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2. Innerhalb der Schengen-Staaten
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Art. 50 der Europäischen Grundrechtscharta enthält wie Art. 54 SDÜ das Verbot der Doppelbestrafung.[37] Allerdings enthält Art. 50 GRCh keine Vollstreckungsklausel wie Art. 54 SDÜ.[38] Insgesamt gilt der Grundsatz „ne bis in idem“ auch innerhalb der sog. Schengen-Staaten.
Art. 54 SDÜ bestimmt, dass derjenige, der in einem der Vertragsstaaten des Schengener Übereinkommens „rechtskräftig abgeurteilt“ worden ist, wegen derselben Tat[39] in einem anderen Vertragsstaat nicht verfolgt werden darf.[40]
Auch hier ist der strafprozessuale Tatbegriff Prüfungsmaßstab.[41]
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Strafklageverbrauch tritt ein, wenn die Sanktion im anderen Staat vollstreckt ist, gerade vollstreckt wird oder nicht mehr vollstreckt werden kann. Vollstreckt wird die Strafe auch dann, wenn sie zur Bewährung ausgesetzt ist.[42] Auch ein rechtskräftiger Freispruch bewirkt den Strafklageverbrauch.[43] Dies gilt auch bei Freispruch wegen Verfolgungsverjährung,[44] nicht aber bei einer Verfahrenseinstellung wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung.[45]
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Auch eine Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft gegen Auflagen, insbesondere gegen Geldauflagen führt zum Strafklageverbrauch, nachdem der Beschuldigte die Auflagen erfüllt hat.[46]
Die Einstellung des Verfahrens („ordonnance de non-lieu“) aus tatsächlichen Gründen durch den französischen Appellationsgerichtshof (chambre d'accusation de cour d'appel) steht einer weiteren Strafverfolgung in Deutschland nach Art. 54 des Schengener Durchführungsübereinkommens nicht entgegen.[47]
Auch bei einer einheitlichen Schmuggelfahrt durch mehrere EU-Länder kann es zu einem Strafklageverbrauch nach Art. 54 SDÜ kommen.[48]
Die Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts[49] und die vorläufige Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 154 Abs. 1 StPO durch die Staatsanwaltschaft führen zu keinem endgültigen Strafklageverbrauch und damit auch zu keinem Verfolgungshindernis nach Art. 54 SDÜ.[50]
Die bloße Zahlung der Geldstrafe, die gegen eine Person verhängt wurde, der mit der gleichen Entscheidung eines Gerichts eines anderen Mitgliedstaats eine bislang nicht vollstreckte Freiheitsstrafe auferlegt wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass die Sanktion i.S.d. Art. 54 SDÜ bereits vollstreckt worden ist oder gerade vollstreckt wird.[51]