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Die Rede

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Zwölf Jahre lang waren aus den Rundfunkempfängern in Deutschland aufpeitschende und hasserfüllte Reden gekommen. Am 21. November 1945 konnten die Deutschen erstmals wieder eine große Rede hören, die nicht aus dem Mund eines der vielen Hassproduzenten stammte. Manche reagierten enthusiastisch auf den Ton, wie zum Beispiel der Landesdirektor für Unterricht und Kultus in Nordbaden, Professor Franz Schnabel. Im Vorwort zu einer ersten Druckfassung von Jacksons Rede nennt dieser demokratisch und republikanisch gesinnte, 1936 zwangsemeritierte Historiker sie ein „Meisterwerk einer von tiefer ethischer Gesinnung getragenen Beredsamkeit“.51

„Dieser Redner erstrebt nicht durch die Macht der Sprache eine Herausstellung der eigenen Persönlichkeit, er will auch nicht andere durch Worte besiegen. Hier gibt es keine rhetorischen Explosionen. Was der Leser hier findet, ist eine Beredsamkeit, wie sie der angelsächsisch sprechenden Welt eigen und in ihr aufs Höchste ausgebildet ist: streng und verhalten gleiten die Gedanken am festen Faden dahin und lassen keine Lücken bestehen.“52

Ähnlich der amerikanische Romanautor John Dos Passos. „Jackson spricht langsam, mit ebenmäßiger Stimme, in einem erklärenden Ton. Nichts deutet darauf hin, dass er sich selbst für wichtiger hält als die Sache.“53 70 Jahre später sieht der Journalist Thomas Darnstädt einen eloquenten, klugen, schmeichelnden, nicht naiven, sondern berechnenden Paradejuristen und großen Pädagogen am Rednerpult, der es sogar schaffte „sein Publikum in eine Art Trance zu versetzen.“54

Im Folgenden wollen wir die Rede und ihre zentralen Begriffe und Argumente etwas nüchterner analysieren. Aufgabe und Ziel waren klar: Die Eröffnungsrede55 des Leiters der US-amerikanischen Anklagebehörde steht am Beginn des Gerichtsverfahrens gegen die Männer, die als Hauptverantwortliche des Systems vor Gericht standen. Als einziger der Hauptankläger hat Jackson offenbar seine Rede in den Wochen vor Prozessbeginn selbst geschrieben, teilweise sogar mit der Hand,56 natürlich, wie oben dargelegt, unter Rückgriff auf das Tatsachenmaterial und die Analysen, die der große Stab der amerikanischen Ankläger ihm zur Verfügung gestellt hatte.

Das Internationale Militärtribunal von Nürnberg 1945/46

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