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3.


Am nächsten Morgen stand Diana zeitig auf und schlich in Richtung Küche, um etwas Essbares aufzutreiben. Sie traf auf Lydia und Hektor, die bereits damit beschäftigt waren, das Frühstück vorzubereiten.

„Guten Morgen, du Langschläfer“, grinste Lydia, die gerade ein frisch gebackenes Brot aus dem Ofen holte welches verführerisch roch.

„Morgen“, knurrte sie die beiden an und Hektor verzog sein Gesicht zu einem Grinsen.

„Ganz der Morgenmuffel wie früher.“

Schon gestern war Diana aufgefallen, dass er recht frei mit seiner Herrschaft umging. Lydia bemerkte ihren fragenden Blick.

„Wir haben keine Sklaven in unserem Haushalt. Alle Bediensteten stehen in Lohn und Brot und wohnen in einem Nebengebäude mit eigenen Zimmern. Nur Hektor schläft natürlich hier im Haupthaus.“

„Das hätte ich mir eigentlich denken können“, erwiderte Diana zufrieden.

„Du hast mir so viel über Ethik und Moral beigebracht, dass es für mich selbstverständlich war. Aber einige Sklaven von damals haben es tatsächlich vorgezogen, in der Sklaverei zu verbleiben.“

Diana sah sie irritiert an.

„Aus reiner Bequemlichkeit. Als Sklave mit einem guten Herrn mangelt es dir an nichts. Er sorgt für dich, gibt dir ein Dach über dem Kopf und muss dich ernähren, sprich: Du hast keinerlei Verantwortung zu tragen. Wenn du für deine Arbeit bezahlt wirst musst du für dich selbst sorgen, dich ernähren, kleiden und so weiter. Natürlich habe ich die, die nicht in die Freiheit entlassen werden wollten, in gute Hände gegeben, aber es war schon recht skurril.“

Die drei setzten sich und Diana erzählte ihnen die Geschichte, wie sie Julia aus den Klauen ihres Göttergatten entführt hatte.

„Die arme Frau“, entsetzte sich Lydia „Aber nun hast du sie ja unter deinen Fittichen.“

„Ja. Ich denke, dass sie mit mir auf die Reise gehen wird, aber das soll sie natürlich selbst entscheiden.“

„Du willst wieder fort?“, rief Lydia erschrocken aus.

Diana warf ihr einen warnenden Blick wegen Hektor zu.

„Du weißt, dass das nicht in meiner Macht liegt“, antwortete sie vage und Lydia verstand.

Sie nahmen das Frühstück ein und Lydia führte sie in die neu angelegte Haustherme. Unterwegs trafen sie auf Julia, die verschlafen auf dem Gang tappte, nahmen die junge Frau in ihre Mitte und betraten das Caldarium, das Heißbad. Dort zogen sie sich aus und setzten sich in das warm temperierte Wasser.

„Wir müssen mal wieder etwas tun“, kicherte Lydia, als ihr Blick in Dianas Schritt fiel.

Mit Grausen dachte sie an die Prozedur zurück, als Lydia ihr damals mit Wachs die Schamhaare entfernt hatte und sah ihre Freundin mit einem schiefen Grinsen an.

„Kommt nicht infrage“, wehrte sie sich, aber gleichzeitig war sie sich über die Vorteile bewusst.

Nachdem sie das warme Wasser genossen hatten, wurden sie von einer weiblichen Hausangestellten massiert, eingeölt und mit dem Strigilis, einem Streicheisen aus Bronze, bearbeitet. Julia schnurrte wie eine Katze, als ihr das Öl vom Körper geschabt wurde.

„Ich bin im Himmel“, stöhnte sie und ein zufriedenes Lächeln stahl sich in ihr Gesicht, während Diana misstrauisch zusah, wie das Bienenwachs erwärmt wurde. Routiniert verteilte das Hausmädchen das Wachs über ihre Intimzone und entfernt mit einem Ruck die Schamhaare. Diana quietschte auf und die beiden anderen prusteten los.

„Jetzt bist du richtig angekommen“, kicherte Lydia und fing sich einen bösen Blick von Diana ein. Dann zogen sie sich an und verließen das Caldarium.

*


In der Küche erwartete sie Arminius, der nun zusammen mit Julia das Frühstück einnahm, während Lydia und Diana sich für ihren Besuch bei Helena fertigmachten. Lydia gab Diana eine Tunika aus edlem Tuch sowie eine aus kostbaren Stoffen gefertigte Palla. Kurz darauf machten die beiden sich auf den Weg zum Palastgebäude und erreichten bald eine kleine Gasse, von der Diana wusste, dass sie direkt an den anliegenden Palastgärten vorbeiführte. Sie nahm die Gitarre von den Schultern, strich zärtlich über die Saiten und begann die Anfangsakkorde von „Wish you were here“ zu spielen.

„So, so you think you can tell ... Heaven from Hell“, erklang ihre Stimme, als sie einen erstickten Schrei von jenseits der Mauer hörten. Lautes Gemurmel war zu hören und jemand gab mit lautstarker Stimme Anweisungen. Nur einen Augenblick später stürmten Angehörige der Leibgarde um die Ecke und umringten die beiden Frauen.

„Die Erhabene wünscht euch sofort zu sehen“, schnarrte die Stimme eines Optios, einem Legionär im Rang eines Feldwebels, und sie folgtenihm in den Palast. Als sie das Vestibül betraten, sah Diana eine ältere weibliche Person, die mit raschen Schritten auf sie zueilte. Tränen kullerten über Helenas Wangen und ihre Arme schlossen sich in einer festen Umklammerung um Dianas Körper.

Konsterniert beobachteten die Domestiken, wie sich ihre Herrin, ohne auf die Hofetikette zu achten, förmlich an die fremde, hochgewachsene blonde Frau krallte und sie zärtlich auf die Wangen küsste.

„Du bist wieder da“, sagte sie leise und strich Diana über ihr Haar und das Gesicht.

„Ja“, entgegnete diese und ihre Augen wurden ebenfalls feucht. „Du hast mir so gefehlt“, hauchte sie ihr leise zu.

„Du musst mir alles erzählen, alles“, sagte Helena nun mit fester Stimme. „Entschuldige, meine Liebe“, wandte sie sich nun an Lydia, die diese Szene gerührt beobachtet hatte, „aber das hat mich förmlich überrollt“, und nahm nun auch sie den Arm.

„Ich werde meine Privatgemächer aufsuchen und will nicht gestört werden“, wandte Helena sich nun mit der gewohnten Befehlsgewalt an ihre Bediensteten und die drei gingen Arm in Arm in Richtung Helenas Privattrakt.

*


Der Tumult im Palast war nicht unbemerkt geblieben. Auf einer Freitreppe standen drei Frauen, welche die Szene ebenfalls beobachtet hatten.

„Wer ist diese blonde Frau?“, fragte die älteste von ihnen. „Ich habe sie noch nie zuvor gesehen und Helena hat sie begrüßt wie eine verloren geglaubte Tochter.“

„Sie kommt mir bekannt vor. Aber es muss lange her sein, als ich sie das letzte Mal gesehen habe“, entgegnete die mittlere der drei, während sie überlegte und ihre Stirn krauszog. „Das kann nicht sein“, hauchte sie plötzlich, während sie Helena und ihrem Gefolge nachschaute.

„Ist es dir wieder eingefallen, Fausta?“, fragte die ältere, die vom Äußeren her zweifellos ihre Mutter sein musste.

Faustas Augen formten sich zu schmalen Schlitzen.

„Verdammt! Ja, ich weiß wer sie ist. Und ihre Anwesenheit kann für unsere Pläne ein enormes Hindernis bedeuten“, fluchte sie.

„Sie ist doch nur eine Frau“, bemerkte Eutropia geringschätzig.

„Sie hat schon einmal meine Pläne durchkreuzt und das sehr gründlich. Es passierte vor genau zwölf Jahren. Damals hatte ich zusammen mit einem Vertrauten Helenas, einem Griechen namens Theophanos, ein Komplott gegen Constantin geschmiedet. Es geschah kurz vor dem großen Feldzug gegen Maxentius, wobei Crispus das Opfer sein sollte.“

„Mein Ehemann?“, fragte nun die jüngste der Frauen, die bisher geschwiegen hatte.

„Ja. Sie hat unsere Verschwörung aufgedeckt, den Griechen Theophanos Constantin ausgeliefert und den Kopf von dessen Komplizen Marcus ihm vor Verona praktisch auf dem Silbertablett serviert und das meine ich wörtlich. Sie hat ihn kurzerhand enthauptet.“

Eutropia und Helena die Jüngere schauten Fausta entgeistert an.

„Diese Frau dort“, wies sie mit ihrem Finger auf Diana, die gerade hinter einer schweren Eichentür verschwand, „ist brandgefährlich. Sie gehörte zum Stab Constantins und befehligte, so wie ich es gehört habe, die Legion, welche Maxentius zur Strecke gebracht hat. Man munkelt sogar, dass sie ihn eigenhändig getötet hat. Nach der Schlacht war sie verschollen. Constantin hat vergeblich nach ihr suchen lassen und nun taucht sie plötzlich wieder hier auf. Wir müssen von nun an extrem vorsichtig sein.“

Helenas Vermächtnis

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