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Gefährtinnen

1.


Eine Woche später brach der Tross des Kaiserhofes auf und machte sich auf den Weg nach Massalia. Es hieß Abschied nehmen von Arminius, der Diana fest in seine starken Arme nahm.

„Pass gut auf Lydia und Aurora auf“, sagte der große Mann mit Tränen in den Augen.

„Das werde ich. Ich hüte die beiden wie meinen Augapfel. Und du musst auf die kleine Diana Antonia achten. Wir wissen nicht, was dieses Ungeheuer in Frauengestalt vorhat. Aber ich denke, hier ist sie in Sicherheit. Wenn sie etwas unternimmt, dann in der Hauptsache gegen Helena.“

„Natürlich. Das Haus wird Tag und Nacht bewacht. Mach dir keine Sorgen.“

Unter Tränen verabschiedete sich auch Lydia von ihren Lieben und dann begann der lange Marsch. Crispus hatte natürlich das Kommando übernommen und eine Kohorte sowie die Leibgarde Helenas unter Dianas Befehl setzten sich in Bewegung. Die Route verlief bis Vienna, dem heutigen Vienne, genau auf derselben Strecke wie vor zwölf Jahren. Dann jedoch verlief sie weiter in Richtung Süden, bis Massalia, das Ende des Landweges, erreicht wurde.

Es war eine unbeschwerte Reise. Überall wo der Tross Station machte, wurde er von der jubelnden Bevölkerung begrüßt. Die Herrschaft Constantins hatte dem Land Wohlstand und was noch wichtiger war, Frieden und Sicherheit gebracht.

Die Straßennetze waren gut ausgebaut und je weiter sie nach Süden vordrangen, wurde das Klima angenehmer. Es war Mitte April und während im Tal der Mosella noch fast winterliche Temperaturen herrschten, begannen sich hier die Knospen der Bäume und Pflanzen einen Weg in die Sonne zu suchen. Meist saßen die vier Frauen vor dem Zelt Helenas zusammen, Diana spielte auf ihrer Gitarre und bald sprach sich in der großen Reisegesellschaft herum, dass die Kommandeurin der Garde einem merkwürdigen Instrument wundersame Laute entlockte. Crispus war längst zum Stammgast geworden und einmal erblickte Diana auch Eutropia und die junge Helena, die ihrem Gesang und ihren Klängen lauschten. Nach einem der Abende lud Helena Diana und Lydia in ihr Zelt ein, weil Aurora und Julia einer Einladung zweier Offiziere gefolgt waren, sodass die drei Frauen nach längerer Zeit wieder einmal unter sich waren.

*


„Du hast mir noch gar nicht erzählt, wie es dir nach deiner Rückkehr ergangen ist“, sagte Helena. „War es schmerzhaft, wieder in deiner Gegenwart aufzuwachen?“

„Nein“, lächelte Diana. „Nachdem ich mit Maxentius im Tiber gelandet war, fiel ich in eine Dunkelheit und wachte wie aus einem Traum in einem Bett in einer Klinik auf.“

„Eine Klinik?“, fragte Lydia.

„Eine Art Valetudinarium wie ihr es nennt. Es ist ein Haus, in das man die Kranken bringt, um sie gesund zu pflegen. Es steht jedem offen und dort gibt es Medici und Pfleger, die sich um einen kümmern. Dort werden auch Operationen durchgeführt.“

„Und wie lange hat dein Körper dort verbracht?“, wollte Helena wissen.

„Sechs Monate, genau die Zeit, die ich hier verbracht habe.“

„Aber du hättest verhungern und verdursten müssen“, sah Lydia sie erstaunt an.

„Man hat mich künstlich ernährt. Stelle es dir so vor, dass man mir flüssige Nahrung gegeben hat.“

„Sie haben dich mit Suppen ernährt?“

Diana lachte laut auf. „Mein liebes Kind. Wir haben Möglichkeiten, Körper über Jahre hinweg am Leben zu erhalten und zu ernähren. Dazu braucht es keine Suppe“, lächelte sie. „Als ich aufwachte befand sich mein Bruder an meinem Bett und hat über mich gewacht. Seitdem habe ich wieder einen engen Kontakt zu ihm.“

„Und sonst hat dich keiner vermisst?“, fragte Helena mit etwas belegter Stimme.

„Nein, niemand“, entgegnete Diana traurig, „und ich habe euch in diesen Momenten so sehr vermisst. Mit meinem Bruder zusammen habe ich die Fibel gesucht und auch gefunden und erst danach habe ich mich ihm anvertraut, als wir beide in einem Gasthaus über der Mosella gesessen haben und ich einen Blick auf deine und Arminius Villa hatte.“

„Sie steht noch nach so langer Zeit?“

„Nein, sie ist lange vergangen. Aber der Platz, an dem sie stand, existiert natürlich noch. Und ich bin fest entschlossen, wenn ich wieder in meine Zeit zurückgekehrt bin, sie an genau demselben Platz erneut zu errichten.“

„Aber wenn du nur deinem Bruder von deiner Reise erzählt hast, wie kommt es dann, dass du wieder hier bist?“, fragte Helena.

„Das ist eine andere Geschichte über deren Hintergründe ich dir nichts sagen darf“, antwortete sie ausweichend. „Du weißt, die Sache mit dem Zeitparadoxon. Ich möchte nicht Gefahr laufen, dass wieder etwas verändert wird.“

„Es hat etwas mit meiner Person zu tun“, stellte die kluge Frau nüchtern fest.

„Ja, aber es ist nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest. Eigentlich ist es nur eine Randerscheinung in der Geschichte, aber mit großen Auswirkungen und wenn ich dir darvon erzählen würde, könnte es die Sache verkomplizieren.“

Lydia schaute in den sternenklaren Nachthimmel und betrachtete gedankenverloren den Mond.

„Und dort oben seid ihr gewesen“, murmelte sie.

Helena schaute sie überrascht an.

„Sie wollte unbedingt etwas über unsere Technik wissen und da habe ich ihr gesagt, dass wir auf Luna waren“, schmunzelte Diana.

„Du tust gut daran uns nichts darüber zu erzählen, weil wir es sowieso nicht begreifen könnten“, sagte Helena.

„Es ist auch völlig irrelevant. Wir leben im Jetzt und Hier und nur das zählt. Das gilt jedenfalls für mich. Ich bin wieder bei meiner Familie nur das Traurige ist, dass es nur ein Besuch ist. Ich habe euch so sehr vermisst“, sagte Diana mit Tränen in den Augen, während Lydia und Helena sie in ihre Arme schlossen.

Helenas Vermächtnis

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