicht gut. Dem außerehelichen natürlich auch nicht.

Ähnlich wie die Östrogene haben die Androgene aber nicht nur Wirkungen auf die Sexualität und die Fortpflanzung. Sie beeinflussen auch viele andere Organsysteme.

In der Tierwelt erzielen den größten Fortpflanzungserfolg normalerweise die sogenannten Alphatiere. Das sind in der Regel die stärksten und dominantesten Männchen der Gruppe. Somit ist es keine Überraschung, dass Androgene entscheidend dazu beitragen, Muskeln aufzubauen und damit Stärke zu verleihen. Gleichzeitig sorgen sie auch für ein gewisses dominantes und aggressives Verhalten. Auch das lässt sich gut belegen, wenn man sich anschaut, wie sich das Verhalten pubertierender männlicher Teenager unter dem Einfluss steigender Androgenspiegel ändert. Während hier überschüssige Testosteronspiegel gelegentlich zum Problem werden können, ist es bei alternden Männern in der Regel der Testosteronmangel, der Beschwerden nach sich zieht. Wenn die frühere Energie einer zunehmenden Lustlosigkeit weicht, sich das sexuelle Interesse immer seltener einstellt und Muskeln zunehmend durch Fettgewebe ersetzt werden – spätestens dann ist es Zeit, einmal die Testosteronspiegel überprüfen zu lassen.

Wie messen?

Androgene sind eine Gruppe von Hormonen, unter denen das Testosteron das wichtigste ist. Es ist vor allem wichtig, den Spiegel an freiem Testosteron zu ermitteln. Ein großer Teil des Gesamt-Testosterons ist nämlich an Eiweiße (vor allem das Sexualhormon-bindende Globulin, SHBG) gebunden. Aktiv ist allerdings nur das nicht gebundene, also freie Testosteron. Es wird von einigen Laboren direkt gemessen. Andere errechnen es aus der Menge an Gesamt-Testosteron abzüglich der gemessenen Transportproteine.

 Normwerte: 8 bis 12 µg / nl

Da das Testosteron einer ausgeprägten zirkadianen Rhythmik unterliegt, also im Tagesverlauf stark schwankt, sollte die Bestimmung während der Morgenstunden erfolgen. Schwankungen gibt es aber auch innerhalb der Normalwerte. Im Rahmen der Testosteronersatztherapie stellt man Männer gern auf Werte ein, die etwa denen zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr entsprechen. Ideal wäre es, bereits in diesem Alter seine Testosteronspiegel ermitteln zu lassen, damit später tatsächlich der »individuelle Normwert« erzielt werden kann.

Wie therapieren?

Bevor Mann zu Hormonersatzpräparaten greift, gibt es Möglichkeiten, den Testosteronspiegel auf natürliche Weise zu erhöhen. An erster Stelle steht dabei eine ohnehin empfehlenswerte Maßnahme: Übergewicht reduzieren. Das Fettgewebe ist ein hormonell äußerst aktives Organ (siehe >). Es bildet nicht nur eigene Hormone – es verändert auch die zirkulierenden Geschlechtshormone, und das in einer für Männer wenig angenehmen Art und Weise: Ein im Fettgewebe vorhandenes Enzym, die Fettgewebsaromatase, hat die Fähigkeit, Testosteron in Östrogene umzuwandeln. Da die beiden Hormone sich in ihrem Aufbau sehr ähneln, bedarf es dazu nur einer kleinen chemischen Reaktion, der Aromatisierung, und schon wird aus einem männlichen ein weibliches Hormon. Je mehr Fettgewebe vorhanden ist, umso höher ist auch die Konzentration an Fettgewebsaromatase. Alternde Männer sehen sich daher häufig mit einem doppelten Problem konfrontiert: Zum einen produzieren ihre Hoden weniger Testosteron. Zum anderen neigen die meisten dazu, im Bereich des »mittleren Ringes« zuzulegen.

Das wenige Testosteron, das der Körper noch produziert, wird dabei vermehrt in Östrogen umgewandelt. Vermeidung von Übergewicht ist daher die beste Art, den Testosteronspiegel auf der Höhe zu halten. Diese Erkenntnis steckt hinter der Volksweisheit »Ein guter Hahn wird nicht fett«.

Unverzichtbar ist hierbei Sport, vor allem Kraftsport. Testosteron hilft dem Muskelaufbau, aber Muskelaufbau hilft auch dem Testosteron. Wer regelmäßig Krafttraining betreibt, hat nachweislich höhere Testosteronspiegel als ein Sofahocker. Ausdauertraining hilft ebenfalls, vor allem wenn Abschnitte mit hochintensivem Intervalltraining (HIIT) eingebaut werden.

Testosteronsubstitution

Reichen Lebensstil-Maßnahmen nicht aus, die Testosteronspiegel auf die gewünschte Höhe zu bringen, ist eine Substitution erforderlich. Diese sollte selbstverständlich nur in Zusammenarbeit mit dem Arzt und auf dessen Verordnung erfolgen. Im Wesentlichen hat man die Wahl zwischen zwei Darreichungsformen:

 Depotspritzen (Nebido®), die intramuskulär verabreicht werden und etwa drei Monate halten.

 Testosterongele (Testogel®, Androgel®, Androtop®), die täglich auf die Haut aufgetragen werden.

Die Gabe über die Haut in Gelform hat Vorteile. Zum einen lässt sich deutlich individueller dosieren, zum anderen kommt es beim Auftragen morgens zu einem relativ raschen Anstieg, im Laufe des Tages fällt der Spiegel wieder ab. Befürworter der Injektionstherapie führen diesbezüglich gerne ins Feld, dass die Hormonspiegel bei einer Depotspritze deutlich gleichmäßiger sind. Allerdings sind die natürlichen Spiegel auch nicht gleichmäßig, sondern zeigen eine ausgeprägte morgendliche Spitze.

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