Читать книгу Amos - Rainer Kessler - Страница 10
2. Der Aufbau des Buches
ОглавлениеDas Amosbuch lässt sich in vier Teile gliedern.14 Am 1–2 enthält Völkersprüche in Gestalt eines gleichmäßig aufgebauten Gedichts in acht Strophen. In den ersten sechs Strophen werden fremde Völker angesprochen. Darauf folgt eine Strophe über Juda, die ähnlich lang ist wie die sechs Strophen über fremde Völker. Ziel der Komposition ist die achte Strophe, die Israelstrophe. Sie ist ungleich länger und weicht auch formal von den vorhergehenden Strophen ab.
Teil zwei des Amosbuches sind Kap. 3–6, eine Sammlung kürzerer und längerer Sprüche. Diese Sprüche wenden sich fast ausschließlich an das Nordreich Israel und seine Bewohnerschaft und drohen dieser mit Untergang, Verbannung und Fremdherrschaft. Die Redeeinleitungen mit „Hört dieses Wort, das Jhwh über euch geredet hat“ (3,1) und „Hört dieses Wort, das ich über euch anhebe“ (5,1) gliedern die Sammlung in zwei Teile.
Im dritten Teil, Kap. 7,1 – 9,6, ändert sich der Charakter der Texte, obwohl zunächst immer noch Amos das Wort hat. Wir finden in Ich-Form einen Bericht des Propheten über fünf Visionen, die er empfangen habe. Eingefügt ist ein weiterer Bericht darüber, wie Amos aus dem Nordreich ausgewiesen und nach Juda geschickt wird (7,10–17), in dem sich der Erzähler erstmals nach 1,2 wieder zu Wort meldet. Nach der kurzen Erzählung finden sich, wie in Kap. 3–6, wieder Worte des Amos (8,4–14).
Abgeschlossen wird das Amosbuch durch den Passus 9,7–15. Während das Meiste, das wir bis dahin lesen konnten, auf den Untergang Israels hinausläuft, richten sich die Schlussverse auf eine Zukunft, die voller Hoffnung ist. Diese Verse sollen nicht, wie man es oft auslegt, die Botschaft des Amos korrigieren, sondern sie zu Ende denken. Fragen, die sich bei der Lektüre der Amosschrift gestellt haben, werden hier zum Schluss beantwortet.15
Die vier Abschnitte des Amosbuches beschreiben eine dramatische Bewegung. Sie geht aus von Jhwh, der von Jerusalem aus seine Stimme erhebt (1,2). In den Völkersprüchen dokumentiert er seinen universalen Anspruch, lässt aber sofort erkennen, dass das eigentliche Ziel der Anklagen und Drohungen Juda und ganz besonders Israel sind. Israel steht sowohl in den Worten der Kap. 3–6 als auch in 7,1 – 9,6 fast ausschließlich im Fokus des Interesses. Die Drohung mit Verbannung (5,27; 6,7) und Fremdherrschaft (6,14) und die Ankündigung des Endes, das „zu meinem Volk Israel“ kommt (8,2), markieren den Zielpunkt der Worte. Aber damit ist die Bewegung, die mit 1,2 eingesetzt hat, noch nicht am Ziel. In der Erwartung, dass die Worte des Amos in Juda, wohin ihn der Oberpriester von Bet-El geschickt hat, weiterwirken, eröffnet sich eine Hoffnung, die von der wieder aufgerichteten Hütte Davids (9,11) ausgeht und sowohl die Überlebenden des Nordreichs Israel, die von ihren unterdrückerischen Strukturen befreit werden sollen, als auch den Rest der Völker mit einschließen wird. Erst damit ist das Amosbuch zu seinem Ziel gekommen.