Читать книгу Sozialrecht - Raimund Waltermann - Страница 44

III. Erweiterungen des Sozialrechts von 1918 bis 1945

Оглавление

64

1. Die sozialrechtliche Gesetzgebungstätigkeit der Weimarer Republik war zunächst durch die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg geprägt. Am Anfang galt es, die Not der Kriegsverletzten und der Hinterbliebenen der im Krieg ums Leben Gekommenen zu mildern. Daraus ist die Kriegsopferversorgung entstanden. 1922 wurde das Angestelltenversicherungsrecht wesentlich geändert und 1924 neu gefasst, es hieß von dort an Angestelltenversicherungsgesetz (AVG). Die Leistungen der Angestelltenversicherung wurden weiter verbessert.

65

Besondere Bedeutung hat die Schaffung der Arbeitslosenversicherung im Jahr 1927. Die Bismarcksche Sozialversicherung der Kaiserzeit hatte das Risiko der Arbeitslosigkeit nicht erfasst, obwohl sich gezeigt hatte, dass Arbeitslosigkeit ein typischer Notstand der Industrialisierung war[14]. Die nach dem Ersten Weltkrieg schnell anwachsende Massenarbeitslosigkeit zwang zum Handeln. Es kam zunächst zur Bildung einer den Gemeinden auferlegten Erwerbslosenfürsorge, an deren Finanzierung Mitte der Zwanzigerjahre auch Arbeitnehmer und Arbeitgeber beteiligt wurden. 1927 wurde dann mit dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung[15] eine Arbeitslosenversicherung geschaffen, die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung organisatorisch zusammenfasste und deren Grundstrukturen noch heute gelten. Versicherungspflicht und öffentlich-rechtliche Aufgabenwahrnehmung (durch eine Reichsanstalt und als Unterabteilungen durch Landesarbeitsämter und Arbeitsämter) waren, ebenso wie bei der Sozialversicherung im engeren Sinn, auch für die Arbeitslosenversicherung kennzeichnend. Die Beiträge waren je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu tragen. Als Leistung wurde, wenn die Anwartschaftszeit erfüllt und die Arbeitslosigkeit unfreiwillig war, Arbeitslosenunterstützung für höchstens 26 Wochen gewährt.

66

2. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde mit den demokratischen Prinzipien auch in der Sozialversicherung die Selbstverwaltung beseitigt. Beginnend mit den Nürnberger Gesetzen von 1935 wurden die Juden aus den Sozialversicherungssystemen schrittweise ausgeschlossen[16]. Als Beispiel sei die Verordnung des Reichsarbeitsministeriums von 1941 erwähnt: „Eine Reihe von sozialen Gesetzen finden auf Juden keine Anwendung. Sie haben (…) keinerlei soziale Rechte, (…) keinerlei Anspruch auf (…) Familien- oder Kinderzulagen (etc).“[17]

Durch das Gesetz über die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk von 1938 wurden Selbstständige in größerem Umfang in die Sozialversicherung einbezogen. In der Rentenversicherung wurde 1942 das Beitragsmarkenverfahren („Kleben“) durch das Lohnabzugsverfahren, wie es heute besteht, ersetzt. 1941 wurden die Rentner in die Krankenversicherung einbezogen. In der Arbeitslosenunterstützung wurde das Versicherungsprinzip verlassen und nach dem Fürsorgeprinzip Hilfe nur bei Bedürftigkeit geleistet.

2. Teil Bedeutung, System und internationale Dimension des Sozialrechts§ 3 Geschichte der sozialen Sicherung in der industriellen Gesellschaft › IV. Die Entwicklung seit 1945

Sozialrecht

Подняться наверх