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2. Beitrags- und steuerfinanzierte Leistungen

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Die Finanzierung von Sozialleistungen folgt zwei Modellen: Sie beruht entweder auf Beiträgen oder sie erfolgt aus dem allgemeinen Steueraufkommen. Beides lässt sich auch miteinander verbinden. Der in der Größenordnung bedeutsamste Bereich des Sozialrechts, die Sozialversicherung, ist im Wesentlichen beitragsfinanziert. Soweit Sozialleistungen durch Beiträge finanziert werden, lässt sich nochmals zwischen einer Umlagefinanzierung und der Bildung eines Kapitalstocks (Kapitaldeckungsverfahren) unterscheiden. Das hat vor allem für die Rentenversicherung Bedeutung (Rn 364 f).

Die Steuerfinanzierung ist für alle Bereiche des Sozialrechts außerhalb des Sozialversicherungsrechts kennzeichnend. Dabei wird je nach Sozialleistungen das Steueraufkommen des Bundes, der Länder oder der Gemeinden belastet. Der Bund trägt nunmehr nach Maßgabe des § 46 SGB II einen Teil der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Rn 514), sodass die Kommunen insoweit von diesen Kosten entlastet sind.

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Was die soziale Vorsorge gegenüber Risiken – wie namentlich die Krankheit und das Alter – angeht, ist die Frage zu stellen, ob nicht die Vorsorge durch Versicherung, auch in der Form eines Umlagemodells (Rn 364 f) wie bei der deutschen Sozialversicherung, die gegenüber der Steuerfinanzierung bessere Form der Vorsorge ist und bleibt. Leistungen der Versicherung sind nicht Leistungen, welche nach politischer Opportunität und nach Kassenlage gewährt werden können. Die Versicherung vermittelt (verwaltet durch Träger, die mit der Tagespolitik nicht jederzeit konfrontiert sind) durch Beitragszahlung erworbene und im Kern gemäß Art. 14 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützte Ansprüche und Anwartschaften. Das gilt insbesondere für die Altersvorsorge durch Versicherung. Bei einer Steuerfinanzierung würden nicht Ansprüche und Anwartschaften, sondern (von verfassungsrechtlich gemäß Art. 1 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip verbürgten Grundsicherungsleistungen abgesehen) Erwartungen begründet, um deren Valutierung es gerade im Bereich des Sozialen in Zukunft schlecht bestellt sein könnte. Es ist wahrscheinlich, dass in einem hoch verschuldeten Staat demnächst die Ausgaben für Soziales, wenn es um Kürzungsnotwendigkeiten geht, stets in den Blick genommen werden. Durch Beitragszahlung erworbene Ansprüche und Anwartschaften sind demgegenüber nach allen Kräften zu erfüllen. Für die Versicherung ist die Angemessenheit von Beitragsaufwand und Leistungsanspruch kennzeichnend. Es ist der Versicherung zuzuschreiben, dass wir seit Jahren die Zukunftsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung in einer alternden Gesellschaft diskutieren und bereits vielfältige Schritte zur Anpassung unternommen haben (vgl § 154 SGB VI), während etwa die zukünftige Finanzierung der steuerfinanzierten Beamtenpensionen in derselben alternden Gesellschaft und bei derselben Staatsverschuldung verhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit findet. In keinem Bereich hat man sich so konsequent auf den demografischen Wandel vorbereitet wie im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Was die zukunftsfähige Entwicklung der Arbeitsbeziehungen angeht, macht die Versicherung plausibel, wie sehr niedrige Erträge in Arbeitsverhältnissen und in Kleiner Selbstständigkeit abseits aller Gerechtigkeitsfragen Lasten in die Zukunft schieben und deshalb heute nach Lösungen rufen, die sonst morgen unter möglicherweise ungünstigeren Bedingungen gefunden werden müssen. Die Versicherung, auch wenn sie umlagefinanziert ist, verdeutlicht auf Beitrags- und Leistungsseite, dass es ein Niveau gibt, unter welches man, wenn man mit gesellschaftlicher Prosperität voranschreiten möchte, nicht absinken darf. Versicherungsmodelle setzen Leistungskraft voraus und bilden diese zukunftsgerichtet ab. Das stellt Ansprüche an die Nachhaltigkeit der Entgeltstruktur in der Gegenwart[5]. Zugespitzt lässt sich sagen: Jede Versicherung, gleichgültig, ob öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich verfasst, denkt in die Zukunft. Steuerlasten dagegen werden in die Zukunft weitergeschoben.

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