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I. Vorgeschichte

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Formen der sozialen Sicherung vor Wechselfällen des Lebens hat es schon vor dem Industriezeitalter gegeben. In durch Landwirtschaft geprägten Zeiten und Regionen sorgte die Familie für ihre kranken und alten Mitglieder; idyllisch war das meist nicht. Das Gesinde war ganz vom Gutsherrn abhängig, der aber regelmäßig eine karge Existenz bei Krankheit und Alter sicherte. Wo sich in der Antike Stadtkulturen entwickelten, etwa im antiken Griechenland nach den Perserkriegen, dort vor allem in Athen, oder im antiken Rom, gab es einen begrenzten Kreis Reicher und viel Armut. Man reagierte mit unterschiedlichen Maßnahmen der Armenfürsorge wie zB Nahrungsmittel- und Kleidungshilfen, die aus Spenden und Wohlfahrtssteuern finanziert wurden. Die Städte leisteten ferner Entschädigungen an Kriegsverletzte und deren Hinterbliebene. Nicht selten wurden Erwerbslose bei der Errichtung öffentlicher Bauten eingespannt.

Im Römischen Reich gab es zu Beginn unserer Zeitrechnung aber auch bereits Krankenkassen und Sterbekassen. Die Krankenkassen (Collegia tenuiorum) bezogen ihre Mittel für die erbrachten Leistungen wie ärztliche Hilfe, Heilmittel und eventuell Verdienstausfallersatz durch Geld und Nahrungsmittel aus einem Eintrittsgeld und aus laufenden Beiträgen – die Strukturen waren damit dieselben wie in der Sozialversicherung heute, die Mitglieder dieser Krankenkassenvereine unterstützten sich auf der Basis des Zusammenschlusses zu einer Versichertengemeinschaft.

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Der in der Spätantike zunehmend gewachsene und das Mittelalter beherrschende Einfluss der Kirche veränderte dann die Bedingungen der sozialen Sicherung. Die Klöster und die Kirchengemeinden nahmen für lange Zeit die Fürsorge für die Bedürftigen in die Hand. Im Hochmittelalter fiel der Kirche mancher Nachlass unter der Auflage zu, dass dieser zur Unterstützung Armer, Alter oder Gebrechlicher dienen solle – wobei die Bedachten im Gegenzug nicht selten für die Seele des Wohltäters nach bestimmten Vorgaben zu beten hatten. Das Erstarken der Städte machte dann am Ende des Mittelalters die Armut dort wieder zu einem großen Problem. Man versuchte, der Armut in den Städten mit öffentlichen Einrichtungen (Hospitäler, Witwen- und Waisenhilfe) zu begegnen. Der Erfolg der ohnehin auf die Ortsansässigen beschränkten städtischen Fürsorgemaßnahmen war jedoch bescheiden. Erst mit der Aufwertung entstandener Selbsthilfeeinrichtungen wie der Zünfte (Innungen, Gilden) im Bereich des Handwerks, die neben berufsständischen zunehmend auch soziale Sicherungsaufgaben übernahmen, und der Bruderschaften der zunächst als selbstständige Unternehmer im Stollenbau arbeitenden Bergarbeiter (der Vorläufer der späteren Knappschaften) besserte sich die Situation. Die Angehörigen der Zunft zahlten in die „Zunftbüchse“ ein, diese gewährte in Notsituationen Hilfe. Die Gesellen, die nicht Vollmitglieder der Zünfte sein durften, gründeten seit dem 14. Jahrhundert eigene Unterstützungskassen (Gesellenbruderschaften).

2. Teil Bedeutung, System und internationale Dimension des Sozialrechts§ 3 Geschichte der sozialen Sicherung in der industriellen Gesellschaft › II. Industrialisierung und Kaiserreich

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