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1. Sozialversicherung, Versorgung, Fürsorge

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Die überkommene klassische Einteilung[1] unterscheidet Sozialversicherung, Versorgung und Fürsorge. Die Kategorien Sozialversicherung, Versorgung und Fürsorge stehen in engem Zusammenhang mit der geschichtlichen Entwicklung des Sozialrechts. Ihr folgt vor dem Hintergrund des damaligen Rechtszustandes auch die grundgesetzliche Ordnung der Kompetenzen des Bundes auf dem Gebiet des Sozialrechts (siehe Art. 73 Abs. 1 Nr 13 GG; Art. 74 Abs. 1 Nr 7, 12 GG; Art. 87 Abs. 2 GG).

a) Die Sozialversicherung als Kategorie hat folgende Kennzeichen: In ihr werden bestimmte soziale Risiken typisiert (wie Krankheit, Alter, Arbeitsunfall), und es wird durch Entrichtung von Beiträgen für den künftigen, nicht im einzelnen Fall, aber in seiner Gesamtheit voraussehbaren Bedarf Vorsorge getroffen. Der Leistungsanspruch entsteht, wenn der Versicherungsfall eintritt, ohne Rücksicht auf eine individuelle Bedürftigkeit. Die Sozialversicherung folgt der Struktur nach demselben Vorsorgeprinzip wie die Versicherung auf privatrechtlicher Grundlage.

b) Der Begriff der Versorgung ist in der traditionellen Einteilung als Kategorie wenig aussagekräftig. Er erfasst einseitige staatliche Leistungen, die für einen typischen Bedarf nach bestimmten Regeln ohne Rücksicht auf eine individuelle Notlage erbracht werden, und zwar aus dem Steueraufkommen. Man kann zwei Formen der sozialen Versorgung unterscheiden, die Allgemeinversorgung und die Sonderversorgung. Die Allgemeinversorgung (zB Versorgung mit Kindergeld) ist dadurch gekennzeichnet, dass Einkommen und Vermögen des Leistungsempfängers hier grundsätzlich keine Rolle spielen. Dagegen entschädigt die Sonderversorgung für die Allgemeinheit erbrachte oder von der Allgemeinheit verursachte besondere Opfer (Sonderopfer). Das klassische Beispiel ist die Kriegsopferversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), hierher gehört ferner zB die sozialrechtliche Entschädigung für Impfschäden (§§ 56 ff IfSG) und die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).

c) Die Fürsorge bezweckt die Herstellung und Gewährleistung eines Existenzminimums. Sie orientiert sich folgerichtig am individuellen Bedarf und ist ein subsidiäres Basissystem. Daraus folgt die Nachrangigkeit der Fürsorge, sie kommt erst zum Zug, wenn alle anderen Möglichkeiten der Selbst- und Fremdhilfe (namentlich auf privatrechtlicher Basis) den Bedarf nicht erfüllen können. Dem folgen insbesondere die Sozialhilfe und die Grundsicherung für Arbeitsuchende. Fürsorgeleistungen werden aus dem Steueraufkommen finanziert.

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