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2.3.5 Stadt-Land-Wanderung

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Definition

Jahrhunderte hindurch waren Bevölkerungswanderungen fast ausschließlich vom Land in die Stadt gerichtet, Stadt-Land-Wanderungen jedoch absolute Ausnahmen, etwa im Fall von Kriegsereignissen und Zerstörungen in den Städten. Jüngstes Beispiel stellten hierfür die Evakuierungen der Zivilbevölkerung aus vielen deutschen Großstädten in benachbarte ländliche Räume nach den Luftangriffen im 2. Weltkrieg dar. Seit den 1980er Jahren deuten Untersuchungen zu den Themen „counterurbanization“, „Desurbanisierungund „Exurbanisierung“ an, dass es Regionen mit einer „Entstädterung“ aufgrund von Wanderungen aus den Städten in Landgemeinden gibt (vgl. GAEBE 1987, BUTZIN 1986, JUNG 1984). Gemeint ist hiermit nicht die Stadt-Rand- und Stadt-Umland-Wanderung, die zur Suburbanisierung mit flächenhafter Ausdehnung der Stadt in das Umland hinein führt (vgl. 2.4.1), sondern echte Abwanderung aus Städten bzw. Agglomerationsräumen in ländliche Räume.

Ausweitung des Stadtumlandes

GAEBE (1987, S. 141) beschreibt Desurbanisierung als eine „Entwicklung, bei der die Bevölkerungszunahme im Umland die Bevölkerungsabnahme in der Kernstadt nicht mehr ausgleicht.“ Es kommt also zu absoluten Bevölkerungsrückgängen der gesamten Stadtregion. In den meisten Fällen handelt es sich aber hierbei nicht um einen sinkenden Verstädterungsgrad der betreffenden Region, sondern um eine „erweiterte Suburbanisierung“, die auch „als Exurbanisierung bezeichnet“ wird (GAEBE 1987, S. 141). Dagegen ist eine wirkliche Umverteilung von Bevölkerung und Arbeitsplätzen durch Wanderung in ländliche und periphere Räume – als counterurbanization bezeichnet – zumindest in Westeuropa nicht nachweisbar. Wo es zu Bevölkerungsrückgängen der Städte durch arbeitsplatzbedingte Abwanderung kommt – seit den 1990er Jahren in weiten Teilen Ostdeutschlands zu beobachten, früher bereits in altindustrialisierten Regionen Westeuropas – profitieren davon nicht die ländlichen Räume, sondern wirtschaftsstarke Großstadtregionen. Als Fazit bleibt festzustellen, dass es zwar tatsächlich Wohnsitzverlegungen aus der Stadt in ländliche Räume gibt, z. B. Ruhestandswanderungen von Senioren in landschaftlich attraktive Altersruhesitze, meist in Kurorte oder Zielgebiete des Erholungstourismus, oder Rückwanderung von Personen in ihre ländlichen Heimatorte nach dem altersbedingten Ausscheiden aus der Erwerbstätigkeit in der Stadt. Die meisten Wanderungsprozesse, die gelegentlich als Belege für Stadt-Land-Wanderungen angeführt werden, sind aber in Wirklichkeit Wanderungen an die Peripherie der Agglomerationsräume, durch die die Grenzen zwischen städtischem und ländlichem Raum nach außen verlegt werden. Das Wanderungsziel ist also nicht der ländliche Raum, sondern die äußere Zone des Stadtumlandes, in der ehemalige ländliche Gemeinden durch Urbanisierungsprozesse und Zuwanderung zu Gemeinden der suburbanen Zone mutieren (vgl. 2.3.4).

Stadtgeographie

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