Читать книгу Griechische Götter- und Heldensagen. Nach den Quellen neu erzählt - Reiner Tetzner - Страница 50

Ikaros fliegt sonnenwärts

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Minos hatte zwar Daidalos nach dessen Flucht aus seiner Heimatstadt Athen53 freundlich Asyl gewährt, aber lehnte hartnäckig dessen Bitten um Weiterreise ab. Minos wollte weder den besten Erfinder verlieren, noch seine Schmach bekannt werden lassen.

Nachdem der Kunstsinnige seine vermeintliche Freiheit als goldenen Käfig erkannt hatte, schuf er für sich und Ikaros zwei Flügelpaare und verklebte deren Federn mit Wachs. Bevor sie flüchteten, belehrte der Vater seinen Sohn:

»Mein Ikaros, halte die Mitte der Bahn! Denn fliegst du zu tief, beschwert Wellengischt deine Federn, gerätst du zu hoch, wird die Glut dich versengen!«

Daidalos’ Rat folgt den griechischen Denkern. Die sieben Weisen verkündeten: »Erkenne dich selbst!« Dieser Spruch ziert den Eingangsgiebel des Apollontempels in Delphi. »Nichts zu viel!«, lautet eine andere Weisheit.

Dann erhoben sich beide in die Lüfte – der Vater flog maßvoll voran, der Sohn zunächst unsicher hinterher. Doch bald vergaß Ikaros nicht nur seine Scheu, sondern auch seine Vorsicht. Berauscht von dem Hochgefühl, wie ein Adler durch den Äther zu schießen, schwang er sich jauchzend immer höher, der Sonne entgegen. Aber zehrende Glut schmolz das duftende Wachs, die Federn verloren ihren Halt und fielen von den nackten Armen. Sosehr Ikaros auch ruderte, die Flügel fassten keine Luft mehr, und so schlug er kurz vor der später nach ihm benannten Insel Ikaria aufs Meer und ertrank. Daher heißt auch heute noch die See um die Sporaden das Ikarische Meer.54

Griechische Götter- und Heldensagen. Nach den Quellen neu erzählt

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