Читать книгу Griechische Götter- und Heldensagen. Nach den Quellen neu erzählt - Reiner Tetzner - Страница 59

Zagreus, der erste Dionysos

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Zuvor hatte Zeus nach einem Bericht der Orphiker Schlangengestalt angenommen und so mit Persephone den Zagreus, den Gott aller Götter, gezeugt, der unangefochten Thron und Blitze des Vaters übernehmen sollte. Doch Heras Eifersucht wurde sein Verhängnis. Sie schickte die Titanen, die ihre Gesichter weiß einkalkten, um Zagreus zu täuschen, ihn in Stücke fetzten, kochten und verschlangen.60 Zeus’ Blitz strafte die Mörder und verkohlte sie. Die Überreste seines Sohnes wurden Semele zur Wiederbelebung übergeben, aus denen der ›erste‹ Dionysos erwuchs. Andererseits bildete sich aus den verdampften Ausdünstungen mit den Elementen der Titanen und denen von Zagreus allmählich Ruß, der dann zu dem Stoff wurde, aus dem die Menschen gemacht sein sollen.

Aus dieser Geschichte leiteten die Orphiker nicht nur ihren Vegetarismus her, sondern auch ihre Forderung, die irdenen Teile des Menschen zu überwinden und die himmlischen Anteile unserer Seele zu festigen und zu läutern.

Es soll noch einen dritten Dionysos, den Bakchos, gegeben haben. Diesen puren Weingott übernahmen die Römer als Bacchus und sahen in ihm einen rotnasigen Säufer. Für die Griechen war Dionysos weit mehr. Sie priesen ihn nicht nur als zweiten Kulturbringer, der nach dem von Demeter geschenkten Brot den Menschen den Wein gab, sondern als mächtigen Erlöser.

Das Zerstückeln und Wiederauferstehen als Opfer des Gottes Dionysos – ein uralter Fruchtbarkeitskult – kennen wir auch vom Selbstopfer des indischen Prajapati und vom Opfertod in den Maya-Mythen.61

Der zweite, von Semele geborene Dionysos wurde nach Zeus’ Schenkelgeburt seiner Tante Ino zur Pflege übergeben. Um Hera zu täuschen, wurde Ino angewiesen, den Knaben wie ein Mädchen zu kleiden und zu erziehen. Daher stammt das Zwitterhafte in Dionysos’ Wesen.

Griechische Götter- und Heldensagen. Nach den Quellen neu erzählt

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