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3. Der Prophet in der Autorität Jhwhs

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Fast alles, was Amos sagt, stellt er unter die Autorität Gottes, in dessen Namen er spricht. Das Buch ist durchzogen von Formeln, die das anzeigen: „So spricht Jhwh“ (1,3.6.9 u. ö., insgesamt vierzehnmal), „spricht (der Herr) Jhwh“ (1,5.8.15 u. ö., insgesamt neunmal), „Spruch Jhwhs“ (mit Erweiterungen des Gottesnamens) (2,16; 3,10.13 u. ö., insgesamt achtzehnmal) und „geschworen hat Jhwh ...“ (4,2; 6,8; 8,7). Die Gottesworte selbst sind ferner meist daran erkenntlich, dass Jhwh in der ersten Person spricht.

In einem rein formal ausgerichteten Kommunikationsschema muss man die Gottesrede einer eigenen, unter der der Prophetenrede angesiedelten Kommunikationsebene zuweisen. Dies sei an Am 1,1–3 illustriert (K = Kommunikationsebene):

K1 der reale Autor (unbekannt)

K2 der implizite Erzähler (V. 1 + „Er sagte“ aus V. 2) K3 der Prophet (V. 2) K4 Gott (V. 3 nach „So spricht Jhwh“)

Im Einzelnen ist die Unterscheidung von Prophetenrede und Gottesrede meist möglich und sinnvoll. Innerhalb der vom Propheten in Ich-Form erzählten Visionen muss man sogar sagen, dass der prophetische Erzähler, wenn er Jhwh reden lässt, diesen regelrecht zitiert: „Es soll nicht sein, sagte Jhwh“ (7,3; vgl. V. 6); „Da sagte Jhwh zu mir: Was siehst du, Amos?“ (7,8; vgl. 8,2).

Einige Stellen aber sind auffällig. Entweder geht die Prophetenrede unmerklich in Gottesrede über; in 3,1 fängt der Prophet an: „Hört dieses Wort, das Jhwh über euch geredet hat, ihr Israelskinder“, um dann übergangslos mit Gottesrede weiterzumachen: „über den ganzen Volksstamm, den ich aus dem Land Ägypten heraufgeführt habe“. Oder aber es ist nur schwer zu entscheiden, ob an einer Stelle Gott selbst oder der Prophet spricht (z. B. 5,1–2). Dies ist ein Hinweis darauf, dass es zu einfach wäre, den Übergang von K3 zu K4 prinzipiell so zu deuten, dass nun der Prophet Jhwh zitiere.

Lange galt es in der Exegese als selbstverständlich, die „So spricht Jhwh“-Formel als „Botenformel“ zu bezeichnen. Vor dem Hintergrund einer Wort-Gottes-Theologie verstand man den Propheten als Boten, der die göttliche Botschaft den Menschen übermittelt und dabei vollständig hinter demjenigen zurücktritt, der ihn geschickt hat. Zugespitzt könnte man sagen, der Prophet zitiere, was Gott ihm aufgetragen hat.

Versucht man dagegen, die Formel in ihrem Kontext als Sprechakt zu verstehen, wie Andreas Wagner das in seiner wichtigen Studie zur kōh ʾāmar-Jhwh-Formel getan hat, bröckelt dieses Bild. Wagner zeigt, dass die Formel kein Zitat eines Jhwh-Wortes ist und dann präterital zu übersetzen wäre, sondern einen deklarativen Sprechakt darstellt, der mit Präsens wiederzugeben ist: Indem der Prophet spricht, stellt er sich unter die absolute Autorität des Gottes, in dessen Namen er spricht. Die Formel drückt – in Wagners eigenen Worten – aus, „dass der Sprecher das nach der Formel Gesprochene in eine Rede des Absenders wandelt (so spricht N.N. hiermit durch Sprecher)“.16 Amos ist kein mündlicher „Briefträger“, der etwas Ausformuliertes weitergibt, sondern verhält sich wie ein diplomatischer Botschafter, der in der Autorität seiner Regierung spricht.

Indem der Prophet „das nach der Formel Gesprochene in eine Rede des Absenders wandelt“, ist es berechtigt, die Ebenen K3 und K4 zu differenzieren. Man muss aber sehen, dass sie inhaltlich etwas Anderes bedeuten, als wenn der Prophet ein Wort Gottes zitieren würde; der Prophet selbst beansprucht, in der Autorität Gottes zu sprechen.

Amos

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