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11. November 1969

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Mir machte die Schule Spaß, auch weil Clara uns jetzt nicht mehr wie kleine Kinder behandelt konnte, war sie doch nur eine Klasse über uns. Fast alle in meiner Klasse konnten schon das Alphabet und die Zahlen bis 1000. Jetzt lernten wir, Zahlen so zu verbinden, dass eine neue Zahl entstand, die viel größer war. Das nannte sich Rechnen und Francis, der Sohn des Bürgermeisters, war Klassenbester darin. Maurice hänselte ihn deshalb öfters auf dem Pausenhof, schubste Francis oder nahm ihm sein Schulbrot weg. Einmal stellte ich mich ihm in den Weg, als er wieder mit Francis raufen wollte. Da stieß er mich zur Seite, so dass ich hinfiel und mir das Knie aufschürfte.

Francis nutze die Ablenkung und rammte seinen Kopf in den Bauch von Maurice, der umkippte und neben mir aufschlug. Sofort griff er nach Francis und riss ihn ebenfalls zu Boden, auf dass wir drei ein raufendes Knäul bildeten, um das sich eine Traube Schüler scharrte. Die Pausenaufsicht hatte große Mühe, die balgenden Jungs auseinander zu bekommen und zerrte sie zum Direktor. Ich allerdings musste auch mitkommen, obwohl ich gar nichts dafür konnte. Als unsere Eltern eintrafen und erfuhren, dass wir uns in der großen Pause gerauft hätten, gab es ein riesen Donnerwetter von meinem Vater und Stubenarrest für die nächsten drei Tage.

Ich weinte, weil ich das ungerecht empfand und war sauer auf Francis, der nicht zugegeben hatte, dass ich ihm nur helfen wollte. Maurice aber zwinkerte mir zu, bevor ihn seine Mutter am Arm packte und aus dem Büro des Direktors zerrte.

Zuhause schloss ich mich mit Mr. Bee, Emma und Clément in meinem Zimmer ein und spielte Unterricht. Als aber Clément ein falsches Ergebnis im Rechnen hatte, setzte sich Mr. Bee auf seinen Oberkörper und drückte ihn zu Boden. Genauso hatte es am Vormittag Maurice mit Francis gemacht und Emma schaute zu. Der Sieger durfte Emma heiraten und mit ihr mein Lieblingsspiel spielen, Liebe machen. Mr. Bee gewann und legte sich mit seiner harten Schnauze zwischen Emmas gespreizte Beine, die ich neben Clément auf den Boden gelegt hatte.

Aber anders als sonst machte mir das Spiel heute keinen Spaß. Es ärgerte mich, dass meine Eltern mir nicht zugehört hatten und so ungerecht waren. Auch weil ich Sarah drei Tage nicht sehen konnte und den Ballettunterricht verpasste. Deshalb beschloss ich, selbst ein wenig zu üben und zog mich aus. Als ich nur in Unterwäsche vor meinem Spiegel stand und zum hundertsten Mal versuchte, eine Pirouette zu drehen, klopfte es an meine Tür. Es war Marcelle, die mit mir spielen wollte und als einzige zu mir aufs Zimmer durfte. Als sie sah, dass ich Ballett übte, wollte sie mitmachen und freute sich, dass ich sie nicht wie sonst aus meinem Reich vertrieb.

Gemeinsam drehten wir uns auf Zehenspitzen, hielten ein Bein angewinkelt und die Arme ausgestreckt, hüpften und sprangen, bis uns die Luft ausging und wir erschöpft auf mein Bett fielen. Marcelle hatte einen Riesenspaß und auch ich vergaß allmählich meine Wut auf die Welt da draußen. Es war mittlerweile Abend geworden und bald würde Mutter zum Essen rufen. Da wir aber vom Tanzen verschwitzt und staubig waren, nahm ich Marcelle mit ins Bad, ließ uns ein heißes Bad ein und achtete darauf, dass sich eine dicke Schaumkrone auf dem Wasser bildete.

Schließlich half ich meiner Schwester beim Ausziehen, schlüpfte aus meiner Unterwäsche und gemeinsam stiegen wir in die dampfende Wanne. Es war herrlich und meine Traurigkeit schwand mit jedem Schaumball, den Marcelle und ich einander zuwarfen, bis das ganze Bad unter Wasser stand.

Anaïs Tagebuch

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