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Prolog

1.


1972, Nag Hammadi, Ägypten

Professor Harald Eissing von der Freien Universität Berlin fuhr, wie jeden Morgen, zu seiner Ausgrabungsstätte in der Nähe von Nag Hammadi, welche etwa dreizehn Kilometer südöstlich von dem kleinen Ort entfernt am Rand der Wüste lag.

Vor über fünfundzwanzig Jahren hatte dieser Ort bereits Schlagzeilen gemacht, als ägyptische Bauern auf der Suche nach natürlichem Dünger einen großen, roten Tonkrug ausgruben, dessen Inhalt den Glauben der Römisch-Katholischen Kirche fast ins Wanken gebracht hatte. Der Krug enthielt sogenannte Kodizes, Schriftrollen, welche aus Pergament gefertigt und aus der Zeit der frühchristlichen Kirchengemeinde stammten. Der Inhalt der Schriften war insofern brisant, da sie ein bislang unbekanntes Evangelium, das des Thomas enthielten und dieses inhaltlich, zumindest teilweise, der allgemeinen christlichen Lehre entgegenstand. In diesem Text wurde die enge Beziehung der Maria Magdalena zu Jesus Christus besonders betont. Das führte dazu, dass diese Maria in der Katholischen Kirche nicht mehr als die Hure gesehen wurde, als die sie jahrhundertelang abgestempelt war, sondern vielmehr ein Jünger des Heilands war. Viele Religionswissenschaftler gingen nach den Studien der Rollen sogar davon aus, dass Maria Magdalena die Ehefrau von Jesus Christus gewesen sein könnte.

*


Zwei Jahre zuvor hatte ein amerikanischer Archäologe, der auf die Technik der neu aufkommenden Luftbildarchäologie spezialisiert war, Eissing einen Tipp gegeben. Ganz in der Nähe des Fundortes des Tongefäßes war er auf eine interessante Stelle gestoßen, die, wie er aufgrund der Bodenbeschaffenheit vermutete, eine frühchristliche Basilika gewesen sein könnte. Eissing hatte einige Mühe gehabt, die notwendigen Gelder von seinem Institut locker zu machen aber letztendlich hatte er es geschafft. Die ägyptischen Behörden, die sich fast ausschließlich um die Funde aus der Zeit der Pharaonen kümmerten, hatten sich nicht besonders für seine Grabung interessiert und er hatte seine Grabungslizenz ohne Schwierigkeiten erhalten.

Tatsächlich entpuppte sich der Fundort als eine kleine, frühchristliche Kirche und Eissing und sein Team hatten bereits einige bemerkenswerte Funde an die Oberfläche gebracht.

Als er auf dem Weg zur Grabungsstätte war, konnte er nicht ahnen, dass dieser Tag einen gewaltigen Stein ins Rollen bringen würde.

„Guten Morgen Professor“, begrüßte ihn seine Doktorandin Petra Böhmer, die ihn mit einer dampfenden Tasse Kaffee in der Hand erwartete.

„Guten Morgen Petra. Ich sehe, Sie sind schon fleißig gewesen“, sagte er und schaute auf das Grabungsteam, welches die Grundmauern der kleinen Kirche freigelegt hatte.

„Wir haben heute Morgen schon etwas gefunden, das Sie sich sicher gerne anschauen möchten“, strahlte sie über das ganze Gesicht.

„Spannen Sie mich nicht auf die Folter“, lächelte er Petra an.

„Wir haben ein kleines Tongefäß gefunden, welches noch verschlossen ist. Wir haben extra auf Sie gewartet, damit Sie es öffnen.“

Sofort war Eissing wie elektrisiert.

„Nicht so einen Topf wie damals“, lachte Petra, als sie den Gesichtsausdruck des Professors bemerkte. „Aber wer weiß, vielleicht enthält er ja irgendetwas von Bedeutung.“

Eissing folgt Petra in Richtung des Ausgrabungszeltes und erkannte ein kleines Tongefäß, das sich auf dem Tisch zwischen etlichen unsortierten Scherben befand.

„Es ist tatsächlich unversehrt“, murmelte er, als er die Keramik in seinen Händen hielt.

„Und zweifellos römisch“, fügte er hinzu.

Mittlerweile hatte sich das ganze Grabungsteam eingefunden und beobachtete ihn, wie er den Deckel des Tontopfs vorsichtig öffnete.

„Es enthält ein Pergament“, sagte er aufgeregt, als er in die Öffnung blickte.

Einer seiner Assistenten reichte ihm eine lange Pinzette und Eissing zog das alte Schriftstück vorsichtig aus seinem Behältnis. Anschließend zog er sich Glaceehandschuhe an und glättete es, so gut es eben möglich war, vorsichtig auf dem Tisch aus.

„Das ist in Latein verfasst“, murmelte er und begab sich daran, es zu entziffern. Je länger er es las, umso schweigsamer wurde er, und Fassungslosigkeit machte sich auf seinem Gesicht breit.

„Was steht drin?“, fragte Petra ihn neugierig und wollte einen Blick auf das Pergament werfen, aber Eissing schirmte es mit seinem Körper ab und rollte es sofort wieder zusammen. Er war kreidebleich geworden und wankte mit dem Schriftstück in der Hand an seinen verblüfft dreinschauenden Mitarbeitern aus dem Zelt. Petra eilte ihm sofort hinterher.

„Geht es Ihnen gut, Professor?“, fragte sie ihn und hielt Eissing an seiner Schulter fest.

„Alles in Ordnung“, stammelte er und ging wie benommen weiter.

Helenas Vermächtnis

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