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1.1 Trainieren, was alle anderen schon können

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Zwischen Bildung und Training gibt es einen Unterschied. Trainiert wird jemand für eine bestimmte, wohldefinierte Aufgabe. Sowohl die Aufgabe als auch die Methoden zur Bewältigung der Aufgabe lassen sich klar definieren. Aus der Definition lassen sich Lernpläne ableiten und Lernschritte konzipieren. Es gibt hinterlegte Erfahrungen mit Aufgabe und Methode. Die Situationen, in denen die Aufgaben auftreten, sind ebenfalls bestimmt und stabil. Wer immer den Lernschritt vollzieht, bewältigt die Aufgaben.

Wie genau ist eigentlich eine Führungsaufgabe heute definiert? Was wissen wir über das künftige Umfeld von Führung? Was für ein Typ Mensch wird geführt werden müssen? Wenn sich vieles in den Unternehmen beschleunigt wandelt und ständige Veränderung zum Zeichen der Qualität einer Organisation wird, was bedeutet das für Führung? Für was eigentlich werden die Führungskräfte trainiert? Für die Aufgaben von gestern? Fragen, die schnell an die Grenzen des Trainingsmodells oder des Lernens erster Ordnung führen. Führungssituationen sind nicht stabil – Führungskontexte ändern sich. Die Methoden, die gelernt werden können, sind oft auf Idealsituationen bezogen, die es selten gibt. Oder aber die Methode steht in spürbarem Widerspruch zum Charakter, zur Emotionalität oder zum Temperament der nach ‚Hilfe‘ für seine Aufgabe suchenden Führungskraft. Vieles von dem, was Unternehmen von ihren Führungskräften verlangen, ist nicht trainierbar – es geht um Charakter, es geht um Ethik, um Emotionalität und es geht um Persönlichkeit. Auch hier wird die Beschreibung dessen, was denn eine gute Führungskraft ausmacht, schnell ungenau. Man glaubt sie zu erkennen, wenn man ihr begegnet, aber genau ausdrücken, was denn den Unterschied zwischen den Guten und den nur Geeigneten macht, wissen wir so genau nicht zu benennen. Lebenserfahrung kommt ins Spiel, die Charakterbildung durch die Auseinandersetzung mit der Welt, an der sich einer gestoßen hat, die Kenntnis von Krisen und das Wissen über das eigene Ich, über seine Stärken, Schwächen und Untiefen. Es geht um geistige Weite. Und stellt man uns als Spezialist*innen für ‚Lernen‘ die Frage, wie ‚macht‘ man solche Führungskräfte, dann fällt uns eher der erweiterte Kunstbegriff von Beuys ein als ein Trainingskonzept von drei Tagen Dauer. Beuys begründete seinen erweiterten Kunstbegriff mit der Formulierung, ‚man müsse Vorstellungen haben vom Ganzen der Dinge, erst dann könne man das Einzelne schaffen‘, sei es nun ein Kunstwerk, sei es eine Führungsaufgabe.

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